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Unmoralisch

Unmoralisch

Titel: Unmoralisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Freeman
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Er schlief also tatsächlich mit ihr.
    Stride hörte ein Flüstern neben sich. »Der Typ ist ein Schwein.«
    Erst jetzt sah er, dass Maggie geräuschlos neben ihn geglitten war. Sie bohrte eisige Blicke in Dans Rücken. Nach ihrer Enttäuschung mit Stride im Jahr zuvor hatte Maggie eine kurze Affäre mit Dan gehabt, die sehr unschön geendet hatte, als herauskam, dass er gleichzeitig mit zwei weiteren Frauen im Bett gewesen war. Maggies Blick sprach Bände: Sie hatte ihm noch nicht verziehen.
    »Aber süß ist er schon«, bemerkte Stride. Er wusste, dass er sich auf dünnem Eis bewegte, aber er konnte einfach nicht widerstehen.
    Maggie zog die Stirn in Falten. »Du bist auch ein Schwein.«
    »Oink«, erwiderte Stride.
    »Wie geht’s der Lehrerin?«
    »Gestern Nachmittag hätte ich uns um ein Haar beim Bootsfahren umgebracht. Ansonsten geht’s ihr gut.«
    »Sie hat sich wirklich freiwillig mit dir auf ein Boot gewagt?«, fragte Maggie mit todernstem Gesicht.
    »Sehr witzig. Erzähl Guppo nichts davon. Es hätte ihn fast sein Boot und seinen Boss gekostet.«
    »Das mit dem Boss hätte er verkraftet. Und für das Boot hätte er deinen Nachlass belangt.«
    Es wurde unruhig im Gerichtssaal. Sie sahen, wie die anderen Zuschauer die Hälse reckten, und wandten sich zur Tür, wo Archibald Gale gerade seinen hollywoodreifen Auftritt absolvierte. Er trug einen dunkelblauen dreiteiligen Anzug, der wie immer perfekt saß, und aus seiner Tasche schaute ein sorgfältig zum Dreieck gefaltetes Einstecktuch hervor. Der Goldrand seiner kleinen Brille glitzerte im Licht.
    Es überraschte Stride immer wieder, wie leichtfüßig Gale sich trotz seiner breiten und imposanten Statur bewegen konnte. Er schien förmlich zu schweben. Auf dem Weg zu seinem Platz blieb er mehrmals stehen, um verschiedene Hände zu schütteln, dann schritt er schwungvoll durch die kleine Schwingtür. Er legte seine schmale, bordeauxrote Aktentasche auf seinen Tisch und unterbrach dann Dan gerade so lange im Gespräch, um sich zu ihm hinunterzubeugen und ihm etwas ins Ohr zu flüstern. Stride sah Gale auf die Lippen und las ab, was er dem Staatsanwalt mitzuteilen hatte.
    »Sagen Sie nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt, Daniel.«
    Als Gale seinen Platz eingenommen hatte, öffnete der Gerichtsdiener eine Seitentür und ein Gefängniswärter führte Graeme Stoner, der ebenso korrekt gekleidet war wie sein Anwalt, in den Gerichtssaal. Graeme wirkte so, wie Stride ihn von Anfang an erlebt hatte: kühl und arrogant, mit einem leicht amüsierten Ausdruck in den Augen. Als er seine künftige Exfrau sah, zuckte er nicht einmal mit der Wimper. Er lächelte sie einfach nur an, setzte sich dann und begann, sich leise mit Archibald Gale zu unterhalten.
    Emily hingegen konnte den Blick nicht von ihm abwenden. Es war, als hätte sie einen Geist gesehen, den sie aus tiefstem Herzen verabscheute.
    Um Punkt neun Uhr forderte der Gerichtsdiener die Anwesenden auf, sich zu erheben. Die vierzigjährige Richterin Catharine Kassel betrat in der schwarzen Robe, die ihre schlanke Figur verhüllte, den Gerichtssaal. Sie war zwei Jahre zuvor zur Richterin berufen worden, und die Zeitschrift Law & Politics hatte sie zur attraktivsten Richterin von Minnesota gekürt. Mit ihrem makellos frisierten blonden Haar und ihrem schmalen, schönen Gesicht wurde sie diesem Titel auch durchaus gerecht. Trotzdem fürchteten sich die meisten Anwälte vor ihr. Der Blick ihrer kühlen grauen Augen konnte im Gerichtssaal schnell eisig werden.
    Nachdem die Richterin Platz genommen hatte, maß sie die Zuschauer mit strengem Blick.
    »Ich darf Sie alle daran erinnern«, sagte sie mit fester Stimme, »dass ich während der Verhandlung keinerlei Zwischenfälle dulden werde, welcher Art auch immer. Es wird keine Ausnahmen von dieser Regel geben. Wer dagegen verstößt, wird sofort des Saales verwiesen und nicht mehr zugelassen. Ich hoffe, ich habe mich klar ausgedrückt.«
    Es war mucksmäuschenstill im Gerichtssaal. Richterin Kassel lächelte, und ihr ganzes Gesicht erstrahlte dabei. »Schön, dass wir uns so gut verstehen.«
    Dann gab sie dem Gerichtsdiener ein Zeichen.
    Die Geschworenen wurden hereingeführt, nahmen mit sichtlichem Unbehagen ihre Plätze ein und musterten ängstlich das Meer von Gesichtern im Gerichtssaal. Richterin Kassel begrüßte sie in sehr viel freundlicherem Ton, um ihnen die Befangenheit zu nehmen. Sie würden die nächsten Tage fern von Freunden und Familienangehörigen im

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