Unsere feuerrote Hexe
respektieren wir natürlich“, antwortet sie heiser.
Als wir an dem kleinen Haus in einem Vorort von Dublin ankommen, erwartet uns Maureen schon an der Haustüre.
Sie begrüßt mich freundlich und drückt mich an sich, ihren Babybauch kann man schon deutlich sehen, dann führt sie mich hinein. Robert ist im Wohnzimmer, er wirkt recht gefasst.
„Ich weiß nicht, was ich sagen soll“, flüstere ich nur, als ich ihn kurz umarme.
„Ist schon okay“, nickt er schnell.
Heather und Maureen haben etwas zu essen vorbereitet, doch so richtig haben nur die Kinder Appetit.
Nach dem Essen laufen sie alle hoch in die Zimmer von Mary und Katie. Man hört ihr fröhliches Lachen bis hier unten, doch keinen scheint das irgendwie zu stören.
Ich schaue mich ein bisschen um, das Haus ist klein und alles scheint nicht so recht zusammenzupassen. Es ist ein bunter Stilmix, genauso wie Lilly auch gekleidet war. Aber es verbreitet eine heimelige Atmosphäre, man fühlt sich sofort wohl hier.
Ich entdecke eine Uhr, die Anzeige darauf stimmt nicht mit meiner überein. Verstohlen suche ich eine weitere Uhr, die Zeitangabe ist die gleiche wie bei der anderen Uhr – aber das kann nicht sein.
„Wie… wie spät ist es?“, frage ich Jamie leise.
„Halb eins“, antwortet er mir. „Es ist bei uns üblich, die Uhren anzuhalten, aus Respekt dem Verstorbenen gegenüber.“
„Oh … das wusste ich nicht.“
„Möchtest du etwas von Dublin sehen?“, fragt Maureen mich und ich bin doch verblüfft über das Angebot.
„Lilly wäre sehr wütend, wenn wir hier alle ständig mit langen Gesichtern herumsitzen würden. Du warst noch nicht hier, oder?“
„Nein.“
„Ist das okay, Robert?“, sie legt eine Hand auf die Schulter ihres Schwagers.
„Natürlich, haut schon ab. Ich muss eh gleich noch zum Pf arrer. Hazel, James und Paul werden mich begleiten“, sagt er heiser.
Ich bin froh, als wir ein wenig durch die Stadt bummeln. Es nimmt ein bisschen von der traurigen Atmosphäre und lässt einen durchatmen.
Gegen Abend essen wir alle zusammen, auch Hazel und Paul sind jetzt dabei – und dieser James, wie Heather mir erklärt ist das der Vater von Lilly. Er und Hazel pflegen einen freundlichen Umgang, auch Paul scheint keine Probleme mit seinem Vorgänger zu haben, zumindest hat das den Anschein. Aber es gäbe wohl auch kaum einen unpassenderen Zeitraum, um sich zu streiten oder sonst wie anzugiften.
Heather und ich fahren abends in eine kleine Pension, bei Robert bleiben jetzt seine Eltern, nette, einfache Leute, denen man ihren Kummer deutlich ansehen kann.
„Wie fühlst du dich?“, frage ich Heather, als sie sich im Bett an mich schmiegt.
„Frag lieber nicht. Ein Teil von mir ist mit ihr gestorben. Es ist so komisch sich vorzustellen, dass wir sie nie wieder berühren können oder mit ihr lachen“, antwortet Heather leise. „Und mir graut es vor dem morgigen Gottesdienst. Nicht wegen eurer Kirche, aber es ist der Anfang vom endgültigen Abschiednehmen.“
„ Ich weiß“, flüstere ich. Nur zu gut habe ich noch die Beerdigung meiner Mutter im Kopf.
Die kleine Kirche ist bis zum letzten Platz gefüllt. Ich und Heather setzen uns mit Maureen und Jamie in eine Bank, mit uns nimmt eine Cousine von Heather Platz, Emma, die sich um die Kinder von Lilly kümmert. Sie hat die kleine Katie auf dem Schoß und Mary sitzt wie versteinert neben ihr.
Der Sarg ist neben dem Altar aufgebahrt, er ist offen und viele gehen noch einmal zu Lilly. Auch ich tue da s, sie sieht eigentlich aus wie immer. Sie trägt ihr Hochzeitskleid, das war ein Wunsch von Robert.
Robert geht mit seinen Töchtern als Letzter zum offenen Sarg, Katie versteht das alles nicht, sie ruft die ganze Zeit nur ‚Mummy, Mummy’, aus den Augenwinkeln sehe ich, dass sich Maureen an Jamie festklammert und bitterlich weint. Jamie sieht recht besorgt aus, und ich kann nur mit ihm hoffen, dass die Trauer um ihre Schwester Maureens Schwangerschaft nicht schadet.
‚Das würde jetzt gerade noch fehlen’ , denke ich traurig.
Als der Pfarrer beginnt, drücke ich leicht Heathers Hand, die wieder eiskalt ist. Sie hält sich wirklich tapfer, während Maureen immer noch leise schluchzt.
Als Robert nach vorne geht, muss ich heftig schlucken. Er lächelt ein wenig und räuspert sich.
„So, Darling. Wer hätte das gedacht, dass ich jetzt doch das letzte Wort haben würde“, grinst er schief in Richtung Sarg. „Ich weiß nicht, was ich groß über dich sagen
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