Unser Sommer in Georgia
Sie wiederzusehen. Sie sind jahrelang nicht hier gewesen.«
Mrs Rutledge nahm sie sanft in die Arme, und Riley erwiderte die Umarmung. »Ja, dreizehn Jahre, um genau zu sein. Als wir die Einladung erhielten, wussten wir einfach, dass wir herkommen mussten, um mit Kitsy zu feiern und ihre Buchhandlung zu sehen. Wir lieben dieses Städtchen. Es birgt so viele kostbare und schöne Erinnerungen.«
»Schöne Erinnerungen«, stimmte Riley zu. Sie trat zwei Schritte zurück. »Vielen Dank, dass Sie gekommen sind. Würden Sie mich einen Moment entschuldigen? Ich hoffe, dass Sie die ganze Woche kommen.«
Die beiden nickten.
Riley spürte, dass sie unhöflich war, doch Flucht schien ihr die einzige Möglichkeit zu sein. Sie überließ es Maisy, das Gespräch weiterzuführen, und rannte die Hintertreppe hinauf. Brayden war schon zum Strand unterwegs, und auch Adalee war fort. Die Wohnung war leer. Riley ließ sich auf einen Küchenstuhl fallen. Die Rutledges hatten einen Sohn großgezogen, Sheldon. Als Riley zum letzten Mal von ihm gehört hatte, war er im Irak gewesen, bei der Air Force. Mr und Mrs Rutledge hatten keine Ahnung, dass am Strand, nur wenige Meter entfernt von ihnen, ihr Enkelsohn mit seinen Freunden spielte.
Riley stieg die Wendeltreppe zum Ausguck hinauf und atmete die frische Brise ein. Sie brauchte Luft, ganz viel Luft. Das Meer erstreckte sich in verschiedenen Blautönen bis zum Horizont, und am ausgefransten Wassersaum spielte Brayden. Er beugte sich gerade vor, um etwas aus dem Sand aufzuheben. Mit den blonden Locken, der gebräunten Haut und der schlaksigen Gestalt schien er ein Teil von Sand, Meer und Wellen zu sein. Riley hatte dieses Kind, dieses Wunder, für sich allein behalten - es war ihr Geheimnis. Mit ihrer Weigerung, Braydens Vater preiszugeben, hatte sie Sheldon schützen wollen. Allerdings hatte sie Mr und Mrs Rutledge, Braydens Großeltern, nicht in ihre Erwägungen einbezogen.
Brayden war ihr geliebter Sohn, und sie beschützte ihn. Doch jetzt, da die Rutledges unter ihr im Buchladen standen, erschienen Riley ihre wohlüberlegten Gründe für die Geheimhaltung seines Vaters egoistisch und nicht mehr stichhaltig.
Brayden schaute auf, als spüre er den Blick seiner Mutter. Er winkte ihr zu. »Hey, Mummy«, formten seine Lippen - ein Zwölfjähriger wollte sich niemals dabei ertappen lassen, dass er seiner Mutter laut einen Gruß zurief. Dann drehte er sich wieder um und warf etwas in die Wellen. Zwei Männer näherten sich ihm: Der eine war jung und hochgewachsen, der andere älter und gebrechlich - Mack und Sheppard Logan. Brayden sprach mit ihnen, lachte. Vergangenheit und Gegenwart vermischten sich.
Riley stieg die Wendeltreppe hinab. Die Pflicht rief. Unten warteten hundert Menschen, ein Autor, dessen Roman auf der Bestsellerliste der New York Times gestanden hatte, sollte gleich auftreten, und ihre beiden Schwestern brauchten Anleitung. Sie ging ins Bad, wusch sich Bedauern und Verwirrung aus dem Gesicht und stieg die Hintertreppe hinab, um in ihre Rolle als herzliche und tüchtige Gastgeberin des Abends zu schlüpfen.
Elf
Maisy
Maisy beobachtete, wie Mr und Mrs Rutledge zwischen den Bücherregalen umherspazierten und dabei gelegentlich Bekannte begrüßten. Was hatte Riley bloß, dass sie vor diesen alten Freunden der Familie weggelaufen war?
Mit einem Lächeln und einem Zettelchen mit einer Nummer darauf begrüßte Maisy jeden einzelnen Besucher. »Mit dieser Nummer haben Sie jetzt einen festen Platz in der Warteschlange. Lassen Sie sich doch ein Gläschen Wein schmecken!«
»Nummer siebenunddreißig.« Maisy reichte einer Frau, die in der Schlange ein Buch las, den gelben Zettel.
Mit einem Lächeln blickte die Frau auf. »Hey, Maisy!« Maisys Hand begann zu zittern.
»Ach, Lucy ... Hallo.« Sie kämpfte gegen ihre Panik an. »Wie geht's dir denn?«
»Gut. Und dir?«
»Sehr gut. Hervorragend. Es ist toll, dich zu sehen ... Können wir uns später unterhalten? Ich muss diese Nummern hier verteilen.«
»Klar.« Lucy nickte und schaute ihr nach, das spürte Maisy. Sie war praktisch an Lucys Hochzeitstag nach Kalifornien abgehauen, sodass Lucy eine Brautjungfer gefehlt hatte.
Maisy näherte sich dem Ende der Schlange und verteilte die letzten Zettel. Weglaufen, einfach weglaufen! Ihre innere Stimme brüllte so laut, dass sie überzeugt war, die anderen konnten sie hören. Sie schaute sich im Raum um, in der Hoffnung, Mack zu entdecken. Heute Mittag hatte sie rasch mit ihm
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