Unser Verhältnis verhält sich verhalten (German Edition)
Worte, die Stimme und der Mundgeruch, das alles ist einfach nur bemitleidenswert. Dirk, so ’n Kopf ist nicht nur für die Haare da! Denk einmal nach. Liebe ist doch nicht so! Ich spiele mit dir. Ich spiele mit mir, so lange, bis du endlich einsiehst, dass ich dich nicht verlassen kann, denn du bist einfach. Du bist so einfach. Du bist so einfach zu behalten. Du bist immer da, du bist nicht glücklich damit, das sehe ich, das weiß ich. Aber du bist da. Und darauf verlasse ich mich.
Dirk und ich, wir sitzen da und haben uns nichts und eigentlich ganz viel zu sagen.
Ich finde Reden grundsätzlich nicht falsch, nur gerade jetzt empfinde ich es als überflüssig. Wir fließen doch gerade so schön auseinander, und ich will hier nichts zusammenhalten, was nie wirklich zusammengehalten hat. Denn was heißt schon miteinander, wenn wir nur noch ein Nebeneinander haben? Dirk drückt die Zigarette aus. Mit Nachdruck drückt er sie so lange in den Aschenbecher, bis aus dem Stummel braune Tabakfetzen platzen.
Ich frage mich wirklich, was ich jetzt sagen soll, was er von mir hören will. Und erst da begreife ich, dass ich vieles, was ich in letzter Zeit zu ihm gesagt habe, nur gesagt habe, weil ich dachte, er wolle es hören. Ich habe gesagt, dass ich ihn liebe, ich habe gesagt: «Nein, du bist nicht fett!», und dann doch ergänzt, dass seine T-Shirts zu klein sind und sein Bauch zu groß ist. Ich habe keine Grenze überschritten, weil da keine war. Und nie sein wird.
Auch ich fange nun an, Zigaretten zu drehen und zu rauchen, ich drehe all die Jahre mit Gehirnkamera und Kippennebelmaschine nach, ich schneide Dirk aus und klebe sein Bild auf den Ordner in meinem Kopf, den ich schon lange vorher mit der Aufschrift «Beschissene Beziehung» versehen habe. Bei aller Anfangseuphorie habe ich irgendwie immer geahnt, dass Dirk nicht der letzte Mann in meinem Bett sein wird. Aber er war doch so offensichtlich so verliebt in mich. Und ich konnte nicht anders, ich war doch auch einsam und musste ihn haben, sein Herz, seinen Körper, seinen Verstand. Und er, er war abrufbar, billig anrufbar, wunderbar blablabla.
Dirk, ich liebe dich – aber inzwischen nur noch, weil du mich liebst. Liebe, denke ich, Liebe ist doch nicht so. Nicht so wie das hier, oder das, was in letzter Zeit zwischen uns war. Und nur, weil ich dir
nicht
sage, dass ich ficken will, sondern frage, ob du mit mir schlafen möchtest, heißt das nicht, dass ich weiß, was Liebe ist.
Dirk guckt mich an, das merke ich. Ich kann seinen Blick spüren, seine Augen bohren sich in meinen Körper, aber da schmerzt nichts, da ist einfach nur Leere.
Ich stehe auf und gehe zum Kühlschrank. Aha, hat der dumme Wichser doch Bier nachgekauft, denke ich und trinke, und Dirk guckt, und unsere Blicke treffen sich. Er schaut, schaut irgendwie empört. Der will auch ’n Bier, denke ich, der besitzt die beschissene Dreistigkeit, jetzt auch noch zu verlangen, dass ich ihm Bier mitbringe. Als wenn das jetzt irgendwas bringen würde. Er steht auf, holt sich selbst Bier aus dem Kühlschrank, guckt aber immer noch empört. Ich verstehe ihn nicht. Warum geht er nicht einfach, warum lässt er mich nicht einfach in Ruhe, lässt mich hier sitzen, alleine trinken?
Er macht mich langsam wütend, er und sein Schweigen und seine Anwesenheit, sein dummer Blick, der nichts sagt. Und sein Mund, der schief ist, und seine Hände, die den Tisch missbrauchen, und sein Arsch, sein fetter Arsch, den er sich nun schon seit zwei Stunden immer fetter sitzt.
Ich fühle mich leer, das Bier ändert nichts daran, und er sitzt da, wie zufällig, fett und hässlich. Ich habe auch noch Pickel, ich bin ein Stück schlechter als er. Ich weiß das. Ich bezweifle, dass er das weiß.
Dirks Finger malen immer noch die Rillen auf dem Küchentisch nach. Streichen vor und zurück. Vor und zurück. Streicheln das Holz, das Holz, das scheiß Holz. Immer nur das Holz streicheln, das tote Holz. Das sieht dir ähnlich, denke ich, das verfickte Holz ist dir wohl wichtiger als ich. Dirk malt Rillen nach. Nach Zahlen malt er die Rillen nach: die letzten zwei Stunden, die letzten Jahre, all diese Gefühle. Diese scheiß Gefühle. Ich überlege, ob ich ihm das alles sagen sollte. Damit er’s endlich versteht. Aber was würde das ändern? ICH will doch gar nichts ändern.
Es ist so einfach, dich zu behalten, Dirk, denke ich, es ist so verdammt schwer, dich zu verlassen. Ich kann ihn nicht verlassen, beim besten Willen nicht, ich
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