Unmoralisch
aber für sich behalten. Darin ist sie Ihnen nicht unähnlich.«
Dan bückte sich, griff in eine Kristallschale und nahm sich eine Hand voll Nüsse. Er betrachtete sie kritisch, fischte dann ein weißes Stück Paranuss heraus und steckte es in den Mund.
»Da haben Sie Recht«, erwiderte er und zermalmte die Nuss mit den Zähnen. »Ich sollte Ihnen vielleicht noch sagen, dass ich mit Catharine geschlafen habe.«
Gale zog erstaunt die Augenbrauen hoch und nahm sein Glas Oban vom Tisch. »Sie haben mit der Richterin geschlafen? Gehen Sie da nicht ein bisschen weit, um den Fall zu gewinnen?«
»Es liegt schon ein paar Jahre zurück. Sie war damals noch nicht Richterin, und ich war noch nicht Bezirksstaatsanwalt.«
»Aber wenn ich mich recht entsinne, war sie bereits verheiratet«, sagte Gale.
Dan zuckte die Achseln, nahm sich einen Cashewkern aus der Nussmischung in seiner Hand und verzehrte ihn geräuschvoll, ohne zu antworten.
»Ich könnte einen anderen Richter verlangen«, fuhr Gale fort.
»Das könnten Sie, aber Sie werden es nicht tun«, erwiderte Dan.
»Was macht Sie da so sicher?«
Dan wiegte den Kopf. »Das wird nicht Ihre letzte Verhandlung mit Catharine sein, und es würde mich wirklich wundern, wenn Sie die Rolle desjenigen übernehmen wollten, der ihre dunkle Vergangenheit ans Licht zerrt. Außerdem kann es für Sie nur schlimmer werden. Catharine wird Stoner immerhin gerecht behandeln. Obwohl er das kaum verdient.«
»Und nach allem, was ich über Sie weiß, Daniel, kann auch Ihre Affäre mit ihr für mich durchaus von Vorteil sein«, gab Gale trocken zurück.
»So weit würde ich nun wirklich nicht gehen.«
»Und warum erzählen Sie mir dann davon?«, fragte Gale unschuldig.
»Das wissen Sie genau, Archie. Damit Sie nicht behaupten können, von nichts gewusst zu haben. Ich habe Ihnen die Möglichkeit gegeben, die Richterin auszutauschen, und Sie haben sie nicht genutzt. Wenn Sie erst nach Stoners Verurteilung von unserer Affäre erfahren hätten, hätten Sie einen Grund gehabt, Berufung einzulegen.«
»Das ist wahr«, sagte Gale. »Auch wenn Stoner nicht verurteilt werden wird.«
»Ach, kommen Sie, Archie. An Ihrer Stelle würde ich gleich auf schuldig plädieren. Wir haben Rachels Blut in seinem Wagen, an seinem Messer und am Tatort gefunden – die DNA-Analyse ist absolut eindeutig. Und Doktor Yees medizinische Beweisführung werden Sie nicht anzweifeln können. Das ist noch keinem gelungen.«
Gale zuckte die Achseln. Er hatte schon mehrfach versucht, sich mit Yee anzulegen. »Natürlich, wenn Doktor Unfehlbar sagt, es ist ihr Blut, dann ist es auch ihr Blut.«
»Wir haben also medizinische Beweise und außerdem Beweise für eine inzestuöse Beziehung«, fuhr Dan fort. »Er hat kein Alibi, und er ist ein reicher, arroganter Schnösel. Die Geschworenen werden ihn hassen.«
Gale schüttelte den Kopf. Er leerte sein Glas, hievte sich dann mit einem Stöhnen vom Sofa hoch und strich sich das Bärtchen glatt. »Glauben Sie mir, Daniel, Sie haben sich den falschen Fall ausgesucht, um sich in der Öffentlichkeit zu produzieren.«
»Soll heißen?«
»Soll heißen, dass Sie, Bird Finch und der ganze Medienzirkus meinen Mandanten bereits schuldig gesprochen haben. Aber dieses Urteil zählt nicht. Wenn ich mit den Geschworenen fertig bin, werden sie ihn innerhalb einer Stunde freisprechen.«
Dan lief rot an. »Weil er von dem großen Archibald Gale verteidigt wird?«
»Weil Sie nichts gegen ihn in der Hand haben«, erwiderte Gale. »Sie haben ja nicht einmal eine Leiche. Und Sie wissen, wie klein die Chancen sind, jemanden als Mörder zu verurteilen, wenn es keine Leiche gibt.«
»Das hat bei der Vorverhandlung auch niemand als Hindernis betrachtet«, sagte Dan.
Gale schnaubte verächtlich. »Aber hier haben wir es mit einer echten Verhandlung und echten Geschworenen zu tun, Daniel.«
»Ich gehe das Risiko ein«, erwiderte Dan. »Die Geschworenen werden Graeme Stoner nicht noch dafür belohnen wollen, dass es hier so viele Möglichkeiten gibt, eine Leiche zu verstecken. Sie produzieren viel heiße Luft, Archie, und das machen Sie weiß Gott sehr gut. Aber die Geschworenen werden sicher die richtigen Schlüsse ziehen, wenn ich ihnen gezeigt habe, was für ein Mensch dieser Stoner ist.«
Gale ging auf Dan zu, baute sich vor ihm auf und legte dem Jüngeren eine fleischige Hand auf die Schulter. »Hören Sie, ich will Sie vor Gericht wirklich nicht demütigen. Warum klären wir das Ganze
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