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Unser Sommer in Georgia

Unser Sommer in Georgia

Titel: Unser Sommer in Georgia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Henry
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Vater im Sommer jemals ohne diesen Hut gesehen zu haben.«
    Riley lächelte. Sie legte die Hand auf Macks Hand, die auf dem warmen Holzgeländer ruhte. Es kam ihr vor, als summe die brennende Sonne, während sie Hitze und Mattigkeit verbreitete. Ein trauriger Gedanke ging Riley durch den Kopf: Was würde Mack mit dem Hut machen, wenn sein Vater nicht mehr lebte? Was machte man mit den Habseligkeiten, an die so wichtige Erinnerungen geknüpft waren? Sollte man sie zur Schau stellen? Oder lieber begraben?
    Riley wandte sich von Macks gebrechlichem Vater ab, verscheuchte die trüben Gedanken und beobachtete, wie Brayden die Angel einholte und ihnen ein Büschel Salzwiesengras präsentierte. »Ich hab dir doch gesagt, dass man hier längst nicht so gut angeln kann!«, rief Mack ihm zu.
    Da hörten sie Sheppard rufen: »Ich hab einen riesigen Burschen dran!«
    Brayden ließ die Angelrute auf den Steg fallen und rannte zu Sheppard hinüber. Lächelnd hob der alte Mann seine Angel: »Tata!« Ein großer Rotbarsch zappelte daran. Seine silbrigen Schuppen glitzerten im Sonnenlicht.
    Gemeinsam lösten sie den Fisch vom Haken. Sheppard hielt ihn schon über das Wasser, um ihn wieder freizulassen, als Brayden ihm die Hand auf den Arm legte. »Meine Mutter ist eine richtig gute Köchin. In einer Sekunde hat sie den für Sie gebraten.«
    Mack lachte. »Und ich wette, sie nimmt ihn auch ruck, zuck aus, schneller als alle anderen Leute, die du kennst.«
    Brayden nickte. »Außer mir. Ich kann's noch schneller.«
    Kopfschüttelnd lehnte Riley sich gegen das Geländer. »Lassen Sie den Fisch ruhig wieder frei, Mr Sheppard! Ich habe heute Abend überhaupt keine Zeit, ihn zu braten.«
    Eine weitere Stunde verging in schweigendem Beisammensein, bevor Mack seine Angelrute ablegte und sich zu Riley auf die Bank am Geländer setzte. »Geht einem das auch so, wenn man hier wohnt?«, fragte er.
    »Wie meinst du das?«
    »Ist man die ganze Zeit im Frieden mit sich und der Welt? So wie jetzt? Oder empfindet man das nur so, wenn man zu Besuch ist? Im Moment habe ich gar kein Bedürfnis nach Kontakt mit der Außenwelt. Sie existiert gar nicht mehr.«
    Riley zuckte die Achseln. »Was den Frieden angeht, bin ich mir nicht sicher. Ich muss ja arbeiten und mich mit all den Problemen auseinandersetzen, die einem das Leben schwer machen können. Aber ja, manchmal habe ich auch das Gefühl, dass die Außenwelt eigentlich gar nicht existiert. Es fällt mir schwer, mir vorzustellen, dass du dich in New York oder in Boston oder irgendwo anders als auf einem Anlegesteg im Lowcountry aufhalten könntest.«
    »Vielleicht, weil ich hierher gehöre.«
    Ein älteres Paar schritt Hand in Hand langsam am Kai entlang. Der Mann trug eine Schachtel, und die Frau lehnte den Kopf an seine Schulter. Als sie näher kamen, erkannte Riley die beiden - es waren Mr und Mrs Rutledge, die Eltern von Sheldon. »Das Ehepaar Rutledge«, flüsterte sie.
    Mack winkte ihnen zu, aber die beiden schauten an ihm und an Riley vorbei, als wären sie Luft. Erst als sie das Ende des Stegs erreichten, war in ihren Gesichtern zu lesen, dass sie Riley erkannten. Mrs Rutledge öffnete erstaunt den Mund und sagte ihren Namen. Riley sah, dass sie geweint hatte, ihre Augen waren geschwollen und standen noch voller Tränen.
    Sheppard stellte seine Angel in einen Rutenhalter, schüttelte Mr Rutledge zur Begrüßung die Hand und umarmte Mrs Rutledge. Brayden wandte sich den beiden zu, kam aber nicht näher.
    Mrs Rutledge umarmte Mack. »Es tut mir leid, dass ich Sie nicht gleich erkannt habe. Heute ist ein schwerer Tag für uns.«
    Mack schaute zu seinem Vater hinüber, der leise sagte: »Ich habe es gestern schon gehört und wollte es dir eigentlich heute Morgen erzählen. Sheldon ist ...«
    Mr Rutledge führte Sheppards Satz zu Ende: »Sheldon ist ehrenvoll für unser Land gestorben. Bei einem Einsatz im Irak. Es war schon vor ein paar Monaten, aber wir wollten ihn ... hierher bringen.«
    Riley fuhr zurück. Sie packte Brayden am Arm. Die nun folgende Unterhaltung hörte sie nur gedämpft. Sie fühlte sich benommen wie ein Käfer, der in einem Marmeladenglas gefangen war.
    Mack sprach mit dem alten Paar. »Mein herzliches Beileid. Ich habe so viele wunderschöne Erinnerungen an Sheldon. Er war ein ganz besonderer Mensch, ein wirklich liebenswürdiger und gleichzeitig kraftvoller Mann.«
    »Ja«, sagte Mrs Rutledge. »Das hier war sein liebster Platz auf der ganzen Welt. Und Sie waren einer seiner

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