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Unsere Claudia

Unsere Claudia

Titel: Unsere Claudia
Autoren: Berte Bratt
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sehen, wie er in einem großen, grünen Wasserbecken mit einem Ball spielte. Sie gingen zu den Elchen und Renen, und zuletzt waren sie bei den Luchsen und allen Vögeln. Onkel Bo erzählte, wenn die Vögel in den riesengroßen Käfigen gefüttert würden, säße es oben auf den Käfigen immer voll von wilden Vögeln. Die hatten herausbekommen, daß hier kostenlos gefüttert wurde, und sie kamen in hellen Scharen. Keiner aber brachte es übers Herz, diese Tiere zu enttäuschen, und es war unvorstellbar, was dadurch auf Skansen an Tiernahrung verbraucht wurde. Wenn man den Vögeln die Käfige öffnete und ihnen die Freiheit schenkte, so kamen sie immer wieder zurück. Und die Tiere vermehrten sich unwahrscheinlich – was sie in Gefangenschaft nur tun, wenn sie sich wohl fühlen.
     
     

     
     
    Jetzt glänzten Karins Augen, und sie sprach froh und heiter wie sonst. Sie streichelten kleine Ponys, sie blieben stehen und sahen sich die drei großen gelben Wölfe in der geräumigen Wolfsgrotte an.
    „Findest du sie unheimlich?“ fragte Claudia. Karin schüttelte den Kopf.
    „Nein“, antwortete sie, „sie tun mir leid.“
    „Weil sie im Käfig sind?“
    „Ich meine nicht gerade diese drei Wölfe hier, sondern überhaupt Wölfe. Sie sind so nahe mit dem Schäferhund verwandt, das kann man doch sofort sehen. Und den Schäferhund loben wir wegen seiner Klugheit und Treue, aber die Wölfe nennen wir nur feige und gefährlich. Ist doch klar, daß sie gefährlich sind, wenn sie Hunger haben. Das sind schließlich alle. Und die Wölfe sind doch Raubtiere. Es ist so eingerichtet, daß sie töten müssen, um fressen zu können. Und sie sind bestimmt nicht feiger als Hunde! Hunde sind oft feige… es sind sicher immer nur die Ausnahmen, die mutig sind!“
    „Wenn du von Tieren sprichst, Karin, dann redest du wie ein Wasserfall“, lächelte Onkel Bo. „An dem, was du da sagst, ist übrigens allerhand dran. Ich las neulich erst von einem Mann, der sich einen zahmen Wolf anstelle eines Hundes hielt, und der war sogar klug und treu.“
    „Ich würde auch gern einen haben“, meinte Karin. Sie sahen noch einen Vielfraß und einen Otter – und daß sie den Otter zu Gesicht bekämen, das sei ein glücklicher Zufall, meinte Onkel Bo, denn er halte sich für gewöhnlich in einer der kleinen Grotten gut versteckt.
    Allmählich war es spät geworden, und trotz der Schokolade und dem Kuchen, die sie am Vormittag vertilgt hatten, hatten sie Verlangen nach einer ordentlichen Mahlzeit.
    „Dann müssen wir die Nasen heimwärts wenden“, sagte Onkel Bo. „Wenn ihr nämlich denkt, ich könnte es mir leisten, euch alle drei nebst meiner Wenigkeit zu einem teuren Sonntagsessen auf Skansen einzuladen, dann habt ihr falsch gedacht!“
    „Wir möchten es nicht einmal“, sagte Tante Helga. „Denn Oma wartet mit einem schönen Mittagessen auf uns – laßt uns nur schnell nach Hause gehen –, es gibt heute Lammfrikassee und Apfeltorte, daß ihr es wißt!“
    „Und Omas Apfeltorte!“ sagte Karin mit strahlenden Augen und leckte sich die Lippen.

„Das ist nicht in Ordnung, Ulla!“
     
     
    Claudia wurde aus Karin nicht klug. Hin und wieder war sie wirklich reizend und gemütlich, sie waren lustig und kamen gut miteinander aus, und daß Claudias Hilfe ihr bei den Schulaufgaben von Nutzen war, das stand fest. Aber zu andern Zeiten, namentlich wenn Claudia von Tante Helga gelobt wurde oder wenn Bertil die kleinen Ärmchen um ihren Hals schlang und sagte „Kaudi is lieb“, verfinsterte sich Karins Gesicht, sie wandte sich schroff ab, manchmal machte sie auch eine spöttische und unfreundliche Bemerkung. Es war gerade so, als passe es ihr nicht, daß Brüderchen zärtlich mit Claudia war. Aber was konnte man denn anderes erwarten? Claudia war doch sein „Kindermädchen“ und tat nichts lieber, als ihn zu betreuen und mit ihm spazierenzugehen. Sie konnte so geduldig mit Bertil auf dem Schoße dasitzen und ihn füttern, sie zog ihn um und fuhr ihn in der Sportkarre aus, und sie amüsierte sich königlich, wenn er deutsche Worte plapperte.
    „Der Bengel lernt ja gar nicht seine Muttersprache“, sagte Tante Helga lachend.
    „Aber gerade das tut er ja“, widersprach Claudia. „Es ist die Vatersprache, die zu kurz kommt!“
    Aber Bertil plapperte das wenige, was er konnte, mal deutsch und mal schwedisch ohne große Sprachprobleme. Und Claudia verstand immer, was er wollte.
    Karins Laune wechselte andauernd, leider war sie oftmals ganz
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