Unmoralisch
E-Mail-Anbieter wie Yahoo oder Hotmail ein Postfach hatte, von dem aus er persönliche E-Mails empfangen und versenden konnte, ohne Spuren auf seinem eigenen Computer zu hinterlassen. So etwas war natürlich sehr viel schwieriger aufzufinden.
Es knackte in ihrem Funkgerät, und sie hielt es ans Ohr. »Ja?«
Guppo meldete sich. »Wir sind jetzt mit dem Keller durch.«
»Habt ihr was gefunden?«
»Alles blitzsauber. Sogar die Gartengeräte glänzen wie neu. Ich habe nicht den Eindruck, dass irgendwer viel Zeit hier unten verbracht hat.«
»Mist«, brummte Maggie. Sie hatte gehofft, zumindest Beweise für den Mord zu finden, wenn sie schon Graemes sexuelle Beziehung zu Rachel nicht beweisen konnten. Aber die Indizien, die sie hinter der Scheune gefunden hatten, sprachen eigentlich dagegen, dass Rachel hier im Haus getötet worden war. Es war sehr viel wahrscheinlicher, dass sie gemeinsam zur Scheune gefahren waren und dass dort etwas vorgefallen war – etwas, das schließlich zu Rachels Tod geführt hatte.
»Gut, Guppo, schau dir mit Terry den Minivan draußen an. Durchsucht ihn. Sucht jeden Millimeter ab, nehmt den Boden raus, sucht mit UV-Lampen nach Blutspuren, Haaren, Fasern, Spermaspuren, Fingerabdrücken, ganz egal. Ich will wissen, ob Rachel in dem Wagen war.«
»Alles klar.«
Als Nächstes drang Terrys Stimme aus dem Funkgerät. »Verdammt, Maggie, ich soll mit Guppo in den Van? Es ist schon schlimm genug, mit ihm im Keller zu sein.«
Maggie lachte. »Ich habe das bei der Scheune aushalten müssen, Terry. Von mir kannst du also kein Mitleid erwarten. Ende.«
Sie befestigte das Funkgerät wieder an ihrem Gürtel.
»Ich werde mir jetzt mal die Bücherregale anschauen«, verkündete sie und musterte widerwillig die vielen gebundenen Bücher.
»Der Computer ist also sauber?«, fragte Pete.
»Im Prinzip schon. Graeme ist offenbar sehr ordentlich. Eine genauere Suche müssen wir Guppo überlassen.«
»Wie sieht’s mit Bildern aus?«, fragte Pete. »Du weißt schon, Gifs, JPEGs , solche Sachen. Vielleicht hat er ja irgendwo ein paar Schmuddelfotos oder anderen Pornokram.«
Maggie nickte. Sie durchsuchte das externe Laufwerk. Zuerst gab sie »Rachel« ein und ließ eine Vollsuche über alle Dateien durchlaufen, die den Namen des Mädchens enthalten konnten. Aber das, dachte sie, wäre ja viel zu einfach. Und so kamen auch keine Suchergebnisse. Maggie suchte nach Dateinamen, die mit »R« anfingen, bekam aber so viele Ergebnisse, dass sie es gleich wieder aufgab. Dann suchte sie nach den Begriffen »Sex«, »Ficken« und »Porno«, fand aber nichts.
Plötzlich kam ihr eine Idee. Sie schränkte die Suche auf Dateien ein, die zwei Wochen vor und zwei Wochen nach Rachels Verschwinden erstellt oder bearbeitet worden waren.
Die Suche brachte nicht allzu viele Ergebnisse. Maggie ging sie langsam durch, schloss die Systemdateien von vornherein aus und sah sich alles an, was auch nur entfernt nach Textdokument oder Tabelle aussah. Alle Dateien schienen beruflicher Natur zu sein, enthielten Details über Online-Transaktionen und offene Investmentfonds oder Gewinn- und Verlustrechnungen einzelner Filialen. Sie ging die Dateien einzeln durch, strich sie im Geist von der Liste und vermutete bereits, dass auch diese Suche nicht viel erfolgreicher sein würde als die bisherigen. Graeme war einfach zu schlau.
Dann sah sie es.
»Fargo4qtr.gif«. Eine Bilddatei, die zwei Tage vor Rachels Verschwinden erstellt worden war.
Der Dateiname klang geschäftlich, aber die Datei war im falschen Verzeichnis gespeichert. Und Maggie hatte in Graemes anderen geschäftlichen Dateien auch keine weiteren Gifs entdecken können. Sie markierte die Datei mit der Maustaste und zögerte dann einen Augenblick mit angehaltenem Atem. Schließlich klickte sie ganz leicht mit der Fingerspitze darauf und sah zu, wie der Bildschirm grau wurde. Es schien eine halbe Ewigkeit zu dauern, das Bild zu laden, obwohl Maggie wusste, dass höchstens ein oder zwei Sekunden vergingen, während sie dem Surren der Festplatte ihres Notebooks lauschte. Dann erschien plötzlich ein Foto auf dem Bildschirm und füllte ihn mit leuchtenden Farben aus.
Maggie schnappte nach Luft. »Lieber Himmel!«
Sie hörte, wie Pete sich hinter ihr neugierig umdrehte. Als er über ihre Schulter auf den Bildschirm schaute, schnappte auch er nach Luft. »Mannomann!«
Es war das atemberaubendste Foto, das sie jemals gesehen hatte. Maggie hielt sich selbst für absolut
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