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Unnatural History

Unnatural History

Titel: Unnatural History Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Green
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Trippeln kleiner Füße zu hören, wenn die Ratten ihren ekelhaften Geschäften nachgingen.
    Zwar konnte er nichts sehen, dafür aber umso mehr riechen. Es schien, als habe der strenge Geruch eine physikalische Form angenommen, um ihn zu ersticken und ihm das Sehvermögen vollends zu nehmen.
    Ulysses konnte keine Pistolenschüsse mehr hören, doch er war sich auch nicht sicher, wie weit genau er nach seinem Sturz hinfort getragen worden war. Er fragte sich, was aus Nimrod geworden war. Hatte er den Echsenmann bezwungen oder war er zu Professor Galapagos’ letztem Opfer geworden?
    Allerdings war nun keine Zeit für Trauer. Schließlich hatte er, was das Schicksal seines Butlers betraf, nicht die leiseste Ahnung – Nimrod war immerhin bewaffnet. Ulysses’ Priorität lag zuerst einmal darin, lebend aus den Abwässern herauszukommen, damit er seine Untersuchungen weiterführen und zu einem Abschluss bringen konnte – und falls das auch bedeuten sollte, Nimrods Tod zu rächen, so sei es eben.
    Er fühlte den eigenartigen Anhänger des Professors, den er in seiner Faust fest umschlossen hielt. Erstaunlich, dass er es geschafft hatte, ihn während seines Sturzes und über die Zeit, die er durch die Dunkelheit getragen worden war, zu behalten. Er vernahm nichts, was einen Hinweis auf den Verbleib des unmenschlichen Echsenwesens geben könnte – weder, dass etwas die Oberfläche der fauligen Gewässer durchbrach, noch, dass sich etwas seinen Weg durch ebenjene zu ihm bahnte – doch auch, als das Monster ihn das letzte Mal attackierte, war dem kaum eine Warnung vorangegangen. Jagte der Echsenmann ihn vielleicht schon wieder in dieser widerlichen, übelriechenden Finsternis? Oder trieb seine Leiche bereits durch die Tunnel zur Themse, erschossen von seinem Butler?
    Als die Übelkeit langsam abnahm, bemerkte Ulysses, dass er keineswegs in absoluter Dunkelheit saß. Seine Augen hatten sich an die Düsternis gewöhnt und er sah, dass die gekrümmten Wände und Decken des aus Ziegelsteinen gebauten Tunnels mit Flicken lumineszierenden Mooses bedeckt waren, welches hier unten in der fauligen methanverseuchten Atmosphäre prächtig gedieh. Im Vergleich zu einer Halogenlampe oder einer Sturmlaterne war es freilich eher lächerlich, doch es reichte aus, um die diversen schattenhaften Formen voneinander zu unterscheiden. Es war hell genug für Ulysses, um zu vermeiden, dass er sich den Schädel an dem niedrigen Gewölbe stieß oder von der Kante eines weiteren Vorsprungs fiel. Dennoch würde er weiterhin äußerst umsichtig vorgehen müssen, die Dunkelheit konnte Hunderte von Gefahren bergen.
    Er erhob sich vorsichtig, nutzte dabei die bröckelige, mit getrocknetem Schleim verkrustete Wand als Stütze und machte sich auf den Weg, folgte dem Kurs, den das Brackwasser durch die unterirdische Welt nahm. Er sah wenig Sinn darin, dorthin zurückzukehren, wo seine furchtbare Reise begonnen hatte, da er keine Lust verspürte, durch Unachtsamkeit zu riskieren, von einem weiteren Vorsprung zu fallen. Abgesehen davon, würde das Wasser letztendlich in der Themse enden und ihm somit einen Weg nach draußen weisen.
    Hier, in der nahezu völligen Dunkelheit, bis auf die öden grünlichen Glimmer der biolumineszenten Vegetation, fühlte er sich müde und erschöpft. Er war durchnässt und ihm war eisig kalt, auch konnte er nicht sagen, wie viel Zeit bereits vergangen war. Beinahe ohne jegliche Orientierungsmöglichkeit suchte sich Ulysses Quicksilver einen Weg durch die labyrinthartigen Tunnel.
     
    Ganz sicher war er sich nicht, wie lange er schon die dunklen Tunnel durchforstete. Zwar hatte seine Uhr ein leuchtendes Zifferblatt, jedoch war sie stehengeblieben. Er ahnte bereits beim Fall ins Wasser, dass es seiner normalerweise äußerst zuverlässigen Uhr nicht gerade gut getan hatte, ebenso verhielt es sich mit seinem Kommunikator.
    Zum Glück waren die zerklüfteten Kanten der Vorsprünge trotz der stellenweise noch tintenschwarzen Dunkelheit erkennbar, und Ulysses konnte sie gut in der nahen, undurchdringlichen Masse aus Wasser und Düsternis ausmachen.
    Etwas zu seiner Rechten zog seine Aufmerksamkeit auf sich, und Ulysses beschloss, dem nachzuspüren. Als er sich der Stelle näherte, konnte er eine neue Untiefe in der Finsternis ausmachen. Er streckte die Hand aus und seine Finger glitten über gebrochene, kantige Ziegelsteine. Ein Teil der Kloakenwand war hier eingestürzt. Zudem spaltete sich der Abwasserstrom an dieser Stelle. Das

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