Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Unschuldig

Titel: Unschuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Vanoni
Vom Netzwerk:
– »Zwergenspaß für alle« – und ging zu einer blauen Bank, auf der drei Mütter saßen, die ihren Kindern beim Bolzen zusahen. »Haben Sie zufällig einen kleinen blonden Jungen mit einem roten Rucksack gesehen?«
    Die Mütter sahen sie vorwurfsvoll an. Sie wissen also nicht, wo Ihr Kind ist , konnte sie in ihrem Gesicht lesen. In diesem Moment wurde Paula klar, was sie erwartete. Sandra war beim Yoga, und sie hatte die Verantwortung für Manuel übernommen! Wäre doch bloß dieser blöde Anruf nicht gekommen! Oder hätte sie das Kind nicht allein auf die Straße gehen lassen! Warum nur hatte sie nicht anders gehandelt?
    Die Mutter links sagte barsch: »Nein, der war hier nicht.«
    Manuel ist verschwunden. Sandra, ich weiß auch nicht, was ich machen soll. Ich habe überall nach ihm gesucht. Dein Kind ist weg! Paula spürte eine immer stärker werdende Panik vor dieser Begegnung mit ihrer Schwester in sich aufsteigen.
    »Den hätten wir gesehen«, sagte die Frau, die in der Mitte saß, etwas milder. »So ein Kind ohne erwachsene Begleitung wäre uns aufgefallen.«
    »Mit einem roten Rucksack?«, fragte die Mutter rechts. Umständlich kramte sie einen grünen Apfel aus ihrer Tasche und biss hinein. »Nein, leider nicht.«
    »Danke.« Verzweifelt und mit großen Schritten ging Paula zu der grauen Ritterburg mit dem roten Dach, bückte sich und kroch hinein. Sie ging in die Hocke und lauschte, in der Hoffnung, plötzlich Manuels Stimme zu hören: Paula, was machst du denn da? Ich suche dich schon überall!
    Mit kreideweißem Gesicht ging sie zurück zu Enrico ins Restaurant und schilderte ihm die Situation. Zusammen mit ihm – Luca sollte in der Restaurantküche bei einem der Angestellten bleiben – klapperte sie die Geschäfte ab, in denen sie zuletzt mit Manuel gewesen war – die Bäckerei auf dem Adenauerplatz, den Eissalon, die Buchhandlung mit dem schönen Namen »Wunschbuch«, den Zeitungsladen, der Tag und Nacht geöffnet hatte.
    Nichts. Niemand hatte den kleinen blonden Jungen gesehen.
    »Das gibt’s doch nicht«, knurrte Enrico.
    Endlich entschied Paula sich, in der Keithstraße anzurufen. Sie sagte, sie käme später, ihr Neffe Manuel sei nicht auffindbar.
    »Was heißt nicht auffindbar?«, fragte Herbert. »Ist er weggelaufen? «
    »Er sollte vor der Haustür auf mich warten, ich wollte ihn zu seinem Freund Luca bringen. Jetzt ist er verschwunden. Ich muss ihn unbedingt finden, bevor Sandra nach Hause kommt.«
    »Ist er vielleicht alleine los und hat sich auf dem Weg zu seinem Freund verlaufen?«
    »Er ist die Strecke schon mal mit Sandra zusammen gegangen«, sagte Paula. »Da hätte er sicher wieder hingefunden.«
    »Hm«, sagte Herbert. »Soll ich eine Streife schicken?«
    »Warte damit noch ein bisschen, ich suche erst mit Enrico.«
    »Wer ist Enrico?«
    »Das ist Lucas Vater. Der Restaurantbesitzer.«
    »Sag Bescheid, wenn ihr ihn gefunden habt – oder wenn du Hilfe brauchst«, bot er an.
    Paula bedankte sich.
    »Manolo ist schlau. Er ist vielleicht einen anderen Weg gegangen, und wir haben ihn verpasst. Bestimmt ist er jetzt zu Hause und klingelt und wartet an der Tür und kommt nicht rein«, meinte Enrico hoffnungsvoll. »Andiamo. Gehen wir zurück.«
    Zu Hause wartete niemand. Weder vor der Haustür noch vor dem Eingang ihrer Wohnung.
     
    Paula konnte noch immer nicht begreifen, was ihr passiert war. Sie musste sich an eine Wand lehnen und atmete schwer. Was sollte sie nur Sandra sagen? Sie rief Jonas in der Klinik an und berichtete mit zitternder Stimme, was geschehen war. Er bot sofort an, nach Hause zu kommen, um ihr beim Suchen zu helfen.
    In der Wohnung konnte sie es nicht aushalten, sie ging wieder nach unten auf die Straße und wartete dort mit Enrico auf ihre Schwester, die jede Minute von ihrem Yogaunterricht zurück sein musste.
    Sandra war noch einige Meter entfernt, da fragte sie schon mit unsicherer Stimme: »Was ist passiert? Ihr wolltet doch in den Tierpark …«
    Enrico schaute bedrückt zu Paula.
    Paula starrte ihre Schwester wie gelähmt an.
    Sandra drehte sich panisch zur Haustür um.
    »Komm«, sagte Paula und ging auf sie zu, bemüht, sie zu besänftigen.
    Aber Sandra wich zurück. Sie ahnte, dass etwas Schlimmes passiert war. »Was ist los? Wo ist Manuel?«
    Paulas Lippen wollten sich nicht bewegen. »Er war auf der Straße. Er sollte warten.«
    Sandra schaute sie entgeistert an.
    »Ich wollte gleich nachkommen.«
    »Du hast ihn alleine auf die Straße gehen

Weitere Kostenlose Bücher