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Unser empathisches Gehirn: Warum wir verstehen, was andere fühlen (German Edition)

Unser empathisches Gehirn: Warum wir verstehen, was andere fühlen (German Edition)

Titel: Unser empathisches Gehirn: Warum wir verstehen, was andere fühlen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Keysers
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attraktiver zu finden. David Buss von der University of Michigan und Michael Barnes von der Yale University führten gemeinsam eine Befragung von Studenten durch, um herauszufinden, auf welche Merkmale diese bei der Partnersuche Wert legten. 111 Anschließend ließen sie von ihren Teilnehmern eine Reihe von Fragebögen ausfüllen, die verschiedene Merkmale der Probanden selbst erfassten. Dabei stellte sich heraus, dass die Teilnehmer im Hinblick auf Persönlichkeit, Einstellungen, Attraktivität und sozioökonomischem Status nach Partnern suchten, die ihnen glichen. Extrovertierte Menschen mögen extrovertierte Menschen. Religiöse Menschen mögen religiöse Partner. In vielen anderen Studien wurde Ähnliches festgestellt. In der zweiten Gruppe von Forschungsdaten geht es nicht um die Frage, wen wir attraktiv finden, sondern um den Einfluss, den Gleichartigkeit auf Ehezufriedenheit und Scheidungsrate ausübt. Weisfeld und seine Kollegen in Großbritannien 112 befragten 1053 Ehepaare und stellten fest, dass Paare, die sich in Hinblick auf Bildung, Intelligenz und Attraktivität glichen, glücklicher waren, wie sich zeigte, als sie gefragt wurden, ob sie ihre Entscheidung bedauerten (»Haben Sie jemals daran gedacht, sich von Ihrer Frau/Ihrem Mann scheiden zu lassen?« oder »Wenn Sie die Wahl hätten, würden Sie Ihren Partner noch einmal heiraten?«), wie unangenehm ihr Partner sei (»Wie oft haben Sie einen ernsthaften Streit?« und »Ist Ihr Mann/Ihre Frau wirklich gemein zu Ihnen?«) und wie befriedigend die Beziehung in sexueller Hinsicht sei (»Finden Sie sexuelle Erfüllung in Ihrer Ehe?« und »Würden Sie sich wünschen, dass sich Ihre Frau/Ihr Mann Ihnen gegenüber sexuell ansprechbarer zeigte?«).
    Die Wahl gleichartiger Beziehungspartner, die sogenannte Homogamie (nach griechisch »homos« – gleich – und »gamos« – Ehe), kann zahlreiche Gründe haben. Biologen nehmen an, dass bei einem gleichartigen Partner die Wahrscheinlichkeit für ähnliche Gene spricht. Dann haben beide Eltern nämlich mehr Gene mit den Nachkommen gemeinsam, als es bei ungleichartigeren Partnern der Fall ist. Denn neben den Genen, die sie von der Mutter erhalten, bekommen die Nachkommen auch vom Vater Gene, die zufällig mit denen der Mutter übereinstimmen (das gilt auch aus der Sicht des Vaters). Weiterhin vermuten Biologen, dass Individuen Partner suchen, die körperlich ungefähr so attraktiv sind wie sie selbst, weil bei einem Partner, der sehr viel attraktiver ist als der andere, die Wahrscheinlichkeit größer ist, dass er sich einem attraktiveren Partner zuwendet. Egal, was für evolutionäre Gründe unsere Neigung zur Wahl gleichartiger Partner hat, unter dem Blickwinkel der gemeinsamen Schaltkreise wirkt sich diese Tendenz sehr positiv aus. Ein ähnlicher Partner lässt sich durch Simulation besser erkennen und vorhersagen, wodurch der angenehme Eindruck einer Gleichgestimmtheit entsteht. Halten wir also fest: Gegensätze mögen sich zwar anziehen, doch wenn Sie sich eine Beziehung wünschen, der Dauer beschieden ist und die Sie glücklich macht, halten Sie sich lieber an die Maxime »Gleich und Gleich gesellt sich gern«, und geben Sie der Simulation eine Chance!
    Natürlich existiert es bei keinem Paar eine vollkommene Übereinstimmung. Wir heiraten nicht uns selbst. Ein bisschen Überraschung und Unterschiedlichkeit sind in jeder Paarbeziehung angenehme Herausforderungen. Sie eröffnen uns die Möglichkeit, neue Aspekte der Welt kennenzulernen, und aus evolutionärer Sicht verhindert das die Inzucht, deren Nachteile sattsam bekannt sind. In einer stabilen, erfüllten Paarbeziehung beruhen diese Unterschiede auf einer soliden Grundlage von Gleichartigkeit. Die Entdeckung der gemeinsamen Schaltkreise verrät uns, dass wir uns dort, wo wir uns gleichen, auf unsere Intuition verlassen können, während wir in Bereichen, wo wir uns unterscheiden, auf sie achtgeben müssen, weil sie uns zu dem irrigen Schluss führen kann, unser Partner würde genauso fühlen wie wir.
    Je mehr man erfährt, desto mehr versteht man
    Beziehungen sind Situationen, in denen Empathie zu einer erstaunlich engen Bindung führen kann, aber auch Situationen, in denen wir besonders wenig Toleranz dafür aufbringen, dass wir den anderen nicht verstehen. Doch in der Regel stoßen wir außerhalb unserer Beziehungen auf die Grenzen der Empathie. So sehen wir vielleicht jemanden täglich schwimmen und fragen uns verständnislos, wie dieser Mensch jeden

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