Unser Verhältnis verhält sich verhalten (German Edition)
was er denn trinken möchte, hatte er schon gesagt: «Bitte ein Bier», mir einen Euro auf die Theke gelegt und mich angelächelt. Schönes Gesicht, nette Stimme, hatte ich gedacht.
Heute Abend gehen wir das erste Mal
zusammen
auf eine andere WG -Party. Auf der Party ist noch nichts los. «Super», sagt Per, «wir sind die Ersten, dann haben wir noch freie Platz- und Getränkewahl!» Ich fühle mich ein bisschen falsch hier. Ich kenne die Gastgeber nicht, und davon abgesehen sind ja auch sonst keine Leute da, die ich vielleicht kennen könnte. Nach und nach trudeln die Gäste ein. Per tanzt als Erster, Per ist als Erster betrunken, Per sagt als Erster, dass wir jetzt eigentlich gehen könnten. Wir verlassen die Party. Immerhin bin ich auch betrunken. Ich habe das Gefühl, dass Per ein sehr ehrgeiziger Typ ist. Ich frage ihn deshalb, ob er schon immer genau wusste, was er will. Per erzählt aus seiner Kindheit: Ja, er wollte damals immer als Erster ein Eis, musste als Erster aufs Klo und war als Erster müde. Per sagt, das liege an seinen Genen. Es müsste eigentlich ganz normal sein, für jeden Menschen, immer Erster sein zu wollen. Denn schließlich hätte jeder Mensch am Anfang seines Lebens das Wettrennen zum Eizellenkern im Körper der Mutter gewonnen. Per hält sehr viel von seiner Theorie. ER ist damals Erster gewesen. Und ER muss es auch jetzt noch sein.
Per und ich liegen angetrunken in seinem Bett. Er hat zuerst Zähne geputzt und hat sich als Erster ins Bett gelegt. Daran ist eigentlich nichts auszusetzen, denn er wärmt das Bettzeug auf diese Weise schon mal schön an. Ich krabbele erschöpft und besoffen dazu. Ich glaube, ich möchte ein bisschen rummachen. Per hat das aber als Erster gedacht, und so greifen seine Hände schon nach meinem Arsch und meinen Brüsten und nach … Kann der sich nicht mal ein bisschen zurückhalten?! Ich habe mich gerade hingelegt und will eigentlich zuerst noch ein paar schmutzige Phantasien mit Brad Pitt haben und
dann
mit Per rummachen. Aber nein, Per ist immer Erster. Ich frage mich, ob Per Gedanken lesen kann, so oft, wie er mir zuvorkommt. Meine Fingerspitzen tasten nach Pers Körper. Doch er hat seine Hände überall. Ich fühle mich wie ein eingeschweißtes Handy, das man erst mit sehr viel Mühe aus der Verpackung fummeln muss und dann auf ihm rumdrückt, um es anzumachen. Mich macht das hier gerade so gar nicht an.
Ich lalle: «Also, wenn du schon so dabei bist, kannste mich mal lecken, dabei kann ich mich auch nicht wirklich beteiligen, und dann fühl ich mich wenigstens nicht so überflüssig.» Per unterbricht kurz die Fummelei, macht dann aber weiter. «Ich kann das jetzt nicht, dann kommst du noch zuerst, und ich liege dann hier rum und du schläfst ein. Und ich? Ich muss mir einen runterholen. Ist doch scheiße!»
Ich gebe nach und lasse mich ausziehen, versuche aber gleichzeitig, Per auszuziehen. Doch – Überraschung! Er ist schon nackt. Er ist wahrscheinlich schon die ganze Zeit nackt. Ich fühle mich nutzlos. Per fühlt sich großartig. Und dann ficken wir. Ja, wir ficken, weil man das schöner nicht bezeichnen kann, wenn einer alles daransetzt, dass er vor dem anderen kommt. Egal, was ich machen will, Per macht es schon. Ich will seinen Schwanz anfassen, Per fasst sich selbst an. Ich will Per küssen, Per küsst sich selber. Es sieht merkwürdig aus, wie er da so ekstatisch über seine Lippen leckt. Ich fordere Stellungswechsel, Per sagt, er habe schon dreimal zwischen oben, unten, seitlich, sitzend, stehend und liegend gewechselt. Ich muss wirklich betrunken sein, dass ich das nicht mitbekommen habe. Oder Per ist einfach verdammt schnell. Ich jedenfalls fühle mich verdammt langweilig. Ich bin einfach nicht so kämpferisch veranlagt, ich muss auch mal nicht Erste sein. Aber langsam reicht’s mir! Ich tue so, als wäre ich unglaublich erregt. Per ist gefühlte zehntausend Mal erregter.
Ich schnaufe, Per hechelt wie ein sterbender Wal.
Ich stöhne, Per röhrt wie ein Rudel sexuell frustrierter Hirsche.
Ich raufe mir die Haare, Per reißt sie sich büschelweise vom Kopf.
Ich rufe: «Jaaa! Das ist so gut!» Per brüllt: « JAAA ! Das ist besser!»
Ich rufe den bescheuertsten Satz, den man sagen kann: «Ja! JA ! JA ! Ich komme gleich!» Per sinkt in diesem Moment schon in sich zusammen und flüstert: «Erster!»
Ich bin wütend und will schlafen. Per schnarcht bereits entspannt vor sich hin.
Am nächsten Morgen ist Per schon wach, als ich
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