Unsortiertes
Präsenztag im Verlag,
suchte ich deshalb eine Drogerie auf und erstand dort, neben der Ersatzpackung
für Inge, ein Spezialmittel, das – laut Aufschrift – jedwede Blockierung
beseitigen sollte. Aber, außer einem Loch in meinem Portemonnaie, brachte es
keinen großen Erfolg, der Abfluss weigerte sich immer noch beharrlich, seinen
bestimmungsmäßigen Auftrag zu erfüllen.
Irgendwie musste das Problem gelöst werden. Zwar machte mir das Wasser
an den Füßen nicht viel aus, ich mochte es sogar, aber die Tropfen aus der
Kellerdecke bereiteten mir dann doch einige Sorgen. Das Haus, in dem ich
wohnte, war Baujahr 1911 und die Kellerdecke war nur gemauert. Alter Zement und
Wasser? Außerdem befand sich die gesamte Elektroverteilung keinen halben Meter
von der Stelle entfernt, wo es, je nach Füllgrad der Dusche, mal mehr oder mal
weniger tropfte.
Hätte es sich um den Abfluss am Waschbecken gehandelt, ich hätte selber
Hand angelegt, aber da der Casus Belli unerreichbar unter der Dusche lag,
konnte ich das nicht. Ich machte das, was jeder vernünftige Mensch in einem
solchen Fall tun sollte: Ich rief meinen Vermieter an und teilte ihm mit,
welches Ungemach dem Hause widerfahren war. Er versprach, sich am Montagmorgen
persönlich vom Ausmaß des Schadens zu überzeugen und alles Weitere dann dort
mit mir zu besprechen.
Als Werner Keimburg dann auftauchte und ich ihm das Tropfen aus der
Decke plastisch demonstrierte, zuckte er mit den Schultern. „Ich würde das
normalerweise ja selber machen, aber mein Rheuma! Ich bin froh, mich überhaupt
etwas bewegen zu können. Ich werde wohl teure Handwerker beauftragen müssen.“
Mein Mitleid hielt sich in Grenzen. „Mir soll das egal sein, nur … ich
habe keine Lust, plötzlich mit der Dusche im Keller zu landen. Außerdem … die
Elektrik könnte in Mitleidenschaft gezogen werden.“
„Ach! Die Leitungen sind sehr gut abgeschirmt, da wird schon nichts
passieren.“ Der Schreiner glaubte wohl selbst nicht an das, was er mir gerade
gesagt hatte. „Wann können die Handwerker den anrücken?“
Anscheinend hatte er nicht nur Rheuma, augenscheinlich litt er auch
unter Gedächtnisverlust. Ich weiß nicht, wie oft ich ihm schon mitgeteilt
hatte, dass ich als Lektor eher der Heimarbeiter bin und bis auf meinen
Präsenztag im Verlag meine Arbeit in meinen eigenen vier Wänden verrichtete.
„Bis auf Donnerstag immer!“
„Alles klar, dann weiß ich ja Bescheid.“ Wir verabschiedeten uns und
ich machte mich wieder an meine Arbeit: 400 Seiten eines Autoren, der Kommata
nur nach dem Zufallsprinzip in seinem Text verteilt, korrigierten sicher nicht
von alleine. Ich war gerade auf Seite 15 angelangt, da klingelte das Telefon.
Mein Vermieter teilte mir mit, dass die Sanitärfirma am Mittwochmittag kommen
würde. Ich machte mir eine entsprechende Notiz und versuchte, meine Gedanken
wieder auf den wirren Wortsalat, der auf dem vor mir liegenden Papier
herrschte, zu konzentriere.
Es klingelte. Verschlafen blickte ich auf den Wecker, es war kurz nach
Sieben. Ein erneuter Gong ertönte. Wer, um alles in der Welt, wollte um diese
Uhrzeit zu mir? Ich rieb mir meine Augen, ich hätte kaum drei Stunden
geschlafen, mittlerweile war ich bis auf Seite 118 an diesem tollen Werk
vorgedrungen. Ich warf mir den Bademantel über und schleppte mich mehr zur Tür.
Ich wollte denjenigen, der Einlass begehrte, erst zur Sau zu machen und dann
umbringen; oder was es umgekehrt? Ich drückte den Öffner, machte meine eigene
Wohnungstür auf und holte schon einmal tief Luft, um gleich richtig loslegen zu
können.
Durch die Haustür lugte ein blonder Schopf und blickte leicht verstört
in meine Richtung. „Guten Morgen. Wir sind die Handwerker von Sanitär Lammers
und kommen wegen der defekten Dusche.“
Ich konnte nur noch stöhnen! Es war zwar Mittwoch, aber hatte mein
Vermieter nicht etwas vom Mittag gesagt? Für mich war es noch tiefste Nacht!
„Dann kommt mal rein.“
Der junge Bengel griff nach unten und betrat, mit Werkzeugkiste in der
Hand, den Flur. Wie alt mochte er sein? Keine 20, eher jünger, aber meine Augen
waren noch nicht voll einsatzfähig. Er grinste mich frech an, als er an mir
vorbeiging, er roch nach Deo. „Wo ist denn die Dusche?“
„Durch die Küche, die Tür auf der rechten Seite.“ Ich wohne ja in einem
Altbau und die Badezimmer sind erst in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts
nachträglich eingebaut
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