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Unsanft entschlafen

Unsanft entschlafen

Titel: Unsanft entschlafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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die volle Wucht
meines Gewichtes traf.
    Hurlingford röhrte in kehligen
Schmerzlauten, dann packten seine Hände meine Schultern. Er hatte nur den einen
Gedanken, diese Zentnerlast so schnell wie möglich von feinem Fuß zu entfernen.
Ich riß mein anderes Bein in die Höhe, wobei ich mich mit dem Hacken auf seinem
Spann drehte, und knallte ihm das Knie in die Magengrube. Er sackte schnell zusammen,
und da es nicht in meiner Art liegt, anderen den Weg zu verbauen, nahm ich mein
Gewicht von seinem Fuß, wartete den Bruchteil einer Sekunde, bis sich sein
Gesicht in gleicher Höhe wie mein Solarplexus befand, und schlug ihm dann mit
der Handkante auf das Nasenbein. Seine Augen wurden plötzlich trübe. Er fiel
auf den verrutschten Teppich, aber das störte ihn nicht mehr.
    Ich massierte behutsam meinen
Magen, aber in dem Augenblick, als ich zu sterben glaubte, fing ich wieder an
normal zu atmen.
    Auf der anderen Zimmerseite
erspähte ich einen einladenden Flaschenständer. Zwei Sekunden später stand ich
neben ihm, schnappte mir die erstbeste Flasche und nahm einen herzhaften
Schluck. Der Alkohol in meinem Magen hatte wahre Wunderwirkung. Das beste
Mittel, Feuer zu bekämpfen, ist Feuer, sagte der eine Pyromane zum anderen.
    Hinter mir hörte ich einen
sanft raschelnden Laut. Ich wirbelte herum und überlegte blitzartig, ob
Hurlingford mit übernatürlichen Kräften ausgestattet war, aber er war es nicht.
Marie Soong richtete sich mühsam auf, und das Geräusch kam von der Satinjacke.
Ich goß Whisky in ein Glas und brachte es ihr hinüber, wobei ich mich, um
meinen Solarplexus nicht zu strapazieren, jeder heftigen Bewegung enthielt.
    Ich ergriff ihren Arm und
führte sie zum nächsten Stuhl. Sie nahm das Glas dankbar und trank. Eine Hälfte
ihres Gesichtes war flammend rot und sah aus wie rohes Fleisch.
    »Das hätten Sie ihm nicht antun
dürfen, Mr. Boyd«, sagte sie langsam. »Er wird Sie deshalb hassen.«
    »Dann sind wir eben quitt«,
sagte ich ungeduldig. »Was ist das eigentlich für ein Kerl — Sie so zu
schlagen.«
    »Er ist eben Frank
Hurlingford.« Sie lächelte gequält. »Das ist nun mal seine Natur, und ich
glaube nicht, daß er sich noch ändert.«
    »Ein Wunder, daß er noch am
Leben ist.«
    »Gehen Sie jetzt lieber, bevor
er wieder zu sich kommt«, sagte sie. »Wenn er Sie hier noch sieht...«
    »Sie wollen, daß ich Sie allein
mit ihm lasse? Damit er Sie weiter verprügeln kann?« fragte ich ungläubig.
    Marie schüttelte den Kopf.
»Bitte, gehen Sie. Ich weiß daß mir nichts mehr passiert. Er wird mich heute abend nicht mehr anrühren.«
    Man kann den Frauen allerhand
vorwerfen, aber daß sie von Vernunft und Logik Gebrauch machen, hat meines
Wissens noch niemand behauptet. Es war also reine Zeitverschwendung, mich nach
dem Grund ihrer Sicherheit zu erkundigen.
    »Na schön.« Ich zuckte die
Schultern. »Wenn Sie es so wollen. Bevor ich gehe, hätte ich aber gern noch
telefoniert.«
    »Natürlich.«
    Ich ging zum Telefon hinüber,
wählte die Nummer und verlangte Leutnant Bixby. Es dauerte etwa zehn Sekunden
bis er sich mit dem vertrauten Keuchen in der Stimme meldete.
    »Hier Danny Boyd«, sagte ich.
    »Ach ja.« Er schien von dem
Gedanken nicht sonderlich begeistert. »Ich sehe, daß Sie die Zeit
unterschritten haben. Das ist sehr klug von Ihnen.«
    »Ich bin eben der Detektiv des
Jahres«, stimmte ich ihm bei. »Der Mann, der die Hand beißt, die ihn füttert.
Wollen Sie wissen, warum?«
    »Weil ich es Ihnen gesagt
habe«, erwiderte er gönnerhaft.
    »Vielleicht haben Sie recht.
Mein Auftraggeber ist Francis Hurlingford.«
    Es herrschte einen Augenblick
Schweigen, dann erkundigte er sich eine Spur zu beiläufig: »Meinen Sie den
Verleger Hurlingford?«
    »Es ist der einzige
Hurlingford, den ich kenne«, sagte ich.
    »Ist er jetzt bei Ihnen?«
fragte Bixby knapp.
    »Ja, aber er ist nicht in der
Lage zu telefonieren.«
    »Warum nicht?«
    »Ich glaube, jemand ist ihm auf
den Fuß getreten«, erwiderte ich wahrheitsgemäß.
    »Soll das ein Witz sein?«
    »Nein, es ist wahr. Er liegt im
Augenblick auf dem Fußboden. Wenn Sie in zehn Minuten noch mal anrufen,
erreichen Sie ihn vielleicht.«
    »Von wo aus sprechen Sie?«
    »Vom Marguerite Hotel, Nr. 807.«
    »Und Hurlingford ist wirklich
dort?«
    »Natürlich.«
    »Sagen Sie ihm, daß er nicht
weggehen soll«, sagte Bixby und hängte ein.
    Ich legte den Hörer auf die
Gabel und machte mich, noch immer sehr vorsichtig, auf den Weg zur Tür.
    Marie Soong

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