Unschuldiges Begehren
keine Skrupel, wenn es darum ging, sich etwas anzueignen, was ihr auch nur im Entferntesten gefiel.
»Wie heiÃt das Mädchen?«, fragte Hailey sie. »Ich werde ihm einen Scheck ausstellen.«
»Stell ihn doch einfach auf meinen Namen aus.«
»Wie heiÃt es?«, wiederholte Hailey streng, während sie ihr Scheckheft aus der Tasche zog.
Beleidigt nannte Ellen ihn, und ohne ein Wort des Tadels hielt Hailey ihr das Schriftstück hin. Ihre Körpersprache drückte ihre Gedanken bereits mehr als deutlich aus, und Ellen murmelte beinahe etwas schuldbewusst: »Danke, Hailey. Du bist wirklich die beste Schwester, die â¦Â«
»Ich bin die einzige Schwester, die du hast. Und nur darum bist du hier. Tu bitte nicht so, als wärst du aus irgendeinem anderen Grund hier aufgekreuzt.«
»Warum bist du plötzlich so gemein?«, fragte Ellen sie beleidigt.
Hailey aber antwortete nicht, sondern öffnete schon die Tür und gab Ellen dadurch zu verstehen, dass sie wieder verschwinden sollte. SchlieÃlich hatte sie ihr Ziel erreicht.
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Tyler hatte es sich auf der Couch bequem gemacht, ein Bein über das andere gelegt und blätterte gemütlich eine Zeitung durch.
»Ist Ihnen eigentlich klar, was für ein unglaublicher Schatz sie ist?«, erkundigte Ellen sich mit gespielter Zärtlichkeit und nahm Hailey in den Arm.
»Ich glaube, es ist ihr selbst nicht klar«, gab Tyler ruhig zurück. Er stand vom Sofa auf und studierte Haileys unglückliches Gesicht.
Hailey jedoch war für seine Worte taub. Alles, was sie sah, war Ellen, die den Scheck zu einem ordentlichen kleinen Rechteck faltete und provozierend langsam in der Brusttasche des eng sitzenden Hemds verschwinden lieÃ.
»Hat mich total gefreut, Ihre Bekanntschaft zu machen, Tyler«, sagte sie, trat auf ihn zu, schlang ihm einen ihrer Arme um den Hals, zog ihn zu sich herab und gab ihm einen schwesterlichen Wangenkuss.
Hailey beobachtete, wie Ellen ihre vollen Brüste sanft an seinem Oberkörper rieb, bevor sie sich endlich wieder von ihm löste und mit einem »Wiedersehen, Hailey. Danke« so plötzlich verschwand, wie sie gekommen war.
Ihre Schritte hörten sich für Hailey wie das Läuten dumpfer Totenglocken an. Sie starrte reglos auf die Tür, bis auf einmal ein Paar starker Hände ihre Schultern packte und jemand in ihrem Rücken fragte: »Wie siehtâs jetzt mit Essen aus?«
Das köstliche Aroma der gebratenen Steaks wehte ihr entgegen, und obwohl ihr bei der Vorstellung, etwas
zu essen, übel wurde, nickte sie entschlossen mit dem Kopf. »Okay.«
»Gut, denn ich bin halb verhungert.« Tyler küsste ihren Nacken, drehte sie dann zu sich um und schob sie durch die Küchentür. »Das Essen â das fantastisch aussieht  â steht schon auf dem Tisch, und ich habe auch die Weinflasche bereits aufgemacht, damit der Wein noch etwas atmen kann.«
Er zwang sich zu einem leichten Plauderton und versuchte fortzufahren, wo sie unterbrochen worden waren. Dabei wäre er doch sicher lieber Ellen hinterhergerannt. Welcher Mann begnügte sich schlieÃlich schon gern mit Quarz, wenn auch ein funkelnder Diamant zu haben war?
Während sie vor ihren Tellern saÃen, sprach er über seine Pläne für den Park, gratulierte ihr zu der Idee, die sie ihm am Morgen unterbreitet hatte, schwärmte von dem wunderbaren Essen, das er mit Genuss verschlang, wohingegen sie nur hin und wieder einen kleinen Happen zwischen ihre Lippen zwang und selbst kaum etwas sprach. Warum setzte er diese Scharade überhaupt noch fort? Wieso sagte er nicht einfach gute Nacht und ging? Tat sie ihm etwa leid?
Dieser Verdacht begann an ihr zu nagen, und sie wurde trotzig und gereizt. Sie brauchte und sie wollte weder Tylers Mitleid noch sein Mitgefühl. Ihre Antworten auf seine Fragen fielen immer knapper aus, und kaum hatte er den letzten Löffel seiner Mousse au Chocolat aus seinem Glas gekratzt, erklärte sie, die Küche sähe furchtbar aus und sie würde erst mal Ordnung machen gehen.
Höflich brachte er ihr das Geschirr, lieà sie dann aber allein, und es war das reinste Wunder, dass das Porzellan ihre Behandlung schadlos überstand, da sie mit jedem Knallen einer Schranktür, jedem Klappern des Bestecks und jedem Klirren eines Tellers Tyler überdeutlich zu verstehen gab, dass ihr nichts mehr an seiner Gesellschaft
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