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Unsichtbare Kräfte

Titel: Unsichtbare Kräfte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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»Die >Susanna< wird gleich vor Anker gehen.«
    Alle drängten ins Freie. Auch Wildrake und Droste, die neben Maria gesessen, waren aufgestanden, doch die Blinde hielt sie zurück.
    »Bleibt! Es ist etwas geschehen.« Stoßweise kamen die Worte aus ihrem Munde. »Ein Fremder war hier bei mir, hat mit mir gesprochen.«
    Erschrocken schauten die beiden auf Maria, die sich offenbar in tiefster Erregung befand.
    »Nein! Ich bin nicht krank. Es ist so! Ein fremder Mann - ich habe ihn gesehen ... gesehen!« Sie zwang sich ein Lachen ab. »Ja, Robert, meine Augen haben ihn gesehen! Alles umher war finstere Nacht. Aber den Mann, der hier bei mir war, den sah ich!«
    Maria schob den Arm, den Wildrake um sie schlang, ungeduldig zur Seite. »Der Fremde hat auch mit mir gesprochen. Wer es war? Ja, wenn ich’s wüßte! Und doch, er schien mir bekannt!«
    In kurzen, abgerissenen Worten beschrieb sie das Bild des Fremden. Noch während sie sprach, wechselten Wildrake und Droste bedeutsame Blicke. Nur auf einen konnte die Schilderung passen: auf Dr. Arvelin. Doch wie sollte der hierhergekommen sein? Er saß ja in Winterloo.
    Maria mußte geträumt haben. Im Traume war Arvelin ihr erschienen. So nur konnte es sein.
    Wildrake wollte Maria sanft emporziehen. »Komm mit hinaus, Liebste! Es war nicht gut, daß du tagelang so einsam warst. Deine Nerven sind überreizt. Du hast einen schlimmen Traum gehabt.«
    »Schlimmen Traum? Nein! War’s ein Traum, dann war es ein schöner! Der Fremde sprach zu mir liebe, gute Worte. Ehe er mich verließ, strich er mir über die Augen, flüsterte in mein Ohr: Nicht lange, dann kommt der Tag, wo deine jetzt toten Augen wieder lebendig alle Schönheiten der Welt genießen ... Oh, käme der Tag doch bald!«
    Als fühle sie, was die beiden Männer dachten, griff sie in die Tasche. »Ihr Ungläubigen! Können Geister Botschaften bringen? Hier!« Sie riß den Zettel hervor. »Dieses Stück Papier gab er mir in die Hand.«
    In Hast nahm Wildrake es an sich. Und über seine Schulter starrte auch Droste auf das Blatt.
    »Euer Aufenthalt auf der Insel ist verraten. Jean Renard hat eure Anwesenheit entdeckt. Er ist den Brasilianern in die Hände gefallen. In der Hoffnung, sein Leben zu retten, hat er Major Tejo das Geheimnis preisgegeben.«
    Immer wieder lasen sie die Worte. Standen wie betäubt.
    »Nun, ihr schweigt? Was schreibt der Fremde?«
    Mit tonloser Stimme erklärte Wildrake ihr die wenigen Sätze.
    »Ich wußte es ja!« Maria hob freudig die Arme. »Ein guter Freund, der uns warnen will. Und es ist ja auch wahr, was er von Jean Renard schreibt. Verzeih, Robert, in meiner Aufregung vergaß ich, dir zu erzählen, was vor ein paar Tagen hier geschah, kurz bevor Barradas mit der >Susanna< nach Tabago fuhr.«
    Eilig berichtete sie von dem Flieger, der zur Insel gekommen, dann nach Norden weitergeflogen sei.
    Von draußen klangen Schritte. Barradas und Alvarez traten ein.
    »Zur Stelle, Captain Wildrake! Die >Susanna< glücklich wieder hier! Und Sie, Santa Maria, wie ist’ s Ihnen gegangen? Waren schwere Tage für mich - der Gedanke, daß Sie so allein hier ...«
    Barradas hielt inne. Wildrake war auf ihn zugetreten, ergriff ihn am Arm, zog ihn hinaus. Als der Kapitän dann wieder zurückkam, hatte sich seine Erregung noch verstärkt.
    »Es ist wahr, Droste: Renard war da, hat unseren Schlupfwinkel entdeckt! Daß er, von den Brasilianern gefangen, Tejo alles gestanden haben soll, wie hier auf dem Zettel steht - welch rätselhaftes Wesen hat das geschrieben? Und wie kam es auf unsere Insel? Pablo versicherte hochheilig, niemand sei hiergewesen.«
    Wildrake wog den Zettel in der Hand, schaute zu Maria, zu Droste. »Welch Geheimnis, welch unergründliches Rätsel!
    Was sollen wir tun?«
    »Du fragst noch, Roberto?« rief Maria. »Wir müssen fort! Alle! Heute noch. Es wäre vermessen, wollten wir den Rat des unbekannten Freundes mißachten.«
    »Santa Maria hat recht!« warf Barradas ein. »Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß Jean Renard uns ausspioniert hat. Dem Burschen zu trauen wäre leichtsinnig. Auf die Dauer würde uns die Abgeschiedenheit hier sowieso nur lästig werden. Jetzt, wo das Vaterland wieder in vollem Kampfe mit den Brasilios steht, ist unser Platz an der Seite unserer Kameraden dort. Errichten wir in Venezuela unsere Station, sparen wir also den weiten Weg!«
    Als der folgende Morgen graute, war alles zur Abfahrt bereit. Die Ladung der »Susanna« war von der »Venezuela libre«

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