Unschuldig!
Steve zu richten. “Ich würde Ihnen gerne helfen, Mr. Reyes, aber ich glaube, das geht nicht. Wir mischen uns nicht in …”, sie sah wieder kurz zu Julia, “… häusliche Meinungsverschiedenheiten ein.”
Steve ließ Julias Hand los, stützte seine Hände auf den Schreibtisch der Sekretärin und beugte sich so weit vor, dass er kaum mehr als zehn Zentimeter von ihrem Gesicht entfernt war. Julia dachte leicht verärgert, dass er bei der Nummer, die er gerade abzog, viel zu dick auftrug. Aber es wirkte.
“Um ehrlich zu sein, Miss Mathers”, sagte er mit gedämpfter Stimme, “meine Schwester möchte die Polizei nicht hineinziehen und auch nichts machen, was für das College unangenehm sein könnte. Und sie will ganz bestimmt keinen Streit. Sie möchte nur mit ihrem Mann reden.”
Miss Mathers nickte verstehend. “Und wie kann ich Ihnen helfen?”
“Eine Adresse wäre hilfreich.”
“Der Unterricht endete vor zwei Tagen, Mr. Reyes. Die meisten Studenten sind nach Hause gefahren.”
“Das ist mir bewusst.” Wieder lächelte er sie an.
Die Sekretärin zögerte. “Wir wollen wirklich keinen Ärger.”
“Den wird es auch nicht geben.” Steve legte wie ein großer Bruder seinen Arm um Julia und drückte sie an sich. “Anita ist ein liebes und friedliches Mädchen. Sie möchte nur mit ihm reden. Wenn ihre Ehe gerettet werden kann, gut, wenn nicht …”, er zuckte kurz resigniert mit den Schultern, “… dann lebt sie ihr Leben weiter.”
Er grinste Julia an, die ihn wie auf ein Stichwort hin hoffnungsvoll, aber nichts sagend anlächelte.
Miss Mathers wandte sich ihrem Computer zu und betätigte eine Taste. “Na gut. Wie lautet der Name?”
“Antonio Delgado”, sagte Steve.
Die junge Frau sah auf den Bildschirm und stoppte bei
D
, las die Liste durch, um dann wie erwartet den Kopf zu schütteln. “Unter dem Namen ist bei uns niemand geführt.”
“Können Sie über die Parkerlaubnis weiterkommen?” fragte Steve mit süßlichem Tonfall. “Er hat die Nummer 117.”
“Eins-eins-sieben. Mal sehen.” Wieder bediente die Sekretärin eine Taste, wartete auf die richtige Anzeige und begann wieder zu suchen. “Da habe ich einen Ben Rosenthal.”
Sie sah zu Steve, als der Julia einen unauffälligen Stoß in die Rippen versetzte. Julia zuckte zusammen und begann eifrig zu nicken, da sie annahm, dass sie improvisieren sollte. “
Si, es possible”
, sagte sie und hoffte, dass es nach einem einigermaßen guten Spanisch klang. “
Antonio tio … se llama Benito. Benito Delgado.”
“Antonios Onkel heißt Benito”, übersetzte Steve. “Könnte sein, dass wir ihn gefunden haben.”
Die Sekretärin notierte die Adresse auf einem Zettel, den sie von einem pinkfarbenen Block auf ihrem Schreibtisch abgerissen hatte. “Er wohnt außerhalb des Campus”, sagte sie und reichte Steve den Zettel. “Das ist ganz einfach zu finden. Die Chapala Street ist nicht weit entfernt. Sie biegen an der Ampel links ab, und dann gleich noch mal links.”
“Danke, Miss Mathers, Sie haben uns sehr geholfen.”
Die junge Frau errötete. “Freut mich, dass ich Ihnen behilflich sein konnte.” Sie sah zu Julia und erinnerte sich daran, dass sie ja kein Englisch sprach, blickte dann wieder Steve an. “Ich hoffe, dass Ihre Schwester ihren Mann findet.”
“Ich auch.” Steve steckte die Notiz in die Hosentasche, nahm Julia an der Hand und zog sie hinter sich aus dem Büro.
Nachdem sie im Flur standen, riss Julia ihre Hand los. “
Anita Delgado?”
fragte sie.
Steve lachte leise. “Was denn? Gefällt dir der Name nicht?”
“Das hat damit nichts zu tun. Aber wie konntest du mir so etwas antun? Ich war völlig ahnungslos.”
“Du warst fantastisch. Wo hast du Spanisch gelernt?”
“Ach, hör auf. Das war schrecklich, und das weißt du. Ich kann es nicht fassen, dass sie mir das abgenommen hat. Du hättest mich wenigstens warnen können.”
“Wie denn? Ich hatte doch keine Ahnung, was ich sagen würde, als wir ins Büro von Miss Mathers gingen.” Er öffnete eine Glastür und ließ Julia vorgehen.
“Du hast dir diese lächerliche Geschichte vom verschwundenen Ehemann in dem Moment ausgedacht?” fragte Julia ungläubig.
“Was soll ich sagen? Ich bin halt der impulsive Typ. Und darf ich dich daran erinnern, dass uns diese lächerliche Geschichte die Information eingebracht hat, die wir haben wollten?”
“Kein Wunder”, sagte sie naserümpfend. “Du hast das Mädchen ja förmlich unter deinem
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