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Unschuldig!

Unschuldig!

Titel: Unschuldig! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Heggan
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Als Joey dann an Leukämie starb, wurde alles anders. Onkel Eli gab seine Arbeit auf, traf sich nicht mehr mit seinen Freunden und schottete sich von allen ab. Am ersten Todestag seines Sohnes sagte er meiner Tante, er habe die Scheidung eingereicht. Er überließ ihr alles, was er besaß, und zog in den Nahen Osten um, wo er an der Amerikanischen Universität in Beirut eine Stelle als Lehrer erhielt. Dort blieb er zwanzig Jahre, kam aber jeden Sommer zu Besuch wieder her. Schließlich zog er zurück nach Kalifornien. Aber das erfuhr ich erst vor sechs Monaten.”
    Julia beobachtete Jennifer, wie sie ein Taschentuch aus einer kleinen Schachtel zog und den Speichel an Elis Mundwinkel abtupfte. “Sie scheinen Ihren Onkel sehr zu mögen.”
    Tränen schossen der jungen Frau in die Augen. “Ich war nicht mal auf der Welt, als er L.A. verließ, aber ich habe wunderschöne Erinnerungen an seine alljährlichen Besuche und an die Geschenke, die er mir mitbrachte. Hübsche Puppen aus dem Nahen Osten, farbenprächtige Taschen, Schmuck.”
    “Und er hat sich nie bei Ihnen gemeldet, nachdem er wieder hergezogen war?”
    Jennifer richtete sich auf und warf das Tuch fort. “Ich verstehe es auch nicht. Jetzt, da mein Vater tot ist, ist Onkel Eli die einzige Familie, die ich noch habe. Und ich weiß, dass ich ihm etwas bedeutet habe.” Das leise Geräusch, das sie von sich gab, klang verdächtig nach einem Schluchzen. “Aber aus irgendeinem Grund wollte er mich nicht sehen.”
    Julia spürte einen Kloß im Hals. So ein junges Mädchen, das keine Familie mehr hatte, nur noch einen Onkel, der es nicht mehr erkannte. “Und wie haben Sie ihn gefunden?”
    “Als bei meinem Onkel vor ein paar Jahren Alzheimer festgestellt wurde, hat sich seine Nachbarin von Zeit zu Zeit um ihn gekümmert. Letzten Dezember hat sie ihn vor seinem Haus angetroffen, er war völlig orientierungslos und verängstigt. Nachdem sie einen Arzt gerufen hatte, suchte sie in Elis Unterlagen nach Hinweise auf Verwandte und stieß dabei auf meinen Namen und meine Adresse.”
    “Er wusste also, wo Sie leben?”
    Sie nickte traurig. “Offensichtlich ja. Als Mrs. Hathaway – seine Nachbarin – mich anrief, habe ich mich sofort auf den Weg gemacht. Da war er schon sehr krank, und ich wusste, dass ich ihn in einem Heim unterbringen musste, wo er die richtige Pflege erhielt. Ich hätte ihn gerne näher zu mir untergebracht, aber es gab nur hier in Pine Hill einen freien Platz.”
    Jennifer machte Julia Platz. “Vielleicht reagiert er auf Sie, wenn Sie sich mit ihm unterhalten und ihm noch mal Ihren Namen sagen.”
    “Natürlich.” Julia zog sich einen Stuhl heran und nahm Platz. “Hallo”, sagte sie sanft, während sich Eli zu ihr umdrehte. “Mein Name ist Julia Bradshaw. Sind wir uns schon einmal begegnet, Mr. Seavers? Oder kannten Sie vielleicht meinen Exmann Paul Bradshaw?”
    Als sie den Namen aussprach, schrak Eli in seinem Stuhl zurück. Er öffnete den Mund, und für ein paar Sekunden sah es so aus, als wolle er etwas sagen. Dann wurde sein Gesicht wieder ausdruckslos, und er widmete seine Aufmerksamkeit erneut der Aussicht vor seinem Fenster.
    “Jennifer hat mir gesagt, dass Sie sich im Fernsehen Pauls Beerdigung angesehen haben”, redete Julia weiter. Sie erinnerte sich daran, dass Eli Andrew für seinen Sohn gehalten hatte, und sagte: “Und ich habe gehört, dass Sie meinen Sohn gesehen haben.”
    Eli begann zu schaukeln, erst langsam, dann heftiger.
    “Er heißt Andrew”, fuhr Julia fort. “Er ist sechs Jahre alt, fast schon sieben, um genau zu sein. Mit ihm hat man alle Hände voll zu tun.” Sie lächelte. “Sie wissen ja, wie kleine Jungs so sind.”
    Eli schaukelte weiter.
    Julia fühlte sich, als hätte sie die junge Frau enttäuscht. Sie sah Jennifer an und schüttelte den Kopf. “Tut mir Leid, ich fürchte, ich dringe nicht zu ihm durch.”
    “Ich bin diejenige, die sich entschuldigen muss”, sagte Jennifer seufzend. “Ich habe Sie völlig vergeblich herkommen lassen.”
    Julia drückte die Hand der jungen Frau. “Das konnten Sie doch nicht wissen. Außerdem haben Sie nur versucht, ihm zu helfen.”
    Als Julia aufstehen wollte, fühlte sie, wie sich eine kalte Hand um ihren Unterarm legte.
    Sie sah hinab und erkannte, dass Eli sie anstarrte. Seine Augen strahlten und hatten fast etwas Fiebriges. Mit einer Kraft, die für einen so schwachen Mann bemerkenswert war, zog er sie an sich heran. “
Gleic Éire
hat es getan”,

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