Unser Leben mit George
mich zu bemitleiden. Bis
vor zwei Jahren, als alles auseinanderfiel, war mein Leben ausgesprochen
glücklich gewesen. Wie bei den klassischen »selbstgefälligen Ehepaaren« von Bridget
Jones hatte ich ein schönes Heim, ein interessantes Leben, einen Partner,
der mich liebte, eine wunderbare Großfamilie, ein gesundes Kind und zwei
entzückende erwachsene Stieftöchter, mit denen ich mich ausnehmend gut
verstand. Obwohl ich meinen Mann und meinen Vater verloren hatte, war mir doch
noch sehr viel geblieben. Außerdem hatte ich, im Gegensatz zu vielen Frauen in
meiner Lage, ein sicheres Dach über dem Kopf und genug Geld auf dem Konto, um
mir für die nächsten Monate keine Sorgen machen zu müssen.
Aber was würde dann passieren? Ich war
im Geldverdienen noch nie besonders erfolgreich gewesen. Mein ") früheres
Berufsleben war bewegt, um es gelinde auszudrücken. Ich hatte mit Anfang
zwanzig die Kunstakademie hingeschmissen und war aushilfsweise Verkäuferin,
Sekretärin (eine, die weder Steno oder Schreibmaschine noch die Rechtschreibung
beherrschte), Verwalterin — ohne jegliche Fachkenntnisse — einer revolutionären
linken Theatergruppe, Auszubildende als Filmcutterin bei der BBC,
Fremdenführerin in London, freischaffende Journalistin und in letzter Zeit
Verfasserin von vier veröffentlichten Romanen und eines Geschichtsbuches, von
denen keines auf der Bestsellerliste stand. Als erfolgreicher Fernsehproduzent
hatte Udi immer viel mehr verdient als ich. Wie konnte ich mit meinem schmalen
Einkommen unseren angenehmen Lebensstandard weiterführen?
Gedanken dieser Art hielten mich jede
Nacht wach. Ich litt fast ständig unter Schlaflosigkeit, und früh am Morgen
rief ich oft Freunde in den USA an, weil ich wusste, dass sie noch wach waren,
um mit ihnen zu plaudern. Wenn ich dann schließlich einschlief, meist mit Hilfe
von Schlaftabletten, wachte ich beim leisesten Geräusch wieder auf. Obwohl wir
hier im Norden von London weniger als einen Kilometer von einer der belebtesten
Ausfallstraßen entfernt wohnten, war unsere Straße nachts überraschend ruhig.
Es gab so wenig Verkehr bei uns, dass ich Eulen schreien und Füchse rascheln
hörte, wenn sie sich an den Mülltonnen zu schaffen machten. Von der nahen Heide
hörte man gelegentlich sogar das Schreien eines Dachses. Oft, wenn ich ohne
besonderen Grund schon früh um vier aufwachte, nachdem ich vielleicht zwei
Stunden gedöst hatte, empfand ich die Stille um mich her als unheimlich und
bedrückend. War es so, wenn man tot war? Diese morbide Frage kam mir dann oft.
Ich kann auch nicht behaupten, dass es ein großer Trost war, wenn ich Monster
Mog zusammengerollt am Fußende meines Bettes vorfand. Dennoch, ich war froh,
dass sie überhaupt da war.
Aber heute war ich mir dessen nicht so
sicher. Sie war heimgekommen und hatte — größter Schreck aller Schrecken — einen
jungen Hund an ihrem Stammplatz vorgefunden. Ihr Fauchen wurde lauter und
lauter, und Joshua, der wusste, wie bösartig sie sein konnte, saß kerzengrade
im Bett und starrte sie angsterfüllt an. Inzwischen hob George nichtsahnend den
Kopf aus der Kuhle, in der er zwischen uns gelegen hatte, und sah Monster Mog
mit jener Art neugieriger Freundlichkeit an, wie sie ein kleines Kind zeigt,
das im Kindergarten auf einen lächelnden Erwachsenen trifft. Es war klar, dass
er noch nie so etwas wie Monster Mog gesehen hatte, und er reagierte nicht so,
wie Hunde es normalerweise Katzen gegenüber tun. Statt sie anzuknurren, wie
andere Hunde es getan hätten, streckte er ihr seine süße schwarze Nase entgegen
und beschnüffelte sie zart, fast muss man sagen höflich.
Monster Mog war nicht beeindruckt. Sie
fauchte ihn an, dann fuhr sie zurück. George verstand immer noch nicht. Pfote
um Pfote, mit vorsichtig wedelndem Schwanz, schob er sich auf die neue Freundin
zu. Wieder fauchte sie ihn an. Überrascht, aber nicht abgeschreckt, wischte
George sich mit der rechten Pfote den Speichel vom Gesicht, und da er das Ganze
für ein Spiel hielt, rutschte er noch näher.
»Mach was, Mama!«, flüsterte Joshua.
»Monster Mog wird ihm bestimmt gleich wehtun!«
»Keine Sorge«, sagte ich. »Er ist ein
Hund. Ich denke, er wird schon selbst damit fertig.«
In dem Moment sprang Monster Mog George
an und fetzte mit ihrer rechten Vorderpfote über sein Ohr. Statt sich zu
wehren, jaulte er auf, drehte sich um und tauchte zwischen Joshua und mir unter
die Decke. Nach zwei Minuten erschien vorsichtig seine zitternde
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