Unser Autopilot - wie wir Wünsche verwirklichen und Ziele erreichen können
Einfluss zur Wehr setzen oder gegen einen Impuls angehen, so muss man sich seines Verstandes bedienen. Nehmen wir an, mein Arzt rät mir, wegen meiner Magenprobleme mehr gute Joghurts zu essen. Da steht man dann vor dem Regal und hat die Qual der Wahl zwischen 40 Sorten. Um herauszufinden, welcher der Joghurts der beste ist, müsste ich umständlich Informationen zum Thema sammeln und im Supermarkt die mikroskopisch kleinen Kalorienangaben und Zusatzstoffe auf den Bechern entziffern – dafür brauche ich Zeit. Impulsiv würde ich vermutlich eher nach dem Produkt greifen, das am gesündesten aussieht – einem, wo »Bio« draufsteht und »probiotisch« und »Immunsystem« und anderer medizinischer Kram und auf dem eine echte Kuh auf grüner Weide kotzglücklich aussieht. Vermutlich würde ich in einer solchen Situation auch nicht den billigsten nehmen, denn billig, so habe ich abgespeichert, kann ja nicht gut sein.
Nun, werden Sie sagen, der lässt sich ja schön von anderen verführen. Ja, sage ich dann, so wie Sie auch. Aber diese Entscheidung ist so schlecht auch wieder nicht. Sollte Bio und teuer und probiotisch tatsächlich etwas mit Qualität zu tun haben (in diesem Falle wäre das sogar anzunehmen), dann ist eine schnelle Entscheidung, die auf solchen oberflächlichen Informationen beruht, nicht unbedingt schlecht. Man könnte sogar sagen, dass ich meinem Autopiloten dieses Programm – natürlich im sozialen Kontext – selbst geschrieben habe.
Unser Alltag erfordert es, häufig unter Zeitdruck zu entscheiden, die Vernunft bekommt nur dann eine Chance, wenn wir Zeit haben. Muss man, wie zum Beispiel neuerdings bei Zigaretten erst umständlich darum bitten, dass das Gitter geöffnet wird, hat man zumindest kurz die Möglichkeit, sich die getroffene Entscheidung bewusst zu machen. Dass Vernunft allein jedoch kein Garant für eine gute Entscheidung ist, wird in Prinzip 4, in dem es um unbewusste und bewusste Zielerreichung geht, diskutiert werden.
Das RIM -Modell stellt den impulsiven Entscheidungsweg dem reflektierten gegenüber, ohne dabei eine Wertung vorzunehmen. Beide Wege der Urteilsfindung ermöglichen es uns, in nahezu allen Situationen zu einer Entscheidung zu kommen.
Was kosten Sie denn so?
Der Nutzen automatisierter Verhaltensweisen liegt vor allem in der Zeitersparnis. Verhaltensroutinen wie Heuristiken helfen uns dabei, unseren relativ komplexen Alltag ohne großen Zeitaufwand zu bewältigen. Bezieht man die Zeit als wirtschaftlichen Faktor mit ein, so kann spontanes, impulsives Verhalten mitunter sogar vorteilhafter sein als wohlüberlegte Entscheidungen.
Nehmen wir einmal an, Sie stehen in New York auf der Fifth Avenue vor einer Konditorei. Der Kuchen ist natürlich teuer, sagen wir, er kostet 4 Dollar mehr als ein vergleichbarer an der Upper West Side. Nehmen wir an, Sie folgen Ihrem spontanen Impuls, betreten das Café und bestellen einen Rugelach (dieses leckere jüdische Gebäckstück), der Ihnen von einer zuvorkommenden Bedienung auf schönem Porzellan serviert wird. Sie genießen das Ambiente, bleiben ein wenig länger sitzen, beobachten die feine, wie hingetupft wirkende ältere Dame mit den gezupften Augenbrauen in ihrem lindgrünen Ensemble, spinnen sich in ihre Biographie hinein und vergessen die Welt für einen Moment.
Sind Sie jetzt auf Ihren Impuls reingefallen? Auf Ihre tierische Gier, hier und jetzt zu einem überteuerten Preis ein Stück Kuchen zu essen? Oder sind Sie gar ein Opfer der Geschäftemacher, die den Ruf der Fifth Avenue als exquisite Einkaufsstraße künstlich hochhalten und Ihnen das Geld aus der Tasche ziehen? Dieser Firlefanz, dieser minderwertige Marmor, der hohe Preise rechtfertigen soll, die Kellner mit den gegelten Haaren, der livrierte Herr, der Ihnen auf der Toilette ein Handtuch angibt. Böse reingefallen auf billige Tricks? Ja und Nein. Geschäftsleute tun üblicherweise alles in ihrer Macht Stehende, um uns durch allerlei Tand zum Kaufen zu verführen, und wenn Sie ein Sparfuchs sind, sollten Sie sich vor solchen Tricks hüten. 32
Sollten Sie? Man könnte auch eine andere Rechnung aufmachen: Nehmen wir an, Sie entscheiden sich, ein Stück Kuchen zu kaufen, das 4 Dollar günstiger ist. Nehmen wir an, im Hungarian Café an der Upper West Side. Dort habe ich oft Kuchen gegessen, die sind wirklich gut. Allerdings müssten Sie, wenn Sie jetzt an der Fifth Avenue sind, berücksichtigen, dass Sie erst einmal ungefähr eine Dreiviertelstunde dorthin laufen
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