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Unmoralisch

Unmoralisch

Titel: Unmoralisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Freeman
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Manschettenknöpfe hervor, und im Knopfloch steckte eine Blume. Eine Wolke von Rasierwasser umgab ihn.
    »Guten Abend, Mr Gale«, sagte Per und öffnete ihm schwungvoll die Tür.
    »Es ist immer wieder eine Freude, Sie zu sehen, Per«, erwiderte Archibald Gale mit dröhnender Stimme. »Ein wundervoller Frühlingstag, finden Sie nicht?«
    »O ja, und ob, Mr Gale. Sie haben wohl wieder einen großen Fall vor sich, was?«
    »Ganz genau, Per, ganz genau.«
    »Na, ich sage ja immer: Es gibt keinen Besseren als Sie.«
    »Ihr Wort in den Ohren der Geschworenen, Per«, gab Gale zurück.
    Er klopfte dem alten Mann freundschaftlich auf die Schulter und betrat dann das dämmrige Foyer des Klubhauses. Die eichengetäfelte Tür mit den Buntglasscheiben schloss sich geräuschlos hinter ihm. Er warf einen Blick auf die Uhr. Es war Viertel vor fünf, und ihm blieb noch eine Viertelstunde bis zu seiner Verabredung mit Dan Erickson, dem Bezirksstaatsanwalt. Gale war gerne früh dran und genoss es, es sich mit einem Single-Malt-Whisky in einem der Bibliotheksräume bequem zu machen und auf sein Opfer zu warten.
    Gale gehörte zu den bedeutendsten Strafverteidigern im ganzen Staat. Man munkelte allerdings, dass er die meisten Fälle im Kitch gewann, indem er die Gegenpartei bei einem freundschaftlichen Drink vollkommen demoralisierte. Seine beiläufigen Bemerkungen und dunklen Andeutungen brachten die Staatsanwälte meist so aus dem Konzept, dass sie an ihrer Strategie zu zweifeln begannen und beim Plädoyer vor Gericht Fehler machten. Gale war inzwischen so bekannt für sein Talent zur psychologischen Kriegsführung, dass die meisten Staatsanwälte seine traditionelle Einladung zu einem zwanglosen Gespräch im Kitch am Abend vor Prozessbeginn ablehnten.
    Daniel allerdings besaß ein viel zu ausgeprägtes Ego, um abzulehnen. Und so machte es ja auch viel mehr Spaß. Gale hatte im Lauf der Jahre viele ehrgeizige Anwälte erlebt, die eine politische Karriere anstrebten, und es war ihm jedes Mal von neuem eine Freude, ihre Arroganz zu durchlöchern. Und Daniel war sehr viel skrupelloser als die meisten. Als Trygg Stengard, der frühere Bezirksstaatsanwalt, ihn damals eingestellt hatte, hatte Gale seinen alten Freund und Gegenspieler vor dem neuen Stellvertreter gewarnt. Doch anders als Gale hatte Stengard eine Schwäche für unverhüllten Ehrgeiz.
    »Du wirst den Jungen schon weich klopfen, Archie«, hatte er zu Gale gesagt. »Tritt ihm ruhig ein paar Mal in den Hintern. Das wird ihm nur gut tun.«
    Und genau das hatte Gale getan. Es hatte ihn nicht überrascht zu sehen, dass Daniel vor Gericht weltmännisch und wirkungsvoll auftrat und seine Aufgaben als Bezirksstaatsanwalt nach Stengards Tod gut erfüllte. Aber er hatte bereits zwei große Prozesse verloren, beide gegen Archibald Gale.
    Der Stoner-Prozess würde entweder seine Rache sein oder sein endgültiger Untergang.
    Gale wusste, dass Daniel zuversichtlich war, und er wusste auch, dass er durchaus Grund zur Zuversicht hatte. Auch ohne Leiche würden die forensischen Beweise genügen, um die Geschworenen gegen einen Angeklagten aufzubringen, der noch sehr viel arroganter wirkte als der Staatsanwalt. Und falls Daniel die Geschworenen davon überzeugen konnte, dass der Mann tatsächlich mit seiner Stieftochter geschlafen hatte, würde es Gale nicht gerade leicht fallen, eine lebenslange Haftstrafe von Stoner abzuwenden.
    Aber Gale liebte Herausforderungen. Und er hatte seinerseits ein paar Überraschungen in der Hinterhand.
    Er bestieg den altersschwachen Fahrstuhl und spürte, wie die Kabine sich unter seinem Gewicht ein wenig senkte. Normalerweise nahm er die Treppe, um sich fit zu halten, aber bei den Besprechungen vor Prozessbeginn wollte er kein Risiko eingehen, außer Atem zu geraten. Als der Aufzug schließlich knarzend zum Stehen kam, stieg er aus und ging durch den Flur in die geräumige Ojibwe-Bibliothek, deren drei große Kastenfenster auf den See hinausgingen. Margaret kam aus der Küche, und Gale bückte sich fröhlich und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Die alte Dame kicherte und wurde rot.
    »Ich habe Ihren Oban schon auf den Tisch gestellt, Mr Gale.«
    »Ach, Margaret, Sie sind einfach zu gut zu mir. Wollen wir nicht zusammen durchbrennen?«
    Margaret kicherte wieder. »Wissen Sie, was Mr Erickson trinkt?«
    »Halten Sie einen Bombay Sapphire mit viel Eis für ihn bereit, auf meine Rechnung. Und ich könnte mir vorstellen, dass er recht bald noch einen zweiten

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