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Unsere Claudia

Unsere Claudia

Titel: Unsere Claudia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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bist, so wie du dich hast anstrengen müssen. Aber willst du nicht noch ein bißchen Obst essen, ehe du ins Bett gehst?“
    „Ich nehme mir einen Apfel mit hinüber. Gute Nacht, Onkel Peter – und vielen, vielen Dank für die prachtvollen Schlittschuhe…“
    „Gute Nacht, Claudia, und herzlichen Dank für den heutigen Abend! Du hast deiner Mutter und mir wirklich ein wunderbares Weihnachten bereitet.“
    Claudia zog ihre Hand jäh wieder zurück.
    „Gute Nacht, Mutti, und vielen Dank für alles Schöne heute.“
    „Gute Nacht, mein kleines Mädelchen. Ich komme noch mal, wenn du im Bett liegst.“
    Claudia zog sich mit langsamen Bewegungen aus und ging ins Bett. Sie knipste das Licht aus und starrte mit offenen Augen in die Dunkelheit. Der Apfel blieb unangerührt auf dem Nachttisch liegen.
    Da ging leise die Tür auf, Claudia machte die Augen fest zu und tat, als ob sie schliefe.
    Mutti horchte ins Zimmer.
    Die lur wurde wieder geschlossen. Und Claudia lag weiter hellwach im Dunkeln. Aus dem Nebenzimmer hörte sie gedämpftes Sprechen. Sie fing hin und wieder ein Wort auf. Es kam ihr gar nicht in den Sinn, daß sie eigentlich dalag und horchte.
    „Du mußt es ihr gleich morgen früh erzählen“, hörte sie Onkel Peter sagen.
    Claudia lächelte bitter. Es war weiß Gott nicht notwendig, morgen früh irgendwas zu erzählen! Dachte Onkel Peter, sie sei noch zu klein, um so etwas nicht zu merken?
    Dann wieder leises Reden. Jetzt Muttis Stimme, klarer, deutlicher: „Sie hat eine viel zu große Verantwortung für ihr Alter, Peter. Es war gar nicht zu umgehen, daß sie zu früh erwachsen wurde. Und nun ist es zu spät. Du kannst heute kein sorgloses und unbefangenes Kind mehr aus ihr machen.“
    Wieder gedämpfte Unterhaltung. Nun wieder Peters Stimme, warm und voller Güte:
    „Ich habe dein Mädelchen furchtbar gern, Anita. Das darfst du nicht vergessen! Und ich möchte alles tun, was in meiner Macht steht, um ihr noch ein paar sorglose und fröhliche Kinderjahre zu verschaffen, ehe sie ernstlich erwachsen ist.“
    „Kind, schläfst du denn nicht?“
    Mutti hatte die Nachttischlampe angeknipst, und in deren mildem Licht sah sie, daß die Tochter auf dem Rücken lag, mit weit offenen Augen.
    „Ist Onkel Peter schon gegangen?“
    „Ja. Ich soll grüßen.“
    „Danke.“ Dann schwiegen sie beide. Die Mutter schaute verstohlen auf die Tochter.
    „Bist du nicht müde, Claudia?“
    „Nein.“
    Wieder sah Anita Keller ratlos zu ihrer Tochter hinüber.
    Dann faßte sie einen Entschluß, ging zu ihr und setzte sich auf den Bettrand.
    „Kleines. Du bist ein kluges Mädchen. Und ich glaube – ich glaube, ich brauche dir nicht erst zu sagen, was ich auf dem Herzen habe.“
    „Nein, Mutti. Das brauchst du nicht. Du willst Onkel Peter heiraten. Nicht wahr?“
    Zu ihrem eigenen Entsetzen merkte Claudia, daß ihre Stimme bebte vor unterdrücktem Weinen. „Ja, Kleines. Das will ich.“
    Claudia wollte etwas sagen, aber sie hatte einen fürchterlichen Kloß im Hals, und sie wußte, wenn sie nur ein Wort sagte, würden die Tränen kommen.
    Da fing Mutti behutsam zu reden an. „Claudia, mein Kind… Onkel Peter hat mich gern, und ich ihn. Du magst ihn auch, das weiß ich. Und eins mußt du noch wissen: Onkel Peter hat dich auch so gern, und hat keinen größeren Wunsch, als dir das Dasein gut und freundlich zu gestalten.“
    Claudia schwieg weiterhin. In ihr wogte es; da waren tausend Dinge, die sie sagen wollte – aber sie konnte nicht.
    „Bist du – bist du traurig, Claudia – – bist du enttäuscht? Denk doch mal, was es für dich bedeutet, Kind. Du wirst eine Mutter haben wie andere auch. Eine Mutter, die zu Hause ist, die den Haushalt macht, dir die Tür aufmacht, wenn du von der Schule nach Hause kommst. Du wirst nicht mehr ein einsames kleines Schlüsselkind sein!“
    Da warf sich Claudia im Bett herum, richtete sich in halbsitzende Stellung auf.
    „Schlüsselkind! Immer nennst du mich Schlüsselkind. Aber ich hab’ es gut als Schlüsselkind! Und ich finde es gut für mich, so wie alles ist. Du brauchst mich doch, Mutti – bis jetzt hast du mich gebraucht – du hast mich für deinen Haushalt gebraucht, und das Teebrett abends am Bett und die Fußbäder – und alles, alles war immer so schön – und du warst immer meine beste Kameradin – – und jetzt – jetzt – jetzt brauchst du mich nicht mehr.“
    Bei den letzten Worten versagte Claudia die Stimme. Die Ungewißheit der letzten Wochen, die Angst,

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