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Unschuldig

Titel: Unschuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Vanoni
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schreibt die Weber noch: Mehlwürmer haben einen geringelten Chitin-Panzer. Frisch geschlüpft sind sie zwei bis drei Millimeter klein und weiß. Bei gutem Futterangebot und Wärme wachsen sie schnell, häuten sich dabei mehrmals und werden gelblich-braun. Die auf der Leiche vorgefundenen größeren Larven hatten diese gelblich-braune und auch eine rötliche Färbung, während die kleinen und somit jüngeren Würmer weiß waren. Sie waren also aus verschiedenen Entwicklungsstadien, was darauf schließen lässt, dass sie einer Zucht entstammen. Mit wenig Futterangebot und kühlem Standort entwickeln sie sich langsam, sodass sie bis zu einem Jahr im Larvenstadium bleiben können.«
    Tommi wollte wissen, ob die Würmer auch Blut fressen. Herbert wusste aus seinen Telefonaten mit einigen Züchtern, dass sie auch Fleisch oder tote Fische und Knochen fressen würden, quasi alles.
    »Also ist es naheliegend, dass unser Täter die Würmer züchtet«, schloss Paula.
    »Oder Würmer in verschiedenen Altersklassen kauft. Das geht übers Internet problemlos, man kriegt die Dinger allerdings auch in jeder Zoohandlung«, ergänzte Herbert.
    Der Täter musste ein außerordentlich kaltblütiger Typ sein, dachte Paula. Eine Frau auf einem halb öffentlichen Filmset umzubringen, wo er jederzeit hätte überrascht werden können, und anschließend dem Opfer noch die Augen auszuhöhlen, musste sorgfältig geplant und vorbereitet sein. Er hatte wahrscheinlich ein Behältnis mit Würmern dabei, und er dürfte mit hoher Schnelligkeit und brutaler Präzision vorgegangen sein. Warum hatte er ausgerechnet diese Art der Verstümmelung und dazu noch die Würmer gewählt? Und warum Lea Buckow? Was war der Grund? Ihr Handy klingelte, es war Martina Weber.
    »Tut mir leid, dass ich störe, Paula.«
    »Sie stören nicht. Im Gegenteil.« Sie wusste, dass die Pathologin Neuigkeiten für sie hatte.
    »Ich habe mich gleich an die Arbeit gemacht. Den ersten Teil meines Berichtes haben Sie ja bereits bekommen?«
    »Ja, vielen Dank! Und haben Sie sonst noch was für uns?«
    »Sie haben recht gehabt: Die Augen wurden mit dem Grapefruitmesser entfernt, das am Fundort der Leiche sichergestellt wurde. Das ergab die Laboruntersuchung des Metallabriebs.«
    »Das Messer ist asserviert worden«, sagte Paula so laut, dass jeder in der Runde es mitbekam. »Sind da Fingerabdrücke gefunden worden?«
    »Nein, ich glaube nicht«, sagte Dr. Weber. »Aber fragen Sie zur Sicherheit noch mal bei der Spurensicherung nach. Der Täter hat mit Gummihandschuhen gearbeitet.«
    »Hätte sie die Augenverstümmelung überleben können, wenn sie nicht schon vorher am Herzinfarkt gestorben wäre?«
    »Ja, hätte sie. Aber sie ist nicht vorher am Herzinfarkt gestorben, sondern danach. Sonst hätten wir nicht diese große Blutlache gehabt, in der sie lag.«
    »Mein Gott! Aber wie kann es denn möglich sein, dass die Augen so brutal entfernt werden, ohne dass das Opfer sich wehrt?«, fragte Paula.
    »Das ist der andere Grund, weshalb ich anrufe. Der Frau wurde in den Alkohol, den sie getrunken hat, eine Substanz gemischt, die unter dem Begriff K.-o.-Tropfen bekannt ist.«
    Paula bedankte sich bei der Pathologin für die Informationen und beendete das Telefonat. Jetzt brauchte sie einen Kaffee. Jeder im Team wusste, wie gefährlich K.-o.-Tropfen waren und dass es jeden treffen konnte. Die Wechselwirkung mit Alkohol war verheerend. Ein paar Tropfen zu viel konnten ins Koma oder zu totalem Herz-Kreislauf-Versagen führen. Die Polizei hatte bundesweit jedes Jahr in etwa tausend Fällen K.-o.-Tropfen in Verdacht. Als Vergewaltigungsdroge beschäftigte sie die Polizei- und Gesundheitsbehörden in ganz Europa schon seit Langem. Allein in Berlin waren es jährlich über hundert Fälle mit steigender Tendenz. Auch Frauenberatungsstellen befassten sich immer wieder mit GHB – Gamma-Hydroxybuttersäure. Bei mittlerer Dosierung euphorisierte und enthemmte die billige Partydroge, die nicht nur im Internet, sondern ebenso in Berlin am Kottbusser Tor für jeden leicht erhältlich war. Paula überlegte, in die Polizeitechnische Untersuchung, kurz PTU, zu fahren und sich dort genauer zu informieren.
    Tommi unterbrach ihre Gedanken: »Ich hab hier noch etwas Interessantes. Die Produktion wollte den Regisseur loswerden und hat für den Rest der Dreharbeiten einen neuen verpflichtet. Möller soll noch die Motive bis Mitte nächster Woche abdrehen, danach wird ein Ersatzmann, der ebenfalls die Kamera

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