Unser Leben mit George
war ein völlig anderer Typ
als ihre Vorgänger, von denen die meisten, genau wie Gremlin, auf den Straßen
von London ihr Ende gefunden hatten. (»Entweder Sie sperren sie ein, oder Sie
erlauben ihnen, draußen ihr Leben zu genießen«, hatte mir ein sehr
pragmatischer Tierarzt gesagt, nachdem ich zum zweiten Mal eine Katze durch
einen Verkehrsunfall verloren hatte. »An Ihrer Stelle würde ich akzeptieren,
dass es für das Tier besser ist, ein kurzes, aber schönes Leben zu haben.«)
Monster Mog war unfreundlich, grob und unzurechnungsfähig wie das
sprichwörtliche Büroekel: Sie konnte honigsüß sein, aber man wusste nie, wann
ihre Laune umschlagen würde, also vermied man es, sich unnötig mit ihr
abzugeben. Manchmal rollte sie sich auf meinem Schoß zusammen, ließ sich
streicheln und schnurrte zufrieden, um plötzlich hochzufahren und einem ohne
Warnung mit den Krallen eins auszuwischen, so dass man blutige Kratzer auf den
Armen hatte. Ein andermal wieder sprang sie einem auf die Schulter und schmuste
zärtlich, um einem im nächsten Augenblick ihre Zähne in den Hals zu schlagen.
Wenn man Monster Mog aufhob, kämpfte sie sich sofort wieder frei, setzte man
sie aber hin, so tatzelte sie einem die Beine, weil sie wieder auf den Arm
wollte. Ahnungslose Besucher, die sich von ihrem trügerisch freundlichen
Gesicht verleiten ließen und unsere Warnungen nicht ernst nahmen, wurden oft Opfer
ihrer unberechenbaren Launen. Ich selbst trug viele Spuren unserer
Zusammenstöße — eine Narbe am Hals, Bissspuren auf Handrücken und an den
Knöcheln und einen kleinen Kratzer gefährlich nahe an meinem linken Auge.
Wenn es einen triftigen, psychologisch
nachvollziehbaren Grund für das Benehmen von Monster Mog gegeben hätte — eine
grausame Kindheit vielleicht, oder das Trauma der Einzelhaft in einem
Katzenheim — , hätte ich Verständnis für sie gehabt. Aber wir hatten sie, seit
sie zwölf Wochen alt war, und wir kannten die Familie, aus der sie kam. Soweit
ich wusste, hatte sie nie etwas anderes als Liebe kennengelernt.
Jetzt war Monster Mog fünf Jahre alt
und lebte überwiegend ihr eigenes Leben. Obwohl sie regelmäßig zu den
Mahlzeiten auftauchte, verschwand sie immer bald darauf durch die Katzenklappe,
wobei sie dieselbe Gleichgültigkeit an den Tag legte wie ein launischer
Teenager, dessen Eltern ihm Vorhalten, er sehe das Haus nur noch als Hotel an.
Und wie einer nur mit sich selbst beschäftigten Sechzehnjährigen war es ihr
völlig egal, wie ihr Benehmen bei uns ankam, ihrer Familie, für die sie
bestenfalls mitleidige Verachtung empfand. Hätte sie das Radio einschalten
können, wenn sie in den frühen Morgenstunden nach Hause kam, dann hätte sie
wahrscheinlich Gangsta-Rap gehört, und zwar volles Rohr.
Ich hatte schon lange aufgehört, nach
Entschuldigungen für Monster Mogs Verhalten zu suchen. Bekannte hatten mir
geraten, sie wegzugeben, da es ihr bei uns offenbar nicht gefiel, aber ich
brachte es nicht fertig. Trotz ihres schwierigen Charakters gehörte sie nun mal
zur Familie und wir mochten sie noch immer, besonders Joshua. Außerdem hatte
ich die Verantwortung für sie. Ich finde, wenn man sich ein Tier anschafft, ist
es ein bisschen wie mit einem Lebenspartner: man gehört zusammen, in guten wie
in schlechten Tagen.
Natürlich hatte ich Mrs Colman gesagt,
dass wir eine Katze haben. Da sie das nicht weiter zu stören schien, hatte ich
erwartet, George würde auf dieselbe Weise reagieren. In den meisten Familien — einschließlich
unserer Freunde, den Alwyns, durch deren Menagerie wir überhaupt erst auf den
Gedanken gekommen waren, uns George anzuschaffen — lebten Hunde und Katzen in
friedlicher Koexistenz zusammen, und falls Monster Mog sich Freiheiten
herausnehmen sollte, dann würde ein lautes Bellen von George sie doch sicher an
ihren Platz verweisen. Schließlich war er mit seinen fünf Monaten größer als
sie. Und er war ein Hund, traditionsgemäß der schlimmste Feind der Katze, also
müsste er eigentlich in jedem Machtkampf locker die Oberhand behalten.
Wie kann man sich nur so irren? Ich
hatte Monster Mogs Charakter nicht bedacht, genauso wenig wie ihre
Gebietsansprüche. Monster Mog war nicht nur ein Monster, sie hatte auch als
Erste hier gewohnt. Obwohl sie, solange Udi lebte, nie ins Schlafzimmer durfte —
er war kein großer Katzenfreund — , hatte sie es sich in letzter Zeit
angewöhnt, mich zu besuchen, wenn sie in den frühen Morgenstunden nach Hause
kam, und oft schlief
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