Unschuldig
im Besprechungsraum auf sie warte.
»Wollen wir good cop – bad cop spielen?«, fragte er.
»Nur wenn ich der good cop sein darf.«
»Von mir aus. Dann musst du aber auch Kaffee und Wasser organisieren. Und Kekse dazu. Ich brauche jetzt dringend was Süßes.«
Sie lachte und forderte ihn auf, schon mal vorzugehen, während sie sich um die Erfüllung seiner Wünsche kümmerte.
Als sie kurz darauf den Besprechungsraum betrat, saß Tommi breitbeinig am kurzen Ende des Tisches und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Er schwieg mit arroganter Miene, als sie mit dem Tablett kam und die beiden Herren mit Kaffee und Wasser versorgte. »Greifen Sie zu«, sagte sie zu Ben Bauer, der nervös auf seinem Stuhl herumrutschte, und hielt ihm den Teller mit den Keksen hin.
»Danke.«
»Sie wissen, warum wir Sie herbestellt haben?«, eröffnete Paula freundlich das Gespräch. Sie hatte nicht vergessen, wie cool Bauer am Tag zuvor die Nachricht von der Ermordung seines Lebensgefährten aufgenommen hatte.
»Ja. Sie suchen den Mörder von Felix Kleist.«
»Richtig. Wir …«
»Wo waren Sie am Samstagabend?«, unterbrach Tommi grimmig.
Bauer warf Paula einen unsicheren Blick zu. »Zu Hause.« Das hatte seine Mutter auch schon gesagt.
»Allein?«, hakte Tommi nach.
»Also mit meiner Mutter allein.« Er grinste schief.
»Die Polizei traut nicht unbedingt den Aussagen von Müttern, die ihren Söhnen ein Alibi liefern. Sie bleiben also dabei, dass Sie den ganzen Abend mit Ihrer Mutter verbracht haben?«
»Ja.«
»Und wo war Ihr Freund?«
Ben Bauer schaute wieder Paula an.
»Er meint Herrn Kleist«, ergänzte sie.
»Weiß ich nicht. Jedenfalls nicht bei mir«, sagte Bauer nervös.
»Sie haben jeden Tag miteinander telefoniert.«
»Am Samstag nicht.«
»Doch«, widersprach Tommi genüsslich und lehnte sich bequem im Stuhl zurück. »Wir haben sein Handy, und wir haben die angerufenen Nummern überprüft. Ihre Handy-Nummer war auch dabei.«
Paula reichte Tommi einen Zettel. »Um 18.06 Uhr hat er Sie angerufen. Was wollte er da? Sich mit Ihnen für den Abend verabreden? «
»Nein, er sagte mir, er habe abends eine Besprechung wegen einer neuen Rolle.«
»Mit wem?«
»Weiß ich nicht. Vielleicht mit einem Caster oder so. Er war in letzter Zeit nicht sehr gesprächig.«
»Was meinen Sie damit?«
»Er war ziemlich schlecht drauf.«
»Ihr Telefonat hat laut Verbindungsnachweis achtundzwanzig Minuten und dreißig Sekunden gedauert. Und da sagen Sie, er war nicht sehr gesprächig?« Tommi holte tief Luft. »Halten Sie uns eigentlich für Idioten?«
»Nun, die meiste Zeit habe ich geredet.«
»Da bin ich gespannt. Worüber?«
»Über dies und das. Nichts Bestimmtes.«
Tommi sah aus, als wollte er gleich über den Tisch springen und Bauer am Kragen packen.
»Warum war Herr Kleist so schlecht drauf?«, fragte Paula.
»Er hat genervt, weil er dachte, ich treibe es auch mit anderen.«
»Und? Hatte er damit recht?«, fragte Tommi.
»Nein, Felix war einfach krankhaft eifersüchtig.«
»Sie hatten Affären mit anderen Männern.« Tommi ließ nicht locker, er sprach den Satz wie eine Bestätigung aus, ohne Fragezeichen.
Ben wirkte erstaunt, dann schüttelte er den Kopf und erwiderte: »Ich habe früher Affären gehabt, aber nicht mehr, seit ich mit Felix zusammen war.«
»Die Obduktion hat ergeben, dass er kurz vor seinem Tod Geschlechtsverkehr hatte«, bluffte Tommi. »Können Sie sich vorstellen, mit wem?«
»Das glaub ich nicht«, sagte Bauer und wurde bleich.
»Tatsache ist, dass ihn einer der Kellner mit einem jungen Mann zusammen gesehen hat«, stellte Paula den Sachverhalt klar und warf Tommi einen warnenden Blick zu.
»Das ist unmöglich.« Ben Bauers Stimme drohte zu kippen. »Mit anderen hatte er nichts am Hut. Unvorstellbar. Das Alter war ihm immer gleichgültig. Ihm ging es zwar um guten Sex und ums Aussehen, aber auch um innere Werte.«
»Innere Werte?«, knurrte Tommi und beugte sich so weit über den Tisch, dass Paula seine geschwollene Halsschlagader pochen sehen konnte.
Ben Bauer wich ein Stück zurück, sah Tommi ängstlich an und schwieg.
»Entschuldigen Sie, mein Kollege kann sehr unangenehm werden, wenn er das Gefühl hat, dass man ihm nicht die Wahrheit sagt«, sagte Paula.
»Spielt er den bad cop ?«
»Nein, er spielt ihn nicht, er ist böse.« Paula wartete einen Moment und setzte dann neu an: »Als er Ihnen sagte, dass er sich mit jemandem wegen einer neuen Rolle treffen will –
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