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Unser Spiel

Unser Spiel

Titel: Unser Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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machte ich mich über meine eigenen Bemühungen lustig, dann sang ich Lobeshymnen auf meine englischen und walisischen Konkurrenten und beklagte die enormen Steuern, die ihnen von einer gleichgültigen Regierung auferlegt wurden. Ich malte ein übertriebenes Bild von England als einem der ältesten weinerzeugenden Länder der Erde, und Anna Greta bekam den Mund gar nicht mehr zu.
    »Du Ärmster«, sagte Simon.
    »Jetzt erzähl mal von dieser Minderjährigen, mit der du zusammenwohnst«, fuhr Clare rücksichtslos dazwischen; nach zwei Gläsern rumänischen Rotweins war sie imstande, aber auch wirklich alles zu sagen. »Du bist doch so ein alter Kerl , Tim. Simon ist schon ganz grün vor Neid. Stimmt’s, Simon?«
    »Nicht im geringsten«, sagte Simon.
    »Sie ist schön, sie ist musikalisch, sie kann nicht kochen, und ich bete sie an«, gab ich fröhlich Auskunft, dankbar für die Gelegenheit, Emmas Vorzüge preisen zu können. »Außerdem ist sie warmherzig und ungeheuer klug. Was möchtest du sonst noch wissen?«
    Die Tür ging auf, und Petronella stürmte herein, ihre blonden Haare waren über den Schlafanzug gebreitet und die blauen Augen mit einem Ausdruck ätherischen Schmerzes auf ihre Mutter gerichtet.
    »Du machst einen Lärm, daß man nicht schlafen kann!« protestierte sie und stampfte mit den Füßen auf. »Das machst du mit Absicht .«
    Clare brachte Petronella ins Bett zurück. Anna Greta räumte mürrisch die Teller ab.
    »Simon, ich habe da was wegen der Firma mit dir zu besprechen«, sagte ich. »Ob wir uns mal für eine Viertelstunde zurückziehen können?«
    * **
    Simon spülte, ich trocknete ab. Er trug eine blaue Metzger schürze. Eine Maschine hatten sie nicht. Wir spülten offenbar das Geschirr von mehreren Mahlzeiten.
    »Was willst du?« fragte Simon.
    Solche Gespräche hatten wir früher oft geführt, in seinem kargen Horst im Außenministerium, durch dessen schmutziges Fenster uns die blassen Tauben von Whitehall beäugten.
    »Bei mir hat sich jemand gemeldet, der für eine gewisse Information eine Menge Geld haben will«, sagte ich.
    »Ich dachte, du bist im Ruhestand.«
    »Stimmt auch. Aber hier geht es um einen alten Fall, der wieder hochgekommen ist.«
    »Mit so was brauchst du dich nicht abzugeben, das gibt sich wieder von selbst«, sagte Simon. »Was will er dir denn verkaufen?«
    »Einen bevorstehenden bewaffneten Aufstand im Nordkaukasus.«
    »Wer steht da gegen wen auf? Danke«, sagte er, als ich ihm einen dreckigen Kochtopf gab. »Da sind doch dauernd Aufstände. Nichts Besonderes.«
    »Die Inguschen gegen die Russen und Osseten. Mit etwas Unterstützung der Tschetschenen.«
    »Das haben sie schon 92 versucht und sind plattgemacht worden. Keine Waffen. Nur was sie geklaut oder heimlich gekauft hatten. Während die Osseten dank Moskau bis an die Zähne bewaffnet waren. Und immer noch sind.«
    »Und wenn die Inguschen sich inzwischen ein anständiges Arsenal zugelegt haben?«
    »Unmöglich. Die sind verstreut und entmutigt, und was auch immer sie kriegen können, die Osseten kriegen mehr. Die Osseten sind auf Waffen spezialisiert. Vorige Woche bekamen wir einen Bericht, daß sie überschüssiges Material der Roten Armee in Estland aufgekauft haben und mit Hilfe des russischen Geheimdienstes an die Serben in Bosnien verschieben.«
    »Meine Quelle behauptet, diesmal würden die Inguschen aufs Ganze gehen.«
    »Ja, sicher behauptet er das.«
    »Er sagt, sie sind nicht aufzuhalten. Sie haben einen neuen Führer. Ein Mann namens Bashir Haji.«
    »Bashir ist ein Held von gestern«, sagte Simon und begann energisch einen stark verbeulten Topf auszukratzen. »Mutig wie ein Löwe. Ausgezeichneter Reiter. Sufist mit schwarzem Gürtel. Aber wenn es darum geht, gegen russische Raketen oder Hubschrauber zu kämpfen, hat er nicht mal eine Blaskapelle aufzuweisen.«
    Solche Gespräche hatten wir früher oft geführt. In Simon Dugdale hatte die Kunst, geheime Informationen zu entkräften, ihren Meister gefunden.
    »Wenn man meinem Mann glauben kann, verspricht Bashir, modernste westliche High-Tech-Waffen zu besorgen und die Russen und Osseten dorthin zurückzuschicken, wo sie hergekommen sind.«
    »Jetzt hör mal zu!« Simon knallte den Kochtopf hin, hob eine nasse Hand und spreizte sie dicht vor meinem Gesicht. »92 haben die Inguschen zum Angriff geblasen und sind in den Prigorodniy Rajon einmarschiert. Sie hatten ein paar Panzer, einige gepanzerte Mannschaftswagen, ein bißchen Artillerie,

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