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Unser sechzehntes Jahr (German Edition)

Unser sechzehntes Jahr (German Edition)

Titel: Unser sechzehntes Jahr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Salchow
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keine Ahnung, was danach geschehen ist. Ist irgendwas zwischen euch passiert? Es muss doch einen Grund für all das geben."
    So spontan, wie er am Tisch Platz genommen hat, erhebt er sich wieder. Sein Blick ist kühl. Die Distanz zu ihr wird wieder größer.
    "Ich weiß nicht, was dich auf die Idee gebracht hat, herzukommen, Kleine. Aber wonach auch immer du suchst, ich kann dir nicht dabei helfen. Fiona und ich waren in einer Band. Ja. Vielleicht waren wir auch befreundet. Aber mehr war da nicht. Und mehr gibt’s darüber auch nicht zu sagen."
    Seine schroffe Abfuhr erstaunt sie. Warum lässt er sich auf ein Gespräch ein, um es schon nach wenigen Minuten wieder zu beenden?
    "Aber...", beginnt sie.
    "Ich kann dir nicht helfen", fällt er ihr ins Wort. "Wenn dir die Sache so wichtig ist, warum redest du nicht mit deinen Eltern darüber?"
    "Weil sie nicht verstehen, wie wichtig mir das Ganze ist."
    "Das verstehe ich allerdings auch nicht. Ich meine, du kanntest sie nicht mal. Warum wühlst du unnötig in der Vergangenheit herum? Du bist ein Teenager. Solltest du dich da nicht lieber um Jungs und Make-Up kümmern anstatt in Dingen zu bohren, die dich nichts angehen?"
    "Aber sie war meine Schwester. Das geht mich sehr wohl was an."
    "Das mag ja sein. Aber es ist eine Ewigkeit her. Belass es dabei und beschäftige dich mit weniger deprimierenden Dingen."
    Sie wird wütend. Was fällt ihm ein, über ihre Prinzipien zu urteilen? Ihre Prioritäten in Frage zu stellen? Fünfzehn ist doch kein Sandkastenalter, sondern eine der letzten Stationen vor dem Erwachsenwerden. Ein Alter, in dem man das Recht hat, ernst genommen zu werden. Und welches Thema könnte man ernster nehmen als dieses?
    Er entfernt sich vom Tisch und geht zurück in Richtung Hintertür. Sicher der Zugang zum Backstagebereich, sofern man in einem Café überhaupt von Backstagebereich reden kann. Er scheint das Gespräch als beendet zu betrachten. Doch Nathalie ist nicht bereit, jetzt schon aufzugeben.
    Sie folgt ihm.
    "Ich habe ein Recht auf Antworten", sagt sie.
    "Und ich habe ein Recht auf Ruhe nach einem Konzert", antwortet er, ohne sich zu ihr umzudrehen. "Wir haben gerade zwei Stunden auf der Bühne gestanden."
    Kurz vor der Tür bleibt er stehen. "Geh nach Hause, Kleine."
    "Es wäre nett, wenn du aufhören würdest, mich Kleine zu nennen. Ich bin Fünfzehn."
    Sein Lächeln ist beinahe abwertend. "Ja, eben."
    Er öffnet die Tür und betritt ein Nebenzimmer. Bevor sie einen Blick hineinwerfen kann, schließt er sie wieder hinter sich. Wie eine Tür zwischen Vergangenheit und Gegenwart.
    Regungslos bleibt sie stehen. Sie hatte sich so viel von einem Treffen mit ihm versprochen und jetzt ist sie genauso schlau wie vorher. Weiß er wirklich nicht mehr als er vorgibt oder möchte er einfach nur nicht darüber reden?
    Er hat sie nicht ernst genommen. Ganz sicher lag es daran. Niemand nimmt sie ernst. Niemand schenkt ihr den Respekt, den sie verdient. Aber sie lässt sich nicht abwimmeln. Und so schnell gibt sie sich nicht zufrieden. Zu viele offene Fragen . Zu viele ungelöste Geheimnisse. Ihre Suche ist noch lange nicht beendet.

Kapitel 5 : Unausgesprochen
     
     
    Sie lügt. Ich weiß es. Weder die angeblich zu laute Musik bei Jenny noch die Hausaufgaben, die sie zusammen gemacht haben, sind der Grund dafür, dass sie das Handyklingeln nicht gehört hat. Sie lebt für ihr Handy. Und ihr Handy lebt für sie. Es vergehen für gewöhnlich keine zehn Minuten, in denen sie es nicht in der Hand hat. Die viel wichtigere Frage ist, warum sie lügt. So distanziert sie seit dem Urlaub auch ist, sie würde niemals wagen, einen Anruf von mir zu ignorieren. Ob ein Junge dahinter steckt?
    "Seid ihr denn wenigstens fertig geworden?", frage ich.
    "Womit?"
    "Na, mit den Hausaufgaben."
    "Klar. Alles erledigt." Ihr Lächeln wirkt aufgesetzt, während sie die Bücher aus ihrer Schultasche nimmt und neue hineinpackt.
    "Ich muss noch mal eben in den Laden. Bin aber spätestens in einer Stunde wieder da. Kann ich dich so lange alleine lassen?"
    "Mama." Das obligatorische Augenrollen.
    "Ist ja schon gut."
     
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    29. August 1994
     
    Liebes Tagebuch,
    Eltern sind anstrengend, vor allem Mütter. Gestern kam Mama in mein Zimmer, von wegen "Wir müssen reden." Papa hatte ihr von der Band erzählt. Sie war sehr skeptisch und wollte nicht so recht glauben, dass ich die Schule UND die Band wirklich packen kann. Immer diese doofen Vorurteile. Wenn sie mir nur einmal

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