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Unpopuläre Betrachtungen (German Edition)

Unpopuläre Betrachtungen (German Edition)

Titel: Unpopuläre Betrachtungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertrand Russell
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Unsinn.
     
    [1]
petting = jede Art der bewusst auf eine erotische Erregung abzielenden Berührung mit Ausnahme der geschlechtlichen Vereinigung (Dr. Kinsey).

DIE AUFGABEN DES LEHRERS
     
    M ehr noch als die meisten anderen höheren Berufe hat sich der Lehrberuf während der letzten hundert Jahre aus einer kleinen, hochqualifizierten Gruppe von Spezialisten, die sich mit einer Minderheit der Bevölkerung befassten, zu einem ausgedehnten und wichtigen Zweig des öffentlichen Dienstes entwickelt. Der Beruf hat eine große und ehrenvolle Tradition, die aus grauer Vorzeit bis in die Gegenwart reicht; aber jedem Lehrer, der sich von den Idealen seiner Vorgänger inspizieren lässt, wird man wahrscheinlich deutlich zu verstehen geben, dass es nicht seine Aufgabe ist, zu lehren, was er denkt, sondern seinen Schülern jene Überzeugungen und Vorurteile einzuflößen, die seine Dienstgeber für nützlich halten. Früher erblickte man in einem Lehrer einen Mann von außergewöhnlicher Bildung oder Weisheit, nach dessen Worten' man sich füglich richten konnte. Im Altertum bildeten die Lehrer keinen organisierten Berufsstand und ihre Tätigkeit wurde nicht überwacht. Gewiss wurden sie oft für ihre aufrührerischen Lehren bestraft. Sokrates wurde hingerichtet, Plato angeblich ins Gefängnis geworfen; aber solche Vorfälle taten der Verbreitung ihrer Lehren keinen Eintrag. Jeder Mensch, der die innere Berufung zum Lehrer hat, wird lieber in seinen Büchern weiterleben wollen als in Fleisch und Blut. Der Lehrer muss sich geistig unabhängig wissen, soll er seine Aufgaben wirklich erfüllen; liegt es doch an ihm, zur Bildung der öffentlichen Meinung möglichst viel Wissen und Vernunft beizusteuern. Im Altertum erfüllte er diese Aufgabe ungehindert, abgesehen von gelegentlichen unvermittelten und wirkungslosen Eingriffen von Tyrannen oder des Pöbels. Im Mittelalter wurde die Lehrtätigkeit zum ausschließlichen Vorrecht der Kirche, was zur Folge hatte, dass man auf geistigem wie auf sozialem Gebiet nur geringe Fortschritte machte. Die Renaissance stellte die allgemeine Achtung vor dem Wissen wieder her und gab dem Lehrer wieder ein sehr beträchtliches Maß an Freiheit. Freilich zwang die Inquisition Galilei zum Widerruf und verbrannte Giordano Bruno auf dem Scheiterhaufen, aber diese beiden Männer hatten ihr Werk vollendet, bevor sie bestraft wurden. Bildungsstätten wie die Universitäten verblieben weitgehend in den Händen der Dogmatiker, weshalb die meisten geistigen Errungenschaften unabhängigen Gelehrten zu verdanken sind. Besonders in England gehörte bis gegen das Ende des neunzehnten Jahrhunderts mit Ausnahme Newtons kaum ein wirklich hervorragender Gelehrter einer Universität an. Doch tat dies bei dem damaligen Gesellschaftssystem ihrer Tätigkeit und dem Nutzen, den sie stifteten, wenig Eintrag.
    In der höher organisierten Welt von heute stehen wir einem neuen Problem gegenüber. Ein Etwas, genannt »Erziehung und Unterricht«, wird heute jedem vermittelt; gewöhnlich durch den Staat, aber manchmal auch durch die Kirchen. So ist der Lehrer in den weitaus meisten Fällen zum Staatsdiener geworden; er ist verpflichtet, die Befehle von Leuten auszuführen, die weder sein Wissen noch seine Erfahrung im Umgang mit Jugendlichen haben und für die jede Erziehung nur ein Propagandamittel ist. Man kann sich schwer vorstellen, wie die Lehrer unter solchen Umständen die Aufgaben erfüllen sollen, zu denen sie in besonderem Maße befähigt sind.
    Die Notwendigkeit einer staatlichen Erziehung ist offenkundig; ebenso offenkundig aber sind gewisse Gefahren, die sie mit sich bringt und gegen die man Vorkehrungen treffen müsste. Die Übelstände, die von ihr zu befürchten sind, zeigten sich mit aller Deutlichkeit in Nazideutschland und zeigen sich heute noch in Russland. Wo solche Übelstände herrschen, kann kein Mensch unterrichten, wenn er sich nicht einem dogmatischen Glaubensbekenntnis verschreibt, das nur wenige Menschen im Besitze ihrer geistigen Freiheit aufrichtig annehmen können. Er muss sich nicht nur einem Glaubensbekenntnis verschreiben, er muss auch Schändlichkeiten gutheißen und sich der freien Meinungsäußerung über Tagesereignisse sorgfältig enthalten. So lange er nur das Alphabet und das Einmaleins unterrichtet – Dinge, aus denen keine Streitfragen entstehen können werden die offiziellen Dogmen seinen Unterricht nicht unbedingt beeinträchtigen; aber selbst in diesem Elementarunterricht erwartet

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