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Unser Spiel

Unser Spiel

Titel: Unser Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carre
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ein paar russische Stoßtruppen kommen lassen, die unseren britischen Fußball-Hooligans mal richtig eins auf die Rübe geben.« Die Wut, zu der ich ihn provoziert hatte, war voll entbrannt. »Die Annahme «, fuhr er mit erhobener Stimme fort, »daß dieses Land – jedes zivilisierte Land – die Pflicht habe, sich zwischen irgendwelche Gruppen von Schlägertypen zu werfen, die zufällig entschlossen sind, sich gegenseitig abzuschlachten« – er redet wie ich, dachte ich –, »den Weltpolizisten zu spielen, zwischen durchgedrehten heidnischen Wilden zu vermitteln, von denen vorher kein Mensch je gehört hat – was dagegen, wenn wir jetzt Schluß machen?«
    »Was bedeutet der Wald?«
    »Spinnst du?« fragte er.
    »Aus welchem Grund könnte ein Ingusche einen anderen vor dem Wald warnen?«
    Wieder heiterte sich sein Gesicht auf. »Der ossetische Ku-Klux-Klan. Finsterer Haufen, vom KGB oder seinen Nebenorganisationen gepäppelt. Wenn du morgen früh mit deinen Eiern im Mund aufwachen solltest, was für meinen Geschmack noch gar nicht mal das Schlimmste wäre, könnte durchaus der Wald dahinterstecken. Bitte nach dir.«
    Clare saß im Wohnzimmer, eine Zeitschrift auf dem Schoß, und blickte über den Rand ihrer Lesebrille auf einen Schwarzweißfernseher.
    »Ah, Tim, Darling, bitte laß mich dich zum Bahnhof bringen. Wir haben ja noch kaum miteinander geredet.«
    »Ich rufe ihm ein Taxi«, sagte Simon am Telefon.
    Als das Taxi kam, nahm sie mich am Arm und brachte mich hinaus, während Simon im Haus blieb, ein Berkeleyaner, für den nur existierte, was er sah. Ich mußte daran denken, wie ich mich Emma gegenüber ähnlich höflich verhalten hatte, wutschnaubend im Haus geblieben war und meinem Spiegelbild Grimassen geschnitten hatte, während sie sich auf der Einfahrt von Larry verabschiedete.
    »In dir habe ich immer einen Mann gesehen, der etwas tut «, flüsterte Clare mir ins Ohr, das sie schon halb zerbissen hatte. »Der gute Simon ist so akademisch .«
    Ich empfand nichts für sie. Irgendein anderer Cranmer hatte mit ihr geschlafen.
    * **
    Ich fuhr, Larry saß neben mir auf dem Beifahrersitz. »Du bist verrückt«, teilte ich ihm mit, denn ich hatte etwas von Simon Dugdale gelernt. »Gefährlich, hundertprozentig verrückt.«
    Er stellte sich nachdenklich, was er immer tat, bevor er zurückschlug.
    »Für mich, Timbo, ist ein Verrückter jemand, der alle Tatsachen kennt.«
    Es war Mitternacht. Ich kam nach Chiswick. Ich bog von der Hauptstraße ab, schlängelte mich durch eine Schikane und fuhr auf ein Privatgrundstück. Das Haus war ein überladenes Prachtstück aus der Zeit King Edwards. Dahinter floß schwarz die Themse, ihre Oberfläche schraffiert von den Lichtern der Stadt. Ich parkte, kramte die 38er aus der Aktentasche und stopfte sie mir in den Hosenbund. Die Aktentasche in der linken Hand, schob ich mich an einem kaputten Zaunübertritt vorbei und stand dann auf dem Treidelpfad. Die Luft am Fluß roch braun und ölig. Auf einer Bank umarmte sich ein Liebespaar, das Mädchen rittlings auf dem Jungen. Ich ging langsam, umkurvte Pfützen, scheuchte Wasserratten und Vögel auf. Jenseits der Hecke verabschiedeten sich Gäste von ihren Gastgebern:
    »Ganz wunderbare Party, ihr Lieben, einfach herrlich .«
    Das erinnerte mich an Larry, wenn er Stimmern imitierte. Ich war jetzt wieder bei dem Haus angekommen, diesmal von der Rückseite. Über der Hintertür und an der Garage brannten Lampen. Ich wählte eine Stelle, wo die Hecke besonders niedrig war, drückte den Draht nach unten, warf die Aktentasche hinüber und hätte mich beinahe kastriert. Ich stürzte in einen Garten mit gemähtem Rasen und Rosenbeeten. Zwei nackte Kinder mit ausgebreiteten Armen starrten mich an, doch als ich näher kam, wurden sie zu zwei Porzellancupidos. Die Garage war links von mir. Ich hastete in ihren Schatten, trat auf Zehenspitzen an ein Fenster und spähte hinein. Kein Auto. Er ist zum Essen weggefahren. Er ist zu einer Kriegsbesprechung gerufen worden. Hilfe, Hilfe, Cranmer hat sich aus dem Staub gemacht.
    Ich lehnte mich an die Mauer, den Blick auf das vordere Gartentor gerichtet. So konnte ich stundenlang warten. Eine Katze strich mir ums Bein. Von irgendwo stank es feucht nach Fuchs. Ich hörte ein Auto, ich sah die Scheinwerfer über den unbefestigten Weg auf mich zuspringen. Ich drückte mich noch fester an die Garagenmauer. Das Auto fuhr vorbei und hielt fünfzig Meter weiter. Dann ein zweites Auto, ein besseres: weiße

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