Unser Sommer in Georgia
Ohren und ging auf ihn zu, langsam, Schritt für Schritt. Er schaute sie durch die Dunkelheit an, über all ihre Jahre als beste Freunde hinweg. Nur einen Moment lang schaute er ihr in die Augen. In Gedanken flehte Riley ihn an, nicht fortzugehen.
Aber er drehte sich um.
Sie rief seinen Namen. Doch er ging mit festen Schritten vom Feuer fort in die Nacht hinein.
Fort von ihr.
Fort von Palmetto Beach.
Verzweiflung packte Riley. Vor der Rettungsstation Nummer sieben blieb sie stehen. Als sie Schritte hinter sich hörte, drehte sie sich um. Sheldon Rutledge stand vor ihr.
Sie kannte Sheldon, seit sie sich an die Feriensommer erinnern konnte. Als einziges Kind von relativ alten Eltern, die ihren Sprössling vergötterten, durfte er oft Partys, Austerngrillabende und Segelregatten ausrichten, und mit seinem Witz brachte er die anderen ständig zum Lachen. Er sah gut aus, was ihm ziemlich egal war, doch die Mädchen fanden ihn anziehend: Das dunkle Haar fiel ihm ständig in die Augen, sein Lachen hallte über das Wasser.
»Riley, was ist denn los?«
Ohne zu antworten, schüttelte sie den Kopf.
Sheldon legte ihr die Hände auf die Schultern. »Der letzte Abend des Sommers. Und dann aufs College«, sagte er.
Sie nickte.
»Also werde ich jetzt etwas tun, was ich mir seit meinem zehnten Lebensjahr vorgenommen habe.«
Riley lachte, denn sie erwartete etwas Komisches, was ihr den Kummer erleichtern würde. »Ich, Sheldon Rutledge, werde dich, Riley Sheffield, küssen. Jetzt sofort.«
Er küsste sie langsam, hinreißend, sodass Riley ihre Verzweiflung vergaß, wenn auch nur für einen Moment. In der dunklen Nacht sprachen sie flüsternd über ihre Zukunft - über Sheldons Pläne, gleich nach dem College in die Air Force einzutreten und ein freies, nur der Fliegerei gewidmetes Leben zu führen, und über Rileys Träume, auf dem College den Master in englischer Literatur zu machen. Riley ließ sich in diese Erleichterung hineingleiten, in etwas, was nichts mit Mack Logan oder Maisy Sheffield zu tun hatte. Auch mit Liebe hatte es nichts zu tun.
»Und was jetzt?«, fragte Sheldon.
»Ich gehe aufs College«, antwortete Riley, »und du lebst deine Träume.« Er schmiegte sich an sie und stimmte ihr zu. Sein nächster Kuss war leidenschaftlicher. Riley ließ sich vom Trost und vom Hunger eines jungen Mannes überwältigen, den sie schon als kleinen Jungen gekannt und gern gehabt hatte.
Später wurde sie die Scham darüber nicht los, dass ihr erstes und letztes Mal mit einem Mann kein Liebesakt gewesen war, sondern eine Suche nach Linderung ihrer Verzweiflung.
Spät in der Nacht klopfte Riley an Maisys Zimmertür. Sie wollte etwas sagen, irgendetwas, um den Verrat auf beiden Seiten wiedergutzumachen.
»Hau ab!«, rief Maisy von drinnen. »Ich hasse dich, und ich werde dich immer hassen.«
Trotzdem öffnete Riley die Tür und betrat das Zimmer ihrer Schwester. Maisy lag mit fleckigem rotem Gesicht schluchzend auf dem Bett. Sie schaute auf. »Das hast du mit Absicht gemacht, weil du Mack liebst. Den ganzen Sommer hast du so getan, als wäre es dir egal, aber es war dir überhaupt nicht egal. Du liebst ihn, und du kannst es nicht ertragen, wenn ich mit ihm glücklich bin.«
Wütend und fassungslos vor Schmerz erwiderte Riley: »Du hast mir meinen besten Freund weggenommen.«
Maisy setzte sich im Bett auf und zeigte auf Riley. »Du bist eine gemeine, böse Schwester. Er hätte dich sowieso nicht geliebt. Und dass du ihn mir heute Abend weggenommen hast, heißt noch längst nicht, dass du ihn mir für immer wegnehmen kannst. Er fand dich bloß ganz nett, weil du dich mit Jungenkram auskennst. Wenn du jemanden liebst, heißt das ja nicht, dass er dich auch liebt. Mack wird dich niemals so wollen, wie er mich will. Niemals.«
Etwas in Maisys Worten klang wahr, und das schmerzte Riley mehr als jede Lüge. Als sie sich rückwärts aus dem Zimmer schlich, stolperte sie über ein Paar Flip-Flops. Ihr Inneres verkrampfte sich, ihr war, als stülpe ihr Herz sich um. Sie hatte die Zuneigung ihres besten Freundes verloren, sie hatte die Liebe ihrer Schwester verloren, und sie hatte ihre Unschuld verloren.
Eine Woche später brach sie zum College auf, und nach der ersten Hälfte des Semesters entdeckte sie, dass sie schwanger war. Sie brach ihr Studium ab und zog nach Hause zurück. Neun Monate später kam Brayden Collins Sheffield zur Welt. Riley eröffnete zusammen mit ihrer Mutter den Driftwood Cottage Bookstore - ein großer
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