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Unmoralisch

Unmoralisch

Titel: Unmoralisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Freeman
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aufgeräumt. Neben benutzten Gläsern und Tellern mit eingetrockneten Spaghettiresten stapelten sich Ermittlungsakten und Notizen auf dem kleinen Tisch.
    »Kuschlig«, bemerkte Andrea lächelnd.
    »Ja, tut mir Leid. Ich bin es nicht mehr gewöhnt, Besuch zu bekommen. Bis auf Maggie, aber der macht das nichts aus. Sie fühlt sich hier ganz zu Hause. Wäre mir das nur mal vorher eingefallen.«
    »Machen Sie sich keine Gedanken.«
    »Aber auf der Veranda ist es ganz ordentlich, versprochen. Ich hole Ihnen schnell eine Decke. Dann können Sie sich am Heizlüfter die Füße wärmen, sich in die Decke wickeln, und ich mache Sie mit der stärksten Margarita Ihres Lebens betrunken.«
    »Abgemacht«, sagte Andrea.
    Als sie den Margaritakrug halb leer getrunken hatten, spürten sie die Kälte kaum noch.
    Andrea lag auf einer Rattanliege. Ihre Füße schauten unter einer bunten spanischen Wolldecke hervor. Vor der Liege stand ein Heizlüfter, der ihr die Füße wärmte. Die Decke reichte ihr bis zur Taille, darüber trug sie nur ihre Satinbluse und rieb sich die Gänsehaut an den nackten Unterarmen. Anfangs hatte sie die Decke bis zum Kinn hochgezogen, aber dann hatte sie sie nach und nach weiter hinunter geschoben.
    Sie hielt ein bauchiges Glas in der Hand. Alle paar Minuten streckte sie die Zungenspitze aus, leckte ein wenig Salz vom Rand und trank einen Schluck von der grünlichen Flüssigkeit. Trotz der schwachen Beleuchtung beobachtete Stride sie dabei, und es erregte ihn, ihre Zunge am Glasrand zu sehen. Er betrachtete sie von seiner Liege aus, die nur ein kleines Stück von ihrer entfernt stand.
    Es war fast dunkel auf der Veranda. Vom Haus her warf ein sanfter Lichtschein Schatten nach draußen. Da, wo sich noch kein Eis an den Scheiben gebildet hatte, konnten sie durch die hohen Fenster auf den tintig schwarzen See hinausschauen, der nur von einer Hand voll Sterne und dem sanft schimmernden Halbmond erleuchtet wurde. Lange lagen sie so nebeneinander. Es war schon spät, aber sie waren beide hellwach und lauschten aufmerksam den Geräuschen, die sie umgaben: dem Schwappen der Wellen, dem Summen der Heizlüfter, ihren eigenen, regelmäßigen Atemzügen. Sie unterhielten sich nur sporadisch, mit langen Pausen dazwischen. Mittlerweile waren Sie zum »Du« übergegangen.
    »Du scheinst deine Scheidung gut verkraftet zu haben«, sagte Stride. »Ist das nur Show?«
    Andrea sah ihn lange an. »Ja.«
    Ein paar Wassertropfen schlugen an die Scheiben. Stride sah, dass es Regen war, gemischt mit etwas Hagel und Schnee. Sie hörten, wie das Prasseln auf dem Holzdach über ihren Köpfen stärker wurde, und spürten, wie die Windböen gegen das Haus schlugen. Die Wände ächzten. Stride griff nach dem Margaritakrug und schenkte beide Gläser voll.
    Andrea ließ die Eiswürfel in ihrem Glas klirren. Um ihre Lippen spielte ein trauriges Lächeln. »Ich war bei meiner Schwester Denise in Miami, sie hatte gerade ein Kind bekommen. Als ich zurückkam, habe ich einen Brief vorgefunden. Er schrieb, er braucht Zeit für sich. Um zu schreiben. Um sich ›als Künstler wieder zu finden‹. Nicht mal angerufen hat er. Nicht ein einziges Mal. Er hat mir nur Postkarten geschickt. Dämliche Postkarten, die alle Welt lesen konnte. Als Nächstes höre ich, er ist in Yellowstone, dann in Seattle. Er schreibt ganz großartige Dinge. Aber irgendwann unterwegs ist ihm aufgefallen, dass er nicht er selbst sein kann, wenn er mit mir zusammen ist. Ich ersticke sein Genie. Und deshalb hält er es für besser, wenn wir uns trennen.«
    »Mist«, murmelte Stride.
    »Robin hat fünf Wochen und zehn Postkarten gebraucht, um unsere Ehe offiziell für beendet zu erklären und mir mitzuteilen, er hätte in San Francisco jemand Neues kennen gelernt. Auf einer Postkarte mit der beschissenen Golden Gate Bridge vorne drauf.«
    »Das tut mir Leid«, sagte Stride.
    »Schon gut. Ich vermisse ihn gar nicht so sehr, ich bin nur nicht gern allein.«
    »Ich vermisse die kleinen Dinge«, sagte Stride leise. »Ich friere morgens immer. Manchmal wache ich auf und drehe mich um, um mich an Cindy zu schmiegen, wie früher. Sie hat sich immer beschwert, ich hätte so kalte Hände, aber sie war wie ein Heizkörper, der mich wärmt. Und jetzt ist sie nicht mehr da. Also liege ich da und friere.«
    Er hörte seine Stimme ersterben und spürte, dass die Stille andauerte. Andrea brauchte nicht zu fragen – er wusste, dass sie mehr hören wollte. Einige Zeit vorher hatte er beiläufig

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