Unsortiertes
er hatte eine Pizza Diabolo und ich eine Hawaii, verlief in
gelöster Stimmung und wir kamen ins Plaudern über Gott und die Welt. Wir
vergaßen irgendwie die Zeit und die Welt um uns, hatten nur Augen für den
Anderen. Nach dem Espresso stellte ich mit Erschrecken fest, dass es schon nach
zehn war, ein nahtloses Anknüpfen an die letzt intime Handlung war allein
zeittechnisch nicht mehr machbar. Auch die betäubende Wirkung des weißen
Pulvers, das man sonst durch die Nase zieht und er sich diesmal zu
Entspannungszwecken auf die Rosette geschmiert hatte, dürfte mittlerweile
verflogen sein.
So gingen wir, wieder Händchenhaltend, gen Bahnhof und knutschten wie
ein frisch verliebtes Paar auf dem Bahnsteig. Die Blicke der Leute störten uns
nicht, so viele Menschen waren ja um diese Uhrzeit nicht anwesend.
Die Rückfahrt war öde, der Zug fast menschleer. Der Punk, der an der
Station nach dem Hauptbahnhof eingestiegen war, sah zwar interessant aus und
schielte permanent in meine Richtung, aber meine Gedanken waren noch bei
Benjamin. Ob er anrufen würde? Wir hatten unsere Nummern ausgetauscht, aber …?
Er würde bestimmt anrufen, da war ich mir sicher, … na ja, ich hoffte es
jedenfalls. Oder wünschte ich es mir nur?
War ich auf dem Weg, mich zu verlieben? Sollte Benjamin tatsächlich der
Deckel sein, von dem Jost gesprochen hatte? Ich schüttelte innerlich den Kopf.
Gut, es war ein geiler Nachmittag und ein angenehmer Abend gewesen, aber mehr?
Das würde die Zeit bringen und im Moment? Ich hätte ihm gerne eine SMS
geschickt, aber mein Mobilteil lag auf dem Schreibtisch.
Als ich es 25 Minuten später in Händen hielt, machte mein Herz
Freudensprünge. Er hatte tatsächlich geschrieben! „Wünsche Dir eine gute Nacht!
Freue mich schon auf Samstag. Dickes Bussi - B.“ Wir hatten uns für das
Wochenende verabredet, er wollte zu mir kommen und ich sollte mein Werk
vollenden. Schnell tippte ich die Antwort. „Dir auch angenehme Träume! Hoffe
mal, die Woche wird kurz. XXX - B“
Laut pfeifend machte ich die Tür zu meinem Büro auf. „Guten Morgen,
Sonnensteinchen!“
Ute Sonnenstein, meine gute Seele, denn sie war weit mehr für mich als
nur eine Sekretärin oder gar bloße Schreibkraft, grinste. „Da hat aber jemand
gute Laune! Guten Morgen, Chef.“
Ich grinste sie an. „Wünsche ich ihnen auch, Sonnensteinchen, wünsche
ich auch.“
„Anscheinend war ihr Sonntag sehr unterhaltsam, denn ihre gute Laune
können sie beileibe nicht von der Westermannschen Party herübergerettet haben!
Jede Trauerfeier ist lustiger als der Totentanz, der da aufgeführt wurde!“
„Sonnensteinchen! Nichts Schlechtes über Kollegen, die noch leben.“ Ich
grinste sie an.
„Ist doch wahr! Wie kann man für seine Silberhochzeit unter das Motto
‚Winterträume‘ stellen? Und das am Sommeranfang? Das ist doch wirklich …“ Ihr
Finger tippte an ihre Stirn. Sie hatte ja Recht, Gänsekeulen mit Rotkraut
passten wirklich nicht in die Jahreszeit.
„Na ja, aber der Nachtisch war nicht schlecht!“ Irgendein Parfait mit
Lebkuchengeschmack
„Wenn man auf Aachener Printen steht, dann ja, aber die habe ich als
Kind schon nicht gemocht! Und der Rest? Schweigen wir besser!“
„Aber sehen sie es mal so, der Abend stand unter dem Motto: ‚Ut desint
vires, tamen est laudanda voluntas‘, oder?“ Ich griente immer noch.
„Sie und ihre lateinischen Schweinereien!“ Lachend schüttelte sie ihren
Kopf.
„Wenn auch die Kräfte geben, so ist der Wille doch zu loben!“
„Apropos fehlen! Doktor Heermann hat sich krank gemeldet, er ist
gestern angeblich …“ Ihre Finger deuteten bei dem letzten Wort
Anführungszeichen an. „… beim Joggen gestürzt. Wenn sie mich fragen, bei dem
hängt mal wieder der Haussegen schief! Der ist ja um die Neue herumscharwenzelt
wie eine Fliege um einen Misthaufen und das in Anwesenheit seiner Frau! Auch
wenn seine Alte eine Schrapnelle ist, aber das gehört sich nicht!“
Der Doktor der Jurisprudenz Klaus Heermann war wirklich kein
Kostverächter, wenn man mir diese Bemerkung erlaubt. „Und was hat das mit mir
zu tun?“
„Eigentlich nicht viel, aber ihr Onkel hat bestimmt, dass sie die
Prozessvertretung für unser Heermännchen übernehmen werden. Der Knabe ist
geständig, es geht also nur noch um das Strafmaß! Meiner Ansicht nach dürfen 18
Monate auf Bewährung rauskommen.“
„Aber … ? Ich bin kein
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