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Unser Wohlstand und seine Feinde (German Edition)

Unser Wohlstand und seine Feinde (German Edition)

Titel: Unser Wohlstand und seine Feinde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabor Steingart
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schon deshalb nicht, weil es ihm nicht gerecht erscheint. » Kapitalismus ist das, was Menschen tun, wenn man sie in Ruhe lässt « , sagt der Philosoph Kenneth Minogue.
    Diese Härte richtete sich keineswegs nur gegen jene Bevölkerungsschichten, die man heute als die » sozial Schwächeren « bezeichnet. Sie richtete sich gegen alle, die nicht oben in der Nahrungskette stehen, also auch gegen die Zweitplatzierten. Der katholische Sozialkritiker Heinrich Pesch hat Recht, wenn er in seinem » Lehrbuch der Nationalökonomie « schreibt: » Die ungeregelte Freiheit ermöglicht die volle Ausnutzung der im Kapitalbesitz verbundenen Übermacht, darum Niederwerfung des Mittelstandes, Vernichtung minder kräftiger Konkurrenten, die Ausbeutung des Konsumenten wie des besitzlosen Arbeiters. « Man könnte auch sagen, das letzte Ziel des wölfischen Kapitalismus ist es, den Markt und jegliche Form der Freiheit abzuschaffen. Er besitzt Charaktereigenschaften, die sich als » autoaggressiv « beschreiben lassen.
    Was auf den Märkten seinen Ausgangspunkt nahm, setzte sich im Zeitalter des Kapitalismus in der Sphäre des Staates fort. Hier wurde wirtschaftliche Stärke in politische Macht verwandelt. Wer die Verfügungsgewalt über Fabriken, Transportmittel und Energiequellen besaß, hatte im späten 18. und im beginnenden 19. Jahrhundert auch politisch das Sagen. Und diese politische Macht setzte er vor allem dazu ein, die Verzinsung seines Kapitals zu erhöhen, notfalls auch mit den Mitteln der Diktatur.
    Anders der Marktwirtschaftler: Privatwirtschaft wird von ihm nicht mit Privatangelegenheit übersetzt. Dem Marktwirtschaftler liegt auch die Welt » jenseits von Angebot und Nachfrage « , wie sich Wilhelm Röpke ausdrückte, am Herzen. Deshalb ist den marktwirtschaftlichen Theoretikern der Wettbewerb der Meinungen so wichtig wie der Wettbewerb der Waren. Nur dass jetzt nicht mit Geld abgestimmt wird, sondern mit dem Wahlschein. Der Marktplatz heißt in diesem Fall Parlament. Dort bieten Pragmatiker und Polemiker ihre Ware feil. Die Mehrheitsmeinung soll sich durchsetzen, aber nie so total, dass der Unterlegene gedemütigt ist oder gar im Kerker landet. Die Ablehnung eines wirtschaftlichen Monopols findet in der Ablehnung einer » Tyrannei der Mehrheit « (Stuart Mill) ihre Entsprechung.
    Wenn im Kapitalismus das » Recht des Stärkeren « herrscht, steht in der Marktwirtschaft das Gesetz über dem Menschen, auch und gerade über dem starken Menschen. Der Reiche ist weiterhin reich, der Unternehmer noch immer Unternehmer, aber beide sind nicht mehr automatisch mächtig. Ihre Macht endet, wo das Interesse der Gesellschaft beginnt. In Marktwirtschaft und Demokratie geht es, der schottische Aufklärer und Ökonom Francis Hutcheson hat es vortrefflich formuliert, um » das größtmögliche Glück der größtmöglichen Zahl « . Hier erkennen wir sehr deutlich den Marktwirtschaftler als den Haus- und Hirtenhund. Sein Glück ist das Glück der ihm anvertrauten Herde.
    Marktwirtschaft und Aufklärung traten ihren Siegeszug gemeinsam an. Denn ohne den Abschied der Menschen von Glaube und Aberglaube, ohne das Ersetzen von Vorurteil und Ressentiment durch Vernunft und Bildung wäre es nicht so weit gekommen. Die Evolution der Wirtschaftsordnung ist daher auf das Engste mit der Verwandlung der Gesellschaften im 18. und 19. Jahrhundert verbunden. Die Selbstbefreiung des Bürgertums aus den Fängen von Klerus und Königshof war die Grundbedingung auch für die Umwälzung der Produktionsverhältnisse.
    Erst die Veredelung des Menschen in der Zivilgesellschaft konnte den Kapitalismus und zugleich den Keim seiner Überwindung hervorbringen. Ohne die Französische Revolution von 1789, ohne den erfolgreichen Unabhängigkeitskrieg der amerikanischen Siedler gegen die britische Krone, ohne das Hambacher Fest im Jahre 1832, ohne all die aufklärerischen Mühen der sich entwickelnden Bürgergesellschaft hätte die Marktwirtschaft niemals das Licht der Welt erblicken können. An ihrer Wiege stand der zivilisierte Mensch, der Bildungs- und Staatsbürger, das sich seiner selbst bewusste Individuum, das nicht mehr als Befehlsempfänger und Untertan anzusprechen war. Die neue Selbstsicht der Menschen war das Kraftzentrum aller Veränderung, auch auf dem Feld der Ökonomie.
    Nun dürfen wir allerdings nicht so tun, als würden sich Kapitalismus und Marktwirtschaft gar nicht kennen. In der Evolutionsgeschichte der Wirtschaft ist der Kapitalist der direkte

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