Unschuldig!
nicht. Ich weiß von der Hypothek, die Paul von Phil übernommen hatte. Und ich weiß von deinem Besuch in Pauls Haus am letzten Freitagabend.”
Es überraschte sie nicht, dass er so gut informiert war. Charles hatte überall seine Spione. “Dann müsstest du auch wissen, dass ich niemals ins Haus gegangen bin”, sagte sie und hielt seinem Blick stand.
“Ich weiß, du hast ihn gehasst.”
Aus gutem Grund, Charles.
Sie behielt den Gedanken für sich. Auch jetzt, nach Pauls Tod, hatte sie nicht die Absicht, ihr Versprechen ihm gegenüber zu brechen. Sie wollte auch nicht Andrews Leben zu einem Scherbenhaufen machen, indem er erfahren musste, dass sein Vater sie geschlagen hatte. “Ich habe Paul nicht gehasst”, erwiderte sie auf seine Worte. “Und selbst wenn es so gewesen wäre, macht mich das nicht zur Mörderin.”
Die Hände auf dem Rücken verschränkt, sah sich Charles im Zimmer um und nickte von Zeit zu Zeit jemandem zu, den er kannte. Ohne sie anzublicken, sagte er: “Du würdest es ohnehin bald erfahren, also kann ich es dir auch schon jetzt sagen. Ich beabsichtige, das Sorgerecht für Andrew zu beantragen.”
Julia hatte das Gefühl, einen Volltreffer in den Magen erhalten zu haben. Sie umfasste den Rand eines kleinen Tischs, der neben ihr stand. “Das Sorgerecht beantragen?” wiederholte sie schwerfällig. “Du willst mir mein Kind wegnehmen? Hast du den Verstand verloren?”
“Alle sind der Ansicht, dass er bei mir besser aufgehoben ist.”
“Es kümmert mich nicht, was alle meinen.” Sie bemerkte, dass sich eine kleine Gruppe der Gäste umgedreht hatte und zu ihnen sah. Sie atmete tief durch, um einen klaren Kopf zu bekommen, und als das Zittern verschwand, redete sie weiter, diesmal wieder viel ruhiger.
“Andrew ist mein Sohn, Charles, und nichts, was du besitzt – dein Geld, deine Macht, deine Verbindungen –, wird daran etwas ändern.”
In seinen kalten blauen Augen blitzte Feindseligkeit auf. “Und wer wird sich um ihn kümmern, wenn du im Gefängnis sitzt? Oder wenn du Konkurs anmelden und arbeiten gehen musst?”
“Ich werde nicht ins Gefängnis kommen”, sagte sie, während sie es zunehmend schwieriger fand, ihre Wut zu bändigen. “Und so sehr du dir das auch wünschen magst, mein Geschäft wird nicht in Konkurs gehen.”
“Bist du da so sicher?” Charles verzog seinen Mund zu einem dünnen, gehässigen Lächeln. “Du kennst vielleicht noch nicht Pauls Testament, aber die Hypothek, die er von der Monterey Bank übernommen hat, gehört nun mir. Und ich fürchte, dass ich nicht so entgegenkommend sein kann wie Phil, der die Bank in den Ruin gewirtschaftet hat. Oder wie Paul, der statt eines Gehirns nur Marshmallows im Kopf hatte.
Ich
werde darauf bestehen, dass du deine Hypothek so zurückzahlst, wie es vereinbart worden war, nämlich immer zum Ersten eines jeden Monats.”
Sie zuckte nicht mit der Wimper. “Du bekommst dein Geld schon.”
Seine Blicke durchbohrten sie, aber sie hielt ihm stand. “Wie denn? Ich habe mich über dich erkundigt. Diese neue Ferienanlage gleich nebenan bringt dich um. Ich glaube, dass du noch vor dem Ende des Sommers Konkurs anmeldest.”
“Darauf solltest du nicht bauen.” Sie stellte sich vor ihn. “Unterschätze mich nicht, Charles. Und unterschätze nicht, wozu ich in der Lage bin, wenn ich zu etwas getrieben werde.”
In seinen Augen brannte ein grausames Feuer. “Wozu du in der Lage bist, wenn du zu etwas getrieben wirst, weiß ich bereits, Julia. Ich muss es nur noch beweisen.”
Mit aller Willenskraft, die sie aufbringen konnte, verkniff sich Julia eine bissige Erwiderung. Dann, als sie wusste, dass sie es keine Sekunde länger in diesem Haus aushalten konnte, wandte sie sich ab und begann, nach Andrew zu suchen.
“Bist du sicher, dass es dir gut geht?” fragte Grace, als sie alle drei wieder in der “Hacienda” waren. “Seit wir von Charles abgefahren sind, hast du kaum ein Wort gesagt.”
Julia war zwar immer noch von ihrer Auseinandersetzung mit Charles angeschlagen, ließ es sich aber nicht anmerken. Das Letzte, was sie im Augenblick wollte, war, ihrer Mutter Sorgen zu bereiten. “Mir geht es gut, Mom. Es war einfach nur ein anstrengender Tag, weiter nichts.”
Sie half Andrew, sein Jackett auszuziehen, und fragte ihn: “Und was ist mir dir, Süßer? Hast du Hunger? Ich könnte dir ein Sandwich machen.”
Mit einer Hand, die eine Tonne zu wiegen schien, zog Andrew seine Krawatte aus und schüttelte den
Weitere Kostenlose Bücher