Unser Mann in London
eingebaut – und nicht daran gedacht, dass die Decke extrem niedrig war. Man verbrannte sich die Kopfhaut an der Beleuchtung. Ich gewöhnte mir eine geduckte Duschhaltung an.
Nach dem Duschen war das Bad zirka zwei Stunden nicht zu betreten. Es hatte sich in eine Sauna verwandelt, weil bei der Konstruktion nicht an ein Fenster gedacht worden war.
Solche Probleme habe er nicht, sagte Sebastian Svärd, mein Kollege bei Arsenal, als auch er von der Gastfamilie in eine eigene Wohnung umgezogen war, bei ihm sei es wirklich cool. Eine Woche später kam er schlecht gelaunt zum Training. Er habe Toilettenverbot von 22 bis 7 Uhr, brummte Sebi.
Seine Nachbarn hatten geklingelt. Das Rauschen, schlimmer als ein Wasserfall, sei unerträglich, wenn er nachts die Toilettenspülung betätige, von den anderen Geräuschen auf der Toilette einmal ganz abgesehen. Sie würden alles hören, als ob sie neben ihm im Bad stünden. Die Wohnungen trennten nur Rigipswände, keine Isolierung, keine Schalldämpfung.
You have to get on with things
ist das große Londoner Lebensmotto: Du musst dich mit den Dingen arrangieren. So hatte ich mir in meinem Gastzimmer bei den Flints nach einer Weile auch nichts mehr dabei gedacht, als ich im Winter immer eine Stunde lang die Heizung aufdrehte, sie dann eine halbe Stunde ausschaltete und sie erneut eine Stunde anmachte. Bei eingeschalteter Heizung wurde es schnell unerträglich stickig. Ohne Heizung wurde es noch schneller eisig kalt. Regulieren ließ sie sich nicht. Egal ob der Schalter auf Stufe 1 oder 5 stand, die Heizung lief immer mit voller Kraft. Aber ich arrangierte mich.
Es gab allerdings Situationen, da nutzte es nichts, die Dinge einfach hinzunehmen und das Beste daraus zu machen. Hartnäckiges Tropfen in der Heizungsanlage fiel in diese Kategorie. Als ich den Installateur in die neue Wohnung in Fulham bestellt hatte, hoffte ich, er könne das Problem lösen, und ahnte gleichzeitig, dass er es nur schlimmer machen würde. Es liegt offenbar in der menschlichen Natur, auch dann noch zu hoffen, wenn man es aus Erfahrung eigentlich besser wissen sollte.
Es war Winter, und der Mann aus dem weißen Wagen trug nur ein T-Shirt. Er verschwand im Heizungsraum. «Ach du lieber Gott», brüllte er, kaum hatte er sich an die Arbeit gemacht. «Mister Volz?»
Ich ging wie in Trance zu ihm, bereit für das Unausweichliche.
Das ganze Heizsystem war eine einzige Katastrophe, wer bloß auf die Idee gekommen war, es auf diese Art anzuschließen, eigentlich müsste man eine komplett neue Anlage installieren. Aber er habe jetzt mal etwas versucht, vielleicht ginge es auch so, Gott sei Dank hatte ich ihn gerufen, wenn ich bitte mal kurz schauen würde: Es tropfte schon nicht mehr.
In den kommenden Tagen bildete ich mir manchmal ein, ich würde es noch tropfen hören. Aber da waren keine Wasserspuren, die Heizungsanlage blieb wirklich trocken. Ich hatte tatsächlich einmal mit einem Mann im weißen Wagen Glück gehabt. Bis es einige Wochen später an einer anderen Stelle tropfte.
Ich sah nach. Der Installateur hatte einfach eine kleine Glasschale unter die undichte Stelle in den Boiler gestellt, um das Wasser aufzufangen. Nun war das Schälchen voll und lief über.
Ich glaube, insgesamt begutachteten in den folgenden Monaten sechs verschiedene Installateure das Problem. Der eine fluchte: «Ein absoluter Wahnsinn, welcher Narr hat denn das System angeschlossen?», und veränderte den Stromkreislauf. Der Nächste glaubte: «Ich hab’s, die Ventile schließen nicht mehr», und wechselte sie aus. Ein anderer schlug vor, die gesamten Heizrohre auszutauschen, diese hier könnten mit der ätzenden Heizflüssigkeit reagieren, eine Unverschämtheit, wer die bloß eingesetzt hätte, am besten rissen wir sofort in allen Zimmern die Wände auf und wechselten sie aus.
Jeder von ihnen gab uns das Gefühl, die Wohnung fliege sofort in die Luft. Gott sei Dank sei er gekommen. Vielleicht löste jeder von ihnen tatsächlich ein Problem. Aber mir kam es vor, als modelten sie immer nur die Pseudolösung ihres Vorgängers um. Irgendwann schien der Boiler tatsächlich ohne Tropfen zu funktionieren. Alle anderen Fehler im System, die vielleicht noch existierten, behob ich auf meine Art. Ich ignorierte sie.
Für einen Londoner Handwerker sind immer alle anderen Londoner Handwerker Tölpel. Das ist keine Attitüde, um sich besser darzustellen, das ist eine felsenfeste innere Überzeugung. Denn jeder Londoner
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