Unser Sommer in Georgia
zum Freilichtkino, das einmal in der Woche im Park stattfand. Dort versammelten sich die Teenager ganz ohne Aufsicht, während die Eltern im Beach Club Scotch und Wodka tranken. Dort auf dem Rasen wurden erste Küsse getauscht, erste billige Weine probiert und erste Zigaretten geraucht. An jenem Abend hatte Riley länger zum Fertigmachen gebraucht als ihre üblichen fünf Minuten, denn ganz plötzlich war sie unsicher geworden. Erst Pferdeschwanz, dann offenes Haar; erst ein Tanktop, dann ein T-Shirt; ein Jeans-Minirock, dann doch lieber Shorts. Es war einfacher gewesen, als Mack sie noch ausschließlich als Kumpel wahrgenommen hatte, doch keinesfalls wollte sie die Erwartung der letzten Wochen aufgeben.
Riley hatte Herzklopfen, und ihre Haut war gerötet. Alles schien jetzt eher möglich zu sein, als hätte die Erde auf die Umlaufbahn gewechselt, die ihr von Anfang an bestimmt war.
Maisy trat auf die Veranda, wo Riley an einem Pfosten lehnte, damit sie den Bürgersteig übersehen konnte. Maisy ließ sich in einen Sessel fallen, und selbst diese schlichte Bewegung wirkte verführerisch. »Was machst du denn da?«
»Ich warte auf jemanden.« Riley wandte sich ab, fort von der Schönheit ihrer Schwester. Nichts sollte das Gefühl zerstören, das sie in diesem Moment von sich selbst hatte.
»Auf wen denn?« Maisy war jetzt sechzehn, bald siebzehn, und ihre Ausstrahlung war noch stärker geworden.
»Geht dich nichts an.« Riley sah Mack in die Sixth Avenue einbiegen. »Ich muss los.« Sie rannte die Vordertreppe hinunter und begrüßte Mack auf dem Bürgersteig.
Er lächelte Riley an. »Ich habe eine Decke und eine Kühltasche mitgebracht.«
Sie wollte diesen Augenblick genießen, wollte Macks Lächeln auskosten und sich freuen, dass er sich auf diesen Kinoabend unter dem Nachthimmel vorbereitet hatte und dass sie sich berühren würden, voller Unschuld und Versprechen.
Doch Maisys Stimme zerriss die Abendstille. »Hey, Mack!«, rief sie.
Mack blieb stehen, drehte sich zu Maisy um, die schon auf sie zugerannt kam, und schaute dann wieder Riley an.
Riley spürte die Veränderung schon, bevor sie stattfand: Mack wandte sich mit seinem Lächeln Maisy zu, er konzentrierte sich auf ihre kleine Schwester. Verzweifelt wünschte Riley sich, sie könne die Zeit zurückdrehen, könne diese Begegnung zwischen Maisy und Mack ungeschehen machen. Schon bevor die Veränderung stattfand, hatte Riley geahnt, dass es irgendwann dazu kommen würde - warum dann nicht jetzt? Verglichen mit Maisy war Riley eine graue Maus.
Riley holte tief Luft. Sie spürte, dass etwas zu Ende ging, das kaum begonnen hatte. Ärgerlich schaute sie Mack an. »Sie kommt nur her, weil sie mich nerven will. Das ist ihr ganzer Lebensinhalt.«
»Das war ja schon immer so«, erwiderte Mack, konnte jedoch den Blick nicht von der Sechzehnjährigen lösen, die auf sie zukam. Lachend sah er Riley an. »Willst du sie loswerden?«
Im Laufe der Jahre hatte Mack diese Worte zahllose Male gesagt, wenn Maisy ihn und Riley auf dem Angelsteg aufgestöbert hatte, wenn sie mit zum Segeln oder mit an den Pool kommen wollte. Komm, wir werden sie los! Damals war das leicht gewesen. Heute Abend würde es unmöglich sein.
Atemlos blieb Maisy bei ihnen stehen. »Hey, seid ihr auf dem Weg zum Freilichtkino?«
»Ja«, sagte Riley. »Such doch deinen komischen Freund und geh mit dem hin!« Ihre Worte mussten auf Mack wie ein stumpfes Schwert wirken, verglichen mit der scharfen Klinge von Maisys Schönheit.
Dass Mack seine Zuneigung Maisy zuwandte, geschah langsam und allmählich, es war ein Prozess, der weder an diesem Abend noch am folgenden Morgen beendet war. Aber in diesem Moment begann die Sommerromanze der beiden, und damit wurde die Möglichkeit einer Liebe zwischen Mack und Riley im Keim erstickt. Riley gab natürlich vor, es sei ihr völlig gleichgültig, dass Mack sich so viel mit Maisy beschäftigte. Mack war ihr guter Freund und würde das auch immer bleiben. Aber es brach ihr das Herz, sodass selbst die beiläufigsten Erinnerungen an diese gemeinsamen Erlebnisse schmerzten.
Hass auf Maisy kam in ihr auf und verdrängte die liebevollen Gefühle für die Schwester. Aus einer Verbündeten wurde eine Gegnerin, eine Freundin wurde zur Feindin. Riley versteckte diese Aversion gegen Maisy so, wie sie die meisten Gefühle verbarg: hinter einer Maske aus Unbeschwertheit und Sympathie für alle Mitmenschen.
Nachdem Mack das junge Mädchen in Maisy erkannt hatte, wurde
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