Unschuldig!
das Wasser bis zum Hals steht, dann musst du dich auf eine weitere Enttäuschung gefasst machen.”
Charles verdaute die Neuigkeit. So sehr er es auch hasste, musste er doch zugeben, dass Julia eine erfinderische Frau und vielleicht sogar eine bessere Geschäftsfrau war, als er gedacht hatte. Aber er würde Andrew nicht aufgeben. Nicht ohne Kampf. “Was schlägst du jetzt vor, wie wir weitermachen können?” fragte er.
Luther zuckte mit den Schultern. “Im Moment gar nicht. Wenn Julia festgenommen
wird
– und das ist zur Zeit ein großes 'Wenn' –, könntest du eine Chance haben. Aber ich würde nicht darauf zählen. Julia wird das Sorgerecht wahrscheinlich vorübergehend auf ihre Mutter übertragen. Es gibt keinen Grund, warum das Gericht dem nicht zustimmen sollte. Grace Reid ist über jeden Zweifel erhaben und mühelos in der Lage, sich um ihren Enkel zu kümmern.”
Nachdem sie weitere zehn Minuten in diesem Stil diskutiert hatten, verließ Charles die Anwaltskanzlei in der Alvarez Street und wünschte sich, er wäre zu Hause geblieben. Als er auf den Fußweg trat, war er sofort von einer Schar Reporter umlagert, von denen er einige sehr gut kannte.
Froh über diese Gelegenheit, seinen Ansichten Ausdruck zu verleihen, blieb er auf der Türschwelle stehen, während sich Syd Rimer, ein Kolumnist des
San Francisco Star
, in die vorderste Reihe vorkämpfte.
“Mr. Bradshaw, was sagen Sie zu der Möglichkeit, dass
Gleic Éire
hinter dem Anschlag auf Ihren Sohn steht, also die Gruppe, die auch Ihre Tochter umgebracht hat?”
“Das ist eine lächerliche Annahme”, erwiderte Charles scharf. “Völlig unbegründet.”
“Wollen Sie damit sagen, dass die Polizei ihre Zeit verschwendet, wenn sie dieser Spur nachgeht?”
Charles erhob eine Hand. “Das habe ich nicht gesagt. Die Polizei macht nur ihre Arbeit, und dazu gehört es, jede Möglichkeit zu untersuchen. Aber was
mich
angeht, gibt es keinen Beweis, dass
Gleic Éire
darin verwickelt ist.”
“Aber Sie meinen, dass es genügend Beweise gegen Julia Bradshaw gibt?” fragte jemand.
Charles sah zu dem Reporter, der die letzte Frage gestellt hatte, und sah einen großen Mann mit Sonnenbrille und Boston-Red-Sox-Kappe. Er konnte ihn nicht erkennen, aber er wusste, dass er nicht aus der Gegend war. Kein Reporter aus Monterey würde es wagen, in diesem Ton mit ihm zu reden.
“Ja, das glaube ich”, erwiderte er und sah, wie sich der Mann seinen Weg durch die Menge bahnte. “Und das glauben auch die guten Bürger von Monterey. Julia Bradshaw hat meinen Sohn getötet, und ich will, dass sie dafür bestraft wird. Ich vertraue unserer örtlichen Polizei. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden, ich bin in Eile.”
“Welchen Beweis haben Sie denn dafür, dass Julia Bradshaw Paul ermordet hat?” Der Tonfall des Mannes klang wie eine Herausforderung. “Oder sagen Sie das nur, um sie in Misskredit zu bringen, damit Sie das Sorgerecht für Julias Sohn bekommen?”
Charles blieb bei dieser unverhohlenen Attacke fast die Luft weg. Er straffte seine Schultern und warf dem Zwischenrufer, der nicht der Erste war, mit dem er sich in seinem Leben abgegeben hatte, einen eisigen Blick zu.
“Wie heißen Sie, junger Mann?” fragte er. “Und für welche Publikation arbeiten Sie?”
“Warum beantworten Sie nicht einfach die Frage?”
Charles sah ihn giftig an. “Ich versuche nicht, irgendjemanden in Misskredit zu bringen. Ich äußere nur meine Meinung, die auf dem beruht, was ich weiß.”
“Und
was
genau wissen Sie, Mr. Bradshaw?” Der Reporter machte noch einen Schritt nach vorne und blieb direkt vor Charles stehen.
Charles' Herz pochte wie wild in seiner Brust. Er traute seinen Augen kaum.
Trotz der Sonnenbrille hätte er dieses Gesicht immer wieder erkannt. Das war Steve Reyes, ein Mann, den er fast so sehr hasste wie die Männer, die seine Tochter auf dem Gewissen hatten.
Angesichts der Kameras, die von allen Seiten auf ihn gerichtet waren, zwang sich Charles, Ruhe zu bewahren. Er würde sich von diesem Bastard nicht in aller Öffentlichkeit in eine Auseinandersetzung hineinziehen lassen.
“Wenn Sie das nicht wissen”, sagte er schließlich unter Aufbietung aller Selbstbeherrschung, “dann haben Sie die Bezeichnung Reporter nicht verdient.”
Dann ging Charles etwas steifer als üblich an ihm vorbei zu seinem Wagen, der am Straßenrand geparkt war.
Charles benötigte genau viereinhalb Minuten, um herauszufinden, wann Steve Reyes in die Stadt
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