Unsanft entschlafen
tatsächlich ein
Problem«, räumte Kestler ein, »aber es wird Ihnen nicht mehr zu schaffen
machen.«
»Hurlingford hat mich zwei
Jahre nach dem Verschwinden Irene Mandells mit der
Suche nach ihr beauftragt«, fuhr ich unbeirrt fort. »Ich habe mich an alle
möglichen Leute gewandt, die sie kannten, teilweise wirklich gute Freunde, aber
sie wollten durch die Bank nicht von ihr sprechen. Sie haben mir Mannie Karsh
zur Warnung auf den Hals geschickt. Dann finde ich die Garderobiere, die erste,
die zu reden bereit ist, und sie wird prompt ermordet. Was soll die Polizei nun
denken, wenn ich auch dran glauben muß?«
»Wie meinen Sie das genau?«
fragte Kestler sanft.
»Ich muß an meine Zulassung
denken.« Ich lächelte ihn unschuldsvoll an. »Wenn in meinen vier Wänden ein
Mord geschieht, bleibt mir nichts andres übrig, als der Polizei gegenüber mit
offenen Karten zu spielen.«
»Sie meinen, daß Sie der
Polizei von Mannie erzählt haben?« fuhr er hoch.
»Wort für Wort«, log ich glatt.
Kestler schloß die Augen und
kniff sich diesmal etwas kräftiger in die Nase.
»Was wollen Sie?« fragte er
unvermittelt.
»Am Leben bleiben.«
»Was, sonst nichts?«
»Ich bin nicht habgierig — das
genügt.«
»Natürlich — bis Sie drei
Querstraßen weiter sind. Was wollen Sie sonst noch, Boyd?«
»Ich will rauskriegen, wer
Jenny Shaw erschossen hat und warum«, sagte ich.
»Mannie war’s nicht«, grunzte
er.
»Okay. Wer dann?«
»Ich weiß es nicht.«
Er trank den Rest seines
Martinis und füllte dann sein Glas aus dem Mixbecher nach, dessen Inhalt bisher
kaum abgenommen hatte. Ich überlegte mir, ob er nur Kestlers Tagesquantum oder vielleicht die gesamte Wochenration enthielt.
»Das heißt, daß ich weiter am
Ball bleiben muß«, sagte ich vorsichtig, »und Fragen stellen — zum Beispiel,
warum Sie Mannie geschickt haben, um mich zurückzupfeifen.«
»Ein Punkt für Sie«, erwiderte
er kühl, »weil Sie der Polizei von Mannie berichtet haben und es Ärger geben
könnte, wenn man morgen früh Ihre Leiche findet. Also okay, ich breche den
Vertrag und ändere für diesmal meinen Entschluß. Sie haben Glück. Aber werden
Sie nicht übermütig, Boyd. Mannie ist ein Künstler in seinem Fach. Sein
Repertoire umfaßt fünfzig verschiedene Möglichkeiten, und zwanzig davon sehen
haarscharf wie ein Unfall aus. Vom Autounfall mit Fahrerflucht bis zu dem Mann,
der volltrunken in der Badewanne einschläft.«
»Ich mache Ihnen einen
Vorschlag, Lou«, sagte ich.
»Sie halten sich jetzt raus,
wenn Sie am Leben bleiben wollen!« fuhr er hoch.
»Wenn Mannie das Mädchen nicht
getötet hat, müßten Sie doch neugierig sein, wer es gewesen ist«, sagte ich.
»Engagieren Sie mich, und ich will es für Sie herauskriegen.«
Hinter mir ertönte Mannies rostiges Gelächter, während mich Kestler in
völliger Verblüffung anstarrte.
»Zweitausend Dollar haben Sie
mir schon gezahlt«, fuhr ich fort. »Wenn ich den Mörder finde, bekomme ich
weitere dreitausend. Was halten Sie davon?«
»Für einen Mann, der eigentlich
schon tot sein sollte, haben Sie wirklich Nerven, Boyd«, sagte Kestler langsam.
»Bedenken Sie das Geld, das Sie
gerade gespart haben. Sie brauchen Mannie nicht mehr zu bezahlen«, sagte ich
schnell. »Wenn ich Jenny Shaws Mörder für dreitausend Dollar liefere, so ist
das preiswert.«
»Sicher«, nickte er, »bis auf
eine Kleinigkeit. Sie haben eine große Klappe, Boyd, und rennen gleich zur
Polizei.«
»Nicht, wenn Sie mein Klient
sind«, widersprach ich ihm. »Diese dreitausend garantieren Ihnen das Recht, den
Namen des Mörders als erster zu erfahren.«
»Ich glaube, es war mein
Fehler, Boss«, sagte Mannie Karsh trocken. »Ich hätte ihn gleich erledigen
sollen, dann hätten wir uns alles erspart.«
»Durchaus nicht«, sagte Kestler
ruhig. »Du hattest vollkommen recht, ihn herzubringen, Mannie. Alles ist ganz
in Ordnung.« Er sah mich plötzlich mit einem kalten, abwesenden Augenausdruck
an. »Okay, Boyd. Sie haben eben ein Geschäft gemacht. Dreitausend Piepen, wenn
Sie uns den Mörder bringen.«
»Prima«, sagte ich. »Kann ich
jetzt gehen?«
»Ich denke schon«, nickte er.
»Bedenken Sie nur das eine, Boyd. Ich kann den Vertrag mit Mannie jederzeit
erneuern.«
»Natürlich«, sagte ich. »Mannie
und ich sind schon richtige Kumpels, stimmt’s, Mannie ?«
»Richtige Kumpels«, pflichtete
mir Mannie bei. »Wenn das so weitergeht, muß ich auf Ihrer Beerdigung noch
heulen!«
Als ich in meine
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