Unmoralisch
ärgerte sich über sich selbst. »Ich wollte es dir noch erzählen, Mags. Ehrlich.«
»Ihr heiratet, oder? Du und die Lehrerin.«
Stride nickte.
Es war vor einer Woche passiert, beim Abendessen. Wenn er daran zurückdachte, wusste er nicht einmal mehr genau, wer wen gefragt hatte. Sie hatten den Abend nüchtern und niedergeschlagen begonnen, und ein paar Stunden später waren sie volltrunken und verlobt gewesen. Andrea hatte sich an ihn geklammert und ihn nicht mehr loslassen wollen. Das hatte sich gut angefühlt.
»Tut mir Leid, Mags«, sagte er.
Sie zog eine Hand aus der Jackentasche und richtete den ausgestreckten Zeigefinger wie eine Pistole auf ihn. »Bist du völlig verrückt geworden, Boss? Du machst einen schweren Fehler.«
»Ich weiß ja, dass dich das aufregt«, erwiderte Stride.
»Und ob mich das aufregt! Schließlich muss ich mit ansehen, wie sich ein Freund sein Leben versaut. Habe ich dir nicht gesagt, du sollst das nicht zu ernst werden lassen? Wo ihr doch beide noch dabei wart, eure Tragödien zu verarbeiten. Cindy hat mir immer gesagt, dass du der größte Idiot auf Erden bist, wenn es um Gefühle geht, und offensichtlich hat sie Recht gehabt.«
»Lass Cindy aus dem Spiel«, schnauzte Stride.
»Wie? Willst du behaupten, dass sie da nicht bis zur Halskrause mit drinsteckt? Ich sag’s dir gerne auch noch einmal, Boss. Es ist ein Fehler. Tu das nicht.«
Stride schüttelte den Kopf. »Das mit uns beiden war unmöglich. Es wäre niemals gut gegangen. Das hast du selbst gesagt.«
»Du glaubst, es geht hier um mich?« Maggie hob den Blick gen Himmel, als suchte sie göttlichen Beistand. »Unfassbar.«
Unbehagliches Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus. Man hörte nur noch das Heulen des Windes draußen und das Wasser, das von Maggies Jacke auf den Boden tropfte.
»Ist es denn so falsch, wenn zwei Menschen, die sich brauchen, sich zusammentun?«, fragte Stride.
»Ja«, sagte Maggie. »Das ist falsch. Es sollten nämlich zwei Menschen sein, die sich lieben.«
»Jetzt legst du aber wirklich jedes Wort auf die Goldwaage.«
»Nein, das tue ich nicht. Entweder man liebt sich, oder man liebt sich nicht. Entweder man gehört für immer zusammen, oder man lässt das mit dem Heiraten bleiben.«
»Ich hatte gehofft, du würdest dich für mich freuen«, sagte Stride.
»Du willst also, dass ich lächle, dir auf die Schulter klopfe und dir sage, wie toll ich das finde?« Maggies Stimme klang schrill vor Wut. »Leck mich doch. Das werde ich nicht tun. Und ich kann auch gar nicht glauben, dass du das erwartest.«
Stride schwieg und lauschte ihren heftigen Atemzügen.
Maggie schüttelte den Kopf und seufzte. Sie sammelte ihre Gefühle auf wie Murmeln, die auf dem Boden verstreut lagen. »Weißt du, wenn du glaubst, das tun zu müssen, dann musst du es eben tun. Aber ich hätte mir selbst nicht mehr in die Augen schauen können, wenn ich nicht meine Meinung dazu gesagt hätte.«
Stride nickte. »Gut, Mags. Das hast du ja jetzt getan.«
Sie sahen einander lange an, und es war wie ein wortloser Abschied. Kein Abschied für immer, aber ein Abschied von ihrem Verhältnis, wie es bis dahin gewesen war.
»Eigentlich bin ich gekommen, um dir zu sagen, dass es nicht Rachels Leiche ist«, sagte Maggie schließlich. Sie sprach wieder mit ihrer Polizistinnenstimme und benahm sich ganz geschäftsmäßig. »Die DNA-Analyse ist da. Es ist Kerry.«
Stride stieß einen leisen Fluch aus. Er dachte an das hübsche, unschuldige junge Mädchen und daran, wie er sie verloren, wie er Cindy verloren hatte. Er war noch genauso wütend wie damals. Wütend darüber, dass der Mörder einfach so davongekommen war.
Und dann dachte er: Es war nicht Rachel. Und schon hörte er die Fliegen wieder, die ihm ins Ohr summten.
»Ich habe gestern Abend Post bekommen«, sagte er leise.
Er deutete mit dem Kopf auf die Postkarte, die auf dem kleinen Beistelltisch lag. Maggie betrachtete das Bild darauf, das ein graues Tier mit langen Ohren und merkwürdigen Proportionen in der Wüste zeigte.
»Was ist das denn?«
»Eine Haselope«, sagte Stride. »Eine Kreuzung aus Eselshase und Antilope.«
Maggie runzelte die Stirn. »Was?«
»Das ist nur ein Witz«, sagte Stride. »Eine Legende. Das Tier gibt es nicht wirklich. Die Leute schicken einem Postkarten mit Haselopen drauf, um zu testen, wie leichtgläubig man ist.«
Maggie streckte die Hand nach der Postkarte aus.
»Nur an den Ecken anfassen«, ermahnte Stride sie.
Maggie hielt
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