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Unnatural History

Unnatural History

Titel: Unnatural History Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Green
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Helligkeit zusammenkniff. In diesem Augenblick konnte Ulysses seinen Angreifer zum ersten Mal klar erkennen. Es handelte sich um einen Affenmann, gekleidet in einem Arrangement aus schlechtsitzenden Anzugteilen. Alles, was Ulysses unterhalb der seltsamen Kleidung erkennen konnte, war – abgesehen von seinen Händen, den Füßen und dem Gesicht mit der stumpfen Nase – mit rötlich-braunem Haar bedeckt. Das Tweedjackett und seine Hosen waren überall dort zerrissen, wo die schiere Größe des Biestes deren Ausmaße sprengte. Von einem weißen Hemd waren die Knöpfe geplatzt, ebenso von der einstmals paisley-gemusterten Weste. Für einen Moment wunderte sich Ulysses darüber, wie es wohl vonstatten gegangen sein mochte, diesen Wilden in einer solchen Art und Weise zu kleiden, als er dem kurzen Aufflackern einer Silberkette gewahr wurde, die um dessen Hals hing und sich ihm plötzlich die einzig logische Antwort offenbarte.
    Ulysses stemmte sich hoch. Er nahm seinen Gehstock auf, umfasste den Blutstein an dessen Ende und drehte ihn einmal kurz. Mit einer fließenden Bewegung zog er ein Rapier aus dem Stock. Noch als das schwerfällige Atmen des Affenmannes in ein kehliges Knurren umschwang, nahm Ulysses bereits die Haltung eines versierten Fechters an. »En garde«, forderte er das Biest voller Überzeugung auf.
    Die Kreatur kletterte aus den Bruchstücken des Schaukastens und Ulysses fiel auf, dass deren schwerfällige Bewegungen und der tief zwischen den Schultern sitzende Kopf für eine offensichtliche Verwandtschaft zu den untergeordneten Primatenarten sprachen. Auf den menschenähnlichen Gesichtszügen des Monstrums formte sich ein bestienartiger Ausdruck und es preschte vorwärts, indem es seine Vorderpfoten wie ein weiteres Paar Beine benutzte und dabei ein schreckliches Kreischen ausstieß. Mit dem Rapier fest in der Hand war Ulysses bereit für den zweifellos fuchsteufelswilden Angriff seines Kontrahenten.
    Ein Schuss knallte gleich einer Kanone durch die Galerie, vielfach verstärkt durch die Akustik der Halle. Mit einem Male wurde der Affenmann zurückgeschleudert. Eine erhebliche Menge Blut spritzte aus seiner linken Schulter und ein schmerzverzerrtes Wimmern drang zwischen seinen deformierten Lippen hervor. Dann, als sich der bläuliche Pistolenqualm legte, stand das Biest schon wieder auf den Beinen, dieses Mal jedoch eher zur Flucht gewandt denn zum Angriff übergehend.
    Ulysses fuhr herum. Geneviève stand direkt hinter ihm, seine Pistole verkrampft in der Hand haltend.
    »Hübscher Schuss«, sagte er und ein verhaltenes Lächeln schlich sich in sein Gesicht, »aber ich hatte die Situation bereits unter Kontrolle.«
    Geneviève senkte die Waffe. »Ich dachte nur, das … Ding wollte Sie umbringen.«
    »Ihre Sorge rührt mich.« Ulysses steckte das Rapier zurück in den Stockdegen und setzte, Geneviève im Schlepptau, zur Verfolgung durch die Galerie an. »Dennoch sollten wir dieses zurückentwickelte Was-auch-immer lieber noch etwas am Leben lassen.«
    Sie wandten sich nach links, zur Hauptgalerie des Darwin-Flügels. In dem trüben Licht des fahlen Mondscheins erkannte Ulysses einige schwarze Blutsprenkel auf dem glattpolierten Boden. 
    »Denken Sie, dieses Ding hat etwas mit dem Verschwinden meines Vaters zu tun?«, fragte Geneviève.
    Die beiden passierten den steinernen Bogen, auf den die Worte ›Der Aufstieg des Menschen‹ gemeißelt waren. Ulysses’ Sohlen glitten nur so über den polierten Steinboden. Das Klatschen der ledrigen Hände und Füße des affenähnlichen Wesens war weit vor ihnen zu hören.
    »Darauf würde ich setzen. Und darum dürfen wir es auch nicht entkommen lassen.«
    Ulysses legte noch einmal an Geschwindigkeit zu, ließ Geneviève hinter sich zurück und sprintete durch den Säulengang in Richtung Haupteingangshalle. Dort erspähte er das Ding, wie es sich auf allen Vieren wie ein Hund voran bewegte. Er stieß einen unterdrückten Fluch aus. Wäre Geneviève nicht noch immer in Besitz seiner Pistole, hätte er einen halbherzigen Schuss auf die Kreatur abgeben können. Nun würde er sich wohl etwas anderes einfallen lassen müssen, um den Affenmann aufzuhalten. »Constable Palmerston!«, schrie er lauthals. »Constable Palmerston, wenn ich je Ihre Hilfe in Anspruch nehmen müsste, so wäre das wohl jetzt! Palmerston!«
    Mit einem Mal machte der Affenmann kehrt. Seine Füße verloren für einen Moment den Halt auf dem glatten Boden, dann sprang er mit einem ungelenken

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