Unschuldig!
hier wieder raus”, versprach Steve ihr, bevor eine Polizistin sie zurück in ihre Zelle brachte. “Halt noch eine kurze Weile durch.”
Julia sagte nichts. Sie sagte auch nichts zu der Kaution, von der sie wusste, dass er sie bezahlen wollte. Während sie aus dem Gerichtssaal geführt wurde, dachte sie daran, dass sie die Wahrheit erzählt und niemand ihr geglaubt hatte. Ihr war nie bewusst gewesen, wie zerbrechlich die Freiheit in Wirklichkeit war, bis die Zellentür hinter ihr ins Schloss fiel.
Sie sah sich um. Ihr Blick wanderte langsam über die verdreckten Wände, die gesprungene und übel riechende Toilettenschüssel, das Bettgestell mit der dunkelbraunen Decke und einem Kissen an einem Ende.
Nach einer Weile setzte sie sich auf den einzigen Stuhl. Sie hatten ihr die Armbanduhr abgenommen, damit sie kein Gefühl für die Zeit hatte. Sie dachte an Andrew und betete zu Gott, dass er nichts von alledem erfuhr.
Steve hatte ihr versprochen, nichts zu sagen. Er wollte Coop anrufen und ihm mitteilen, er solle Andrew vom Fernsehen abhalten.
Irgendwo weiter den Flur entlang zerrte eine Frau an der Zellentür und fluchte laut, während sie verlangte, dass man sie freiließ. Es dauerte nicht lange, bis sich ihr ein Mann anschloss, der mehr volltrunken als verärgert klang. “Haltet das Maul da hinten”, brüllte jemand, doch die Unruhe wurde nur noch schlimmer.
Eine Ewigkeit verging, ehe dieselbe Polizistin, eine dralle und großspurig wirkende Blondine, zurückkehrte, den klimpernden Schlüsselbund am Gürtel baumelnd. “Sieht aus, als wär heute dein Glückstag, Goldköpfchen.” Sie schloss die Tür auf. “Die Kaution wurde gestellt.”
Steve wartete im Vorzimmer. Er stand da, während sie ihre Habseligkeiten einsammelte und ein Formular unterschrieb. Sie bewegte sich wie ein Roboter, der den größten Teil seiner Energie verloren hatte.
“Hast du meinen Vater erreichen können?” fragte sie, als sie hinausgingen.
“Ja. Er sagt, du sollst dir keine Sorgen machen. Spike hat keine Satellitenschüssel, und damit gibt es da oben nichts zu sehen. Und Andrew geht es gut.”
Sie atmete erleichtert auf. Nachdem sie das Gebäude verlassen hatte, konnte sie nicht schnell genug laufen. “Was die Kaution angeht”, sagte sie, während sie die Straße überquerten, “die werde ich dir zurückzahlen, und wenn ich dafür …”
“Ich habe die Kaution nicht gestellt.”
Sie blieb stehen. “Nicht?”
Er schüttelte den Kopf.
“Wer dann?”
“Charles.”
“Hallo, Pilar.”
“Señora Bradshaw!” Pilars Gesicht zeigte ein breites Willkommenslächeln. “Es ist so gut, Sie zu sehen.” Sie sah zum Landrover, in dem der wartende Steve saß, der sich geweigert hatte, Julia mit einem Taxi fahren zu lassen. “Kommt der Gentleman nicht herein?”
Julia hätte fast gelacht. “Ich glaube nicht, Pilar.”
Die Haushälterin schloss die Tür. “Geht es Ihnen gut?” fragte sie besorgt. “Man hat Sie doch hoffentlich nicht in dieser schrecklichen Zelle misshandelt?”
Julia lächelte. “Es war nicht gerade das Ritz, aber misshandelt hat man mich nicht.”
“Und Sie sind nicht böse auf mich?” Sie sah sie plötzlich verlegen an. “Sie wissen schon … weil ich Mr. B. von den Dingen erzählt habe, die sich ereignet hatten.”
Julia drückte Pilars Hand. “Eigentlich bin ich Ihnen sogar dankbar. Sie haben erreicht, was mir nie gelungen ist, nämlich dass Charles mich mit etwas anderem als Verachtung ansieht.”
“Mr. B. ist ein guter Mann”, sagte Pilar. Die Loyalität gegenüber ihrem Boss war nicht zu übersehen. “Er ist nur stur, sonst nichts.”
“Und er hat das Glück, dass er Sie hat, Pilar. Ist er da?”
“In seinem Arbeitszimmer.”
“Sie brauchen mich nicht anzumelden”, sagte Julia. “Ich möchte ihn überraschen.”
Pilar nickte und zog sich zurück.
Julia traf Charles bei seiner üblichen Nachmittagsbeschäftigung an – dem Studium des
Wall Street Journal
in seinem bevorzugten Ledersessel.
Obwohl die Tür offen stand, klopfte sie zweimal leise an.
Er blickte hoch, schlug die Zeitung zu und erhob sich. “Julia.” Er sah sie rasch von oben bis unten an. “Schlechter Morgen?”
Wieder musste sie über seinen Anflug von Humor lächeln. “Der Nachmittag wird besser werden. Und das habe ich dir zu verdanken.”
“Ach.” Er machte eine wegwerfende Geste.
Seine Großzügigkeit war jedoch etwas, was sie nicht ohne Weiteres abtun konnte. “Ich bin dir dankbar für das, was
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