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Unnatural History

Unnatural History

Titel: Unnatural History Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Green
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blickte, die auf den Schirm projiziert worden waren. Diesmal konnte er nichts erkennen, woran auch immer das liegen mochte.
    »Was genau sehe ich mir hier gerade an, Doktor? Ich kann rein gar nichts erkennen.«
    »Genau.«
    »Und was meinen Sie damit?«
    »Dass es hier nichts zu sehen gibt.«
    »Aber, ist das nicht die Probe, die ich Ihnen gegeben habe?«
    »Ja, und das ist auch der Punkt.«
    »Was ist der verdammte Punkt?« Plötzlich fühlte Ulysses eine unglaubliche Erschöpfung. Die Anstrengung, sich auf den Füßen zu halten, forderte mehr Tribut als er angenommen hatte. »Sehen Sie Doktor, ich bin müde. Also erklären Sie’s mir bitte.«
    Der Alte grunzte, hustete etwas Schleim hervor und schob seine Brille mit dem stets verschmutzten Zeigefinger ein Stück nach oben.
    »Es ist, wie ich es sage. Wie gewünscht, führte ich eine überaus genaue Untersuchung dieser Gewebeprobe durch und meine anfängliche Hypothese erwies sich bald als korrekt. Was zuerst lediglich wie ein paar Haare erschien, nahm alsbald die Eigenschaften echsenartiger Schuppen an, dann jedoch bildeten sich die Zellen zu etwas, das ich in amphibischen Proben erwarten würde – die größte Übereinstimmung konnte ich dabei in den Zellen des Axolotl finden, der in Mittelamerika beheimatet ist. Zum Ende meiner Beobachtungen hin beschleunigte sich der Prozess der Zellzersetzung äußerst dramatisch. Für einen kurzen Moment zeigte die Probe fischähnliche Charakteristika und dann – löste es sich einfach in Schleim auf. Sehen Sie.«
    Methuselah nahm die Petrischale unter dem Mikroskop hervor und reichte sie Ulysses. Wo einst die rötlichen Haare platziert worden waren, befand sich nun etwas, dass schlicht und einfach wie ein Klecks Nasensekret aussah.   
    »Was Sie hier sehen, ist biologischer Schutt. Abfall. Die einzigen Zellen, die Sie hierin noch finden werden, gehören zu einer Bakterienart, die sich an diesem Schleim gütlich tut. Auch ist es längst kein protoplasmischer Schleim mehr, eher ein totaler zellularer Zusammenbruch.«
    »Wissen Sie, was das verursacht haben könnte?«
    »Nun, allerdings.«
    Ulysses sah den Doktor voller Erwartung an.
    »Akuter Genschwund. Und ich würde daraus definitiv schließen, dass ebendies auch mit jenem Subjekt stattfand, von welchem Sie diese Probe haben. Das ist doch der Fall, nicht wahr?«
    »Die Evolution gegen den modernen Mann, hm?«
    »Sie sind sicher, dass Sie mir nicht sagen wollen, woher Sie das haben?«
    »Sie sollten sich hüten, mir diese Frage zu stellen«, schalt ihn Ulysses schmallippig. Zwar mochte Professor Galapagos unwiderruflich tot sein, war er doch in Ulysses’ Händen buchstäblich zu Schleim zerronnen, dennoch eignete sich dieser Fall hervorragend, um die potentielle Gefährdung der nationalen Sicherheit aufzuzeigen.
    »Nehmen Sie es, wie Sie wollen«, grummelte Methuselah. »So, und was ist Ihnen widerfahren? Haben Sie Ihren verirrten Professor gefunden?«
    »Woher wissen Sie davon?«, entfuhr es Ulysses scharf, Alarmglocken schrillten plötzlich in seinem Gehirn.
    »Machen Sie jetzt bitte kein Theater. Sie sind nicht der Einzige, der Kontakte hat, wie Sie hoffentlich wissen. Und? Haben Sie?«
    »Gewissermaßen.«
    »Wie war es? Wie sind Sie auf ihn gestoßen?« Methuselah geiferte geradezu vor Neugierde, er wirkte etwas verschnupft, ungehalten, in seinen Augen leuchtete die Begierde auf, er wirkte beinahe jugendhaft vor Aufregung.
    Ulysses hielt inne, wählte seine nächsten Worte äußerst vorsichtig.
    »Es war … unschön.«
    »Das ist alles, was Sie mir dazu sagen?«
    »Es ist vermutlich ohnehin mehr, als ich Ihnen hätte sagen sollen«, murmelte Ulysses, unfähig, das Bild des einst übergroßen Forellengesichts vor seinem inneren Auge noch länger zu erdulden, bevor es sich in milchigen Froschlaich verwandelte und aus seinem Gedächtnis floss. »Nun«, er griff in seine Manteltasche und holte den seltsam geformten, mit Stacheln versehenen Anhänger hervor, den er der Galapagos-Echse abgenommen hatte. »Was können Sie mir hierzu sagen?«
     
    Geneviève Galapagos stand verborgen in dem schattenhaften Abguss des golden schimmernden Albert Memorial. Etwas überrascht realisierte Ulysses, dass sie ein enges bodenlanges Kleid in einem bleichen Creméton mit fliederfarbenem Blumenmuster trug. Zum ersten Mal sah er sie in etwas anderem als einer Hose, vor allem in etwas anderem als Reithosen. Ihre prächtigen kastanienbraunen Locken steckten unter einem kleinen Bonnet. Er

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