Unser Mann in London
gut, das freut mich.»
Ich weiß nicht mehr genau, wie David vom Steuerberater zu meinem Agenten wurde, aber ich vermute einmal, dass ist die Kunst eines Agenten: Die anderen merken gar nicht, was er gerade erreicht hat.
Er begleitete mich zu den Vertragsgesprächen mit Fulhams Geschäftsführer David McNally. Fulham bot mir eine Verlängerung für vier Jahre bis 2011 an, und ich hatte mich selbst mehr oder weniger überzeugt, dass ich in Fulham bleiben wollte. Aber im Fußball können trotz solch einer grundsätzlichen Einigkeit noch tausend Details die Unterschrift verhindern. Irgendwann beim Ziehen und Zerren an diesen Details verlor der Geschäftsführer die Nerven und fing an, uns anzubrüllen: «Dies ist ein vorzüglicher Vertrag! Entweder ihr unterschreibt ihn jetzt, oder ihr lasst es.» David und ich sahen betreten weg. Ich konnte spüren, wie unangenehm meinem Agenten, dem Gentlechap, McNallys Ausbruch war. David machte, was Engländer gerne machen: Er tat, als habe er nichts gehört, nichts gesehen.
Noch einige Male brauste McNally auf. Jedes Mal redete David darüber hinweg, als habe es diese cholerischen Anfälle nicht gegeben.
«McNally war außer Kontrolle», sagte David, als wir das Büro verlassen hatten. «Er warf seine Puppen aus dem Kinderwagen!» In seiner Stimme lag mehr aufrichtiges Bedauern über den Gesichtsverlust des Geschäftsführers als Tadel. Sich selbst hatte David zu meinem Erstaunen in der Diskussion ganz anders erlebt als ich ihn: «Aber ich habe McNally auf seinen Platz verwiesen. Ich habe ihm klargemacht, dass er ein Limit überschritten hat.» Zufrieden machte sich David auf den Nachhauseweg, und ich dachte, kein Wunder, dass ein Land mit Typen wie David so wunderbare Ausdrücke hervorgebracht hat: Burschen wie ihn nannte man
bigger than life character
. Ein Typ, größer als das Leben.
Im Dezember 2006 verlängerte ich meinen Vertrag beim FC Fulham, nachdem David praktisch alle meine Detailvorstellungen durchgesetzt hatte. So hatte ich mich nur für drei weitere Spieljahre an den Verein gebunden statt wie vom Geschäftsführer gewünscht für vier. Ich dachte, erst einmal schauen, wie sich die Sache in Fulham entwickelte. Bis Sommer 2009 würde mein Vertrag währen. Wenn ich Glück hatte, schaffte ich bis dahin sogar mein Abitur.
Ich hatte Neuigkeiten für David und Steve. Anneke und ich würden heiraten. Wir hatten es schon mit 13, in der Schulaula, beschlossen. Steve sollte unser Trauzeuge sein.
«Auf keinen Fall!», sagte er. «Dann müsste ich ja eine Rede halten. Niemals!»
Ich danke meinem Berater Dave für seine wunderbare Rede auf meiner Hochzeit – auch wenn es so aussieht, als kontrolliere ich seinen Haarausfall.
David sagte: «Dazu noch kurz Folgendes, jemand muss doch eine Rede im Namen der Gäste halten. Soll ich dies übernehmen?»
Es ging ihm nicht darum, sich wichtig zu machen. Es war ihm ein wirkliches, tiefes Anliegen, zum Gelingen der Hochzeit beizutragen.
Steve überredeten wir mit dem Versprechen, dass er ein stummer Trauzeuge sein dürfe. Er müsse nichts sagen, nur da sein.
Gary, der Klubpfarrer, traute uns in der Saint-Simon-Zelotes-Kirche. Tags zuvor hatte er noch mit mir Golf gespielt, um meine Nerven zu beruhigen. Nach der Zeremonie feierten wir im Haymarket-Hotel, denn das war mir sehr wichtig: dass zum Hochzeitsessen der Fünf-Uhr-Tee gehörte. David erhob sich, um seine Rede zu halten. Sein Gesicht strahlte vor Zufriedenheit. Er dankte Anneke, dass sie mir zumindest so etwas Ähnliches wie einen Modegeschmack beigebracht hatte. «Anneke», fügte David flehend an und machte eine Kunstpause. «Bitte arbeite als Nächstes an seinem Humor.»
Als David und die anderen ihre Reden gehalten hatten, war es an mir, zu den Gästen zu sprechen. Ich sagte: «Im Fußball ist der reinste Moment des Glücks das Tor. Und da ich mich heute fühle wie nach dem schönsten Tor, möchte ich gemeinsam mit euch jubeln.» Dann rannte ich in Anwesenheit von Leddy durch den Hochzeitssaal und vollführte die Mick-Channon-Windmühle.
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Siebzehn Mein liebster Strandwächter
Fünf Dinge, für die wir Deutschen in England berühmt sind: Parkettboden verlegen. Elfmeter schießen. Die Hotelpool-Liegen mit Handtüchern reservieren und dann stundenlang zum Frühstück verschwinden. Stonewashed-Jeansjacken und T-Shirts mit Husky-Aufdrucken tragen. David Hasselhoffs Lieder hören.
Ich dachte, was für ein Unsinn, aber dann … entsann ich mich,
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