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Unsanft entschlafen

Unsanft entschlafen

Titel: Unsanft entschlafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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Namen nennen. Ich denke, es ist besser, wenn Sie es ihm selber
sagen.«
    »Ich will in diese Sache nicht
verwickelt werden, Boyd«, sagte er schroff. »Ich habe das heute morgen doch
klar zum Ausdruck gebracht.«
    »Heute morgen gab es noch
keinen Mord«, erinnerte ich ihn kühl. »Es war nur von Irene Mandell die Rede,
was das für eine gute Story gäbe, daß Ihr Reporter schon seit sechs Wochen
daran arbeite und dergleichen mehr.«
    »Hören Sie!« Sein Gesicht
rötete sich, und die Adern auf seiner Stirn traten hervor.
    »Jetzt nicht«, unterbrach ich
ihn. »Jetzt sind Sie mit dem Zuhören an der Reihe. Ich habe an einem Tag mehr
herausgefunden als Ihr angeblicher Reporter in sechs Wochen. Vermutlich
existiert er nur in Ihrer Phantasie, genau wie diese Zeitschrift und die
anderen Märchen, die Sie mir aufgetischt haben.«
    Ich wartete auf eine Explosion,
doch sie blieb aus. Statt dessen zündete sich Hurlingford mit betonter Langsamkeit
eine Zigarette an.
    »Nun gut.« Seine Stimme war
plötzlich sanft. »Ich habe Sie also aus persönlichen Gründen beauftragt, Irene
Mandell zu suchen. Die Geschichte mit der Zeitschrift und dem Reporter war eine
Erfindung. Das spielt jetzt keine Rolle. Wichtig ist nur dieser Mord, und daß
wir rauskriegen, wer Jenny Shaw umgebracht hat.«
    »Ich dachte, Sie vielleicht«,
knurrte ich.
    »Was!« Er sprang behende aus seinem Sessel hoch.
    »Sie wußten genau, was ich den
Tag über getan hatte«, sagte ich. »Weil Sie besonderen Wert darauf legten,
unverzüglich über meine Fortschritte unterrichtet zu werden. Sie sind der
einzige, der wußte, daß ich heute abend mit Jenny
Shaw in meiner Wohnung verabredet war. Was sagen Sie dazu?«
    Sein Gesicht erblaßte langsam, bis er wie schmutziges Löschpapier
aussah. »Beschuldigen Sie mich des Mordes an dieser Frau?« fragte er heiser.
    »Ich glaube, ich habe mich
ziemlich klar ausgedrückt«, erwiderte ich. »Der Mann vorhin am Telefon sagte,
Sie seien den ganzen Abend ausgewesen. Wo waren Sie?«
    »Er war hier bei mir«, sagte
Marie Soong schnell.
    »Still!« verbot ihr Hurlingford
mit ausdrucksloser Stimme den Mund. »Ich zahle Ihnen sehr viel Geld für
mancherlei — ein Alibi gehört nicht dazu.«
    Er kam mit herabhängenden Armen
langsam auf mich zu, die kräftigen Schultern nach vorne gezogen, so daß sich
die Muskeln unschön unter dem mitternachtsblauen Smoking abzeichneten. Seine
Augen hatten ein dumpfes, heimtückisches Glitzern.
    Ich war im selben Augenblick
auf den Beinen, als Marie Soong zwischen uns sprang und die zarten Hände
beschwichtigend gegen seine Brust preßte.
    »Bitte, Frank«, sagte sie
eindringlich. »Sei nicht —«
    Hurlingford schlug sie mit
lässiger Verachtung. Es war ein fast träger Schwung des Armes, aber es klang
wie ein Pistolenschuß , als sein Handrücken auf ihre
Wange traf. Miss Soong wurde mit so brutaler Kraft zu Boden geschleudert, daß
sie auf dem Rücken über den Fußboden rutschte und erst von der Wand aufgehalten
wurde.
    »Goldene Handschuhe«, sagte
Hurlingford tonlos, seine Aufmerksamkeit noch immer völlig auf mich
konzentrierend. »Ich habe zwei Jahre hintereinander die Vorschlußrunden gemacht. Sie habe ich dabei nie gesehen, Boyd.«
    »Dachte ich mir’s doch, daß Sie die sportliche Einstellung, Frauen niemals mit der geschlossenen
Faust zu schlagen, irgendwoher haben müssen«, erwiderte ich.
    Er stand jetzt nahe genug, um
mich erreichen zu können. Als sein linker Arm auf mein Profil losschnellte,
duckte ich mich instinktiv und bekam seine rechte Faust auf den Solarplexus.
Eine kleine Hiroshima-Bombe explodierte tief in meinen Eingeweiden, und der
Schmerz breitete sich atompilzartig aus. Zwerchfellähmung benahm mir den Atem, und ich fühlte, wie meine Beine nachzugeben begannen.
Unklar realisierte ich, daß ich jetzt nicht klein beigeben durfte, wenn ich
nicht als Hackfleisch enden wollte.
    Im letzten Augenblick sah ich
seine linke Faust auf mein Gesicht zufliegen und schaffte es, meinen Kopf zur
Seite zu werfen, wenn mich auch dieses Knochenpaket noch streifte und mir ein
Stückchen Haut vom Ohrläppchen riß.
    Je weiter ich von ihm entfernt
stand, desto leichter fiel es ihm, mich zu treffen. Um nicht K. O. zu gehen,
mußte ich mich näher an ihn heranwagen.
    Mit äußerster
Willensanstrengung richtete ich mich wieder auf. Der Luftsprung war nicht
einmal besonders hoch, doch hoch genug, um mein Gewicht auf ein Bein zu
verlagern, so daß ihn, als mein Haken auf seinem Rist landete,

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