Unpopuläre Betrachtungen (German Edition)
Mittel und bei gegenseitiger Verteidigung gegen jeden Angriff vorschlagen. Nationen, die wie Italien oder China noch zögern, sollten durch gewichtige wirtschaftliche und militärische Gründe zur Mitarbeit geworben werden.
In einem gewissen Stadium, d. h. wenn das Bündnis stark genug geworden ist, sollte jede Großmacht, die sich noch weigert beizutreten, mit der Strafe der Ächtung bedroht und, falls sie dann noch widerstrebt, als öffentlicher Feind betrachtet werden. Ein daraus entstehender Krieg würde voraussichtlich, falls er bald kommt, die wirtschaftliche und politische Struktur der Vereinigten Staaten intakt lassen. Er würde die siegreiche Allianz in die Lage versetzen, ein militärisches Monopol aufzurichten und damit den Frieden zu sichern. Wenn die Allianz stark genug ist, braucht es zu diesem Kriege nicht erst zu kommen, denn dann würden die widerstrebenden Staaten es vorziehen, ihr als gleichberechtigte Mitglieder beizutreten, anstatt sich ihr nach einem furchtbaren Kriege als besiegte Feinde unterwerfen zu müssen. Eine Hoffnung, den Krieg auf irgendeine andere Weise zu vermeiden, sehe ich nicht. Ob Russland aber bloßen Kriegsdrohungen nachgeben wird, ist eine Frage, die ich nicht zu beantworten wage.
Ich habe mich vorwiegend mit den düsteren Aspekten der gegenwärtigen Situation der Menschheit befasst. Aber das muss man tun, um die Welt dazu zu bringen, Maßnahmen zu ergreifen, die den traditionellen Gewohnheiten des Denkens und den eingewurzelten Vorurteilen zuwiderlaufen. Jenseits der Schwierigkeiten und voraussichtlichen Tragödien, welche die nahe Zukunft bringen wird, liegt die Möglichkeit eines größeren Wohlstandes, als ihn die Menschheit bisher je gekannt hat. Von der Auflösung des Römischen Reiches bis zum heutigen Tage sind die Staaten immer größer geworden. jetzt gibt es nur noch zwei völlig unabhängige Staaten: Amerika und Russland. Der nächste Schritt in dieser langen historischen Entwicklung müsste darin bestehen, dass beide in einem einzigen Staat zusammengefasst werden und damit die lange Periode des organisierten Kriegszustandes beendet wird, die vor rund 6000 Jahren in Ägypten begann. Wenn der Krieg ohne die Aufrichtung einer drückenden Tyrannei verhindert werden kann, wird der menschliche Geist von einer schweren Last befreit und die tief eingewurzelte Furcht der Massen gebannt werden. Und wenn die Furcht abnimmt, können wir hoffen, dass auch die Grausamkeit sich verringert.
Seltsam sind die Nutzanwendungen, zu denen die Menschen ihre erhöhte Kontrolle der Naturkräfte herangezogen haben. Im neunzehnten Jahrhundert widmeten sie sich hauptsächlich der Vermehrung der Exemplare der Gattung homo sapiens, und zwar besonders der weißen Spielart. Im zwanzigsten Jahrhundert haben sie bis jetzt das genau entgegengesetzte Ziel verfolgt. Infolge des gesteigerten Arbeitsertrages ist es möglich geworden, dem Kriege einen größeren Prozentsatz der Bevölkerung zuzuführen. Wenn die Atomenergie wirklich eine Erleichterung der Produktion bedeutet, wäre, wie die Dinge liegen, die einzige Wirkung die, dass die Kriege noch schlimmer würden, da ja weniger Menschen für die Aufgabe, das Lebensnotwendige herzustellen, benötigt würden. Solange wir mit dem Problem der Abschaffung des Krieges nicht fertig werden, besteht kein Grund, über die arbeitssparende Technik zu frohlocken; eher ist das Gegenteil angebracht. Andererseits könnte nach einer Ausschaltung der Kriegsgefahr endlich auch die technische Wissenschaft der Förderung der menschlichen Wohlfahrt nutzbar gemacht werden. Dann besteht kein technischer Grund mehr für die Fortdauer der Armut, selbst nicht in so dicht bevölkerten Ländern wie Indien und China. Wenn der Krieg die menschliche Tatkraft nicht mehr in Anspruch nimmt, könnten wir innerhalb einer Generation aller wirklich bedrückenden Armut in der ganzen Welt ein Ende machen.
Freiheit ist kein absoluter Wert. Wir alle erkennen die Notwendigkeit an, mit Mördern fertig zu werden; noch wichtiger aber ist es, mit mörderischen Staaten fertig zu werden. Freiheit muss ihre Grenzen im Gesetz finden, sie kann in ihren besten Formen nur innerhalb eines Rechtssystemes existieren. Was die Welt am dringendsten braucht, ist eine wirksame Gesetzgebung zur Regelung der internationalen Beziehungen. Der erste und schwierigste Schritt auf dem Wege zu einer solchen Gesetzgebung ist die Festlegung angemessener Sanktionen. Sie werden nur durch die Bildung einer einzigen
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