Unser Sommer in Georgia
direkt an. »Ich habe mir Sorgen um Ihre Lungen gemacht, aber das hört sich gut an, und die Computertomographie ist auch normal. Sie können morgen nach Hause, aber Sie werden noch viel Hilfe brauchen. Wir müssen einen ambulanten Pflegedienst organisieren, es sei denn ...« Er sah Riley an. »Es sei denn, Sie können sich den ganzen Tag um Ihre Frau Mutter kümmern.«
»Nein.« Riley stieß das Wort heftiger aus, als sie beabsichtigt hatte.
»Auf gar keinen Fall«, sagte Kitsy gleichzeitig. »Wir können einen Pflegedienst bezahlen. Riley hat einen Sohn und ein Geschäft, und sie muss die Organisation für eine ganze Festwoche zu Ende führen.«
Über seine Brillenränder hinweg schaute Dr. Foster auf Kitsy hinunter. »Seien Sie jetzt lieb zu Ihrer Tochter! Ich schicke Ihnen die Sozialarbeiterin, damit sie beim Organisieren hilft.«
Mit flatternden Wimpern schaute Kitsy Dr. Foster an - Riley hätte schwören können, dass ihre Mutter soeben mit dem Arzt geflirtet hatte.
Kitsys Augen füllten sich wieder mit Tränen, und wie so oft sah Riley unter der harten Schale die bedürftige Frau. Ihre Mutter hatte früh gelernt, List und Tücke einzusetzen, um zu bekommen, was sie wollte. Aber sie hatte auch noch eine andere Seite, die bei Gesprächen über Bücher oder beim gemeinsamen Führen der Buchhandlung hervortrat. Riley fürchtete, dass ihr liebevoller Kontakt zur Mutter ebenfalls verloren gehen könnte, sollte sie die Buchhandlung verlieren. Immerhin war klar, dass ihrer Mutter genauso viel daran lag, den Laden zu retten, wie ihr selbst.
Die Tür fiel zu, und Riley setzte sich wieder und zog den Stuhl dichter ans Krankenbett. »Du musst mir alles über dieses Chondrosarkom erzählen. Ich lasse nicht zu, dass du für ein Fest deine Gesundheit vernachlässigst.«
Kitsy schaute zum Fenster. »Hör zu, Riley! Die Behandlung ein oder zwei Wochen aufzuschieben ist gar kein Problem. Es ist eine seltene Form von Knochenkrebs.« Kitsy lächelte. »Ganz klar, dass ich die seltene Form kriege. Weil wir es so früh festgestellt haben, ist er noch im Frühstadium. Ich muss operiert werden: Den Krebs zu entfernen - das ist der erste Schritt. Ich habe mich entschieden, das in einem Zentrum machen zu lassen, das auf Sarkome spezialisiert ist. Anschließend besprechen wir dann die weitere Behandlung, sie hängt davon ab, wie es mir geht. Ach, lassen wir diesen Blödsinn!« Sie machte eine wegwerfende Handbewegung.
»Du darfst das nicht einfach so abtun, Mama.«
»Doch, natürlich.«
»Wo ist denn dieses Zentrum, und wann fährst du hin? Warum darf ich es Maisy und Adalee nicht sagen? Warum kannst du nicht sofort hin?«
Kitsy schloss die Augen. »M.D. Anderson ist in Houston, Texas. Nein, du darfst es deinen Schwestern nicht sagen, und es ist doch klar, dass wir nicht sofort hinfahren können. Maisy und Adalee besuchen mich doch.« Sie öffnete die Augen wieder. »Verstehst du das denn nicht? Sie kommen hierher, ganz bald. Wir werden alle zusammen sein.«
»Na gut«, flüsterte Riley. »Aber weswegen ausgerechnet Texas?«
»Weil das die Besten sind, deswegen. Und du weißt doch«, Kitsy senkte die Stimme, »so wie wir - du und ich - die Bücher für den Laden aussuchen ... Wie wir wissen, was die Lesezirkel interessieren wird ... Darüber sprechen wir doch auch mit niemandem, oder?«
»Nein, Mama.«
»Mit diesem Knochenkrebs ist es genauso. Wir müssen das für uns behalten, bis es nötig wird, alle anderen darüber zu informieren. Okay?«
Riley nickte und unterdrückte die Tränen, denn Mama hasste Tränen. »Genau das ist es, Mama. Ich kann den Laden nicht ohne dich führen.«
Kitsy hob die Augenbrauen. »Das hast du noch nie gesagt, Riley, nicht ein einziges Mal.«
»Was denn?«
»Dass du ohne mich nicht klarkommst.« Ihre Mutter wandte den Kopf ab.
»Doch, bestimmt. Ich bin ganz sicher, dass ich dir das schon gesagt habe. Ohne dich ist der Buchladen ... hohl. Du bist seine Seele. Ich bin bloß die Arme und Beine.«
Kitsy erwiderte Rileys Blick nicht. »Du kannst jetzt gehen, Liebes. Ich muss mich ausruhen.«
Riley rührte sich nicht, sondern hielt ihrer Mutter weiter die Hand. Eine Krankenschwester betrat das Zimmer und drückte eine klare Flüssigkeit in die Infusion. Nun schaute Kitsy Riley wieder an. Sie blinzelte. »Ich glaube, ich schlafe jetzt ein bisschen. Komm bloß nicht auf die Idee, diesen blöden Heimwerkerabend in das Festprogramm aufzunehmen - bloß weil ich bettlägerig bin! Keine
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