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Unsortiertes

Unsortiertes

Titel: Unsortiertes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Darius von Benin
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Eltern denn auch schon kennengelernt?“
     
    Ich schüttelte den Kopf. „Nein, wir kennen uns ja selbst erst seit
Mittwoch, ist also alles noch ganz frisch bei uns. Allerdings dachte ich nicht,
dass er so hinterhältig ist und mich so vorführt. Wir haben ja erst in zwei,
drei Stunden mit euch gerechnet. Von daher … kriegt er das wieder!“
     
    „Marc Aurel sagte zwar, dass die beste Art, sich zu rächen, die ist,
nicht Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Aber Junge?“ Mama grinste mich an.
„Seit dem Halbfinale bei der WM 2006 haben wir noch eine Rechnung mit den
Italienern offen: Zeig denen, was eine Harke ist!“
     
    „Ganz, wie du meinst, Mama, ganz wie du meinst!“
     
     
     
    Meine Rache folgte drei Wochen später: Wir hatten uns in der Eisdiele
seiner Eltern, die ich da schon kennengelernt hatte, verabredet. Ich war jedoch
schon fünf Minuten vor der Zeit da, unter dem Arm trug ich einige Umzugskartons
in gefalteter Form. Angelos Mutter blickte mich fragend an, begrüßte mich aber
herzlich wie immer.
    Aber irgendwann siegte dann doch ihre Neugier. „Was willst du mit den
Kartons?“
     
    „Ich? Nichts! Die sind für deinen Sohn!“ Ich grinste sie an, als ich an
meinem Espresso nippte.
     
    Man sah, wie es in ihr arbeitete. „Mi figlio will umziehen? Wohin? Zu
dir?“
     
    Ich nickte und setzte zur Antwort an, aber in diesem Moment kam mein
Mechaniker um die Ecke, er wurde sofort mit einem italienischen Wortschwall
begrüßt, der etwas heftiger war. Ich verstand zwar kaum ein Wort, aber allein
die Tonlage des Vortrags sprach Bände. Er schaute mich grimmig an, ich zuckte
nur unschuldig mit den Schultern. „Angelo, du hättest mir sagen müssen, dass du
noch nicht mit deinen Eltern über deinen Umzug zu mir gesprochen hast. Wie
stehe ich denn jetzt da?“
     
    Mein Schatz bekam, wie ein Fisch auf dem Trockenem, Schnappatmung, in
dem Augenblick zückte sie ihre Digitalkamera und drückte ab. Die Italienerin
grinste über beide Backen. „Andreas, sage bitte deiner Mutter, ich schicke ihr
das Bild morgen als Email. Sie hat mich angerufen und wollte ein Bild vom
Ausgleich haben.“

Ju & Ju
    Der Bau war ein Relikt späten 70er Jahre des letzten Jahrhunderts, die
Sitzgelegenheiten wirkten fast schon wieder modern, waren aber unbequem bis zum
geht nicht mehr. Aber was erwartet man auch von einem Gericht? Es soll Recht
gesprochen und kein Schönheitspreis verliehen werden, aber etwas freundlicher
hätte man das Ganze dann doch gestalten können; das Farbkonzept an den Wänden
war einfach zum Weglaufen!
    Ich starrte auf die Wand, massierte mir die Schläfen, ein leichter
Kopfschmerz war im Anzug. Was machte ich hier eigentlich? Ich wartete! Wartete
darauf, dass ich endlich aufgerufen würde, um eine Zeugenaussage zu machen.
Eine Zeugenaussage in einer Sache, die ich längst erfolgreich verdrängt hatte.
Vier lange Jahre hatte ich nicht mehr an Enrico gedacht, der plötzlich
jeglichen Kontakt zu mir eingestellt hatte. Was hatte ich damals getrauert!
Aber aus Trauer wurde Wut und aus Wut schließlich Vergessen; das Leben musste
ja irgendwie weitergehen.
    Aber seit genau vier Tagen, seit ich die Ladung aus Briefkasten gefischt
hatte, hatte das Vergessen ein jähes Ende gefunden: Enrico spuckte mir wieder
im Kopf herum! Ich hatte Albträume, wachte schweißgebadet auf, meine innere
Ruhe war dahin. Aber was sollte ich aussagen? Zuletzt hatte ich ihn Ostern 2007
gesehen, dann folgten ein paar Briefe; in seinem letzten Schreiben deutete er
einen arabischen Gönner an. Während ich dachte, er wäre der Lustknabe eines
orientalischen Scheichs, hatte ein gewisser Benedikt Hartenberg ihn umgebracht,
der Tatvorwurf lautete auf Totschlag.
     
    Die Tür zum Saal wurde geöffnet, ein etwas schmächtiger
Justizwachtmeister lugte in den Flur. „Herr Kleeve?“ Ich nickte. „Kommen sie
bitte, sie sind jetzt dran.“
     
    Ich folgte dem Uniformträger, der mich mehr oder minder zum Zeugenstuhl
führte. Nach dem Setzen öffnete ich die Knöpfe meine Sakkos, ließ meinen Blick
umherschweifen. Rechts von mir saßen zwei Männer, ein etwas dicklicher
Brillenträger in Robe und ein schnuckliger Jüngling, wenn auch in einem etwas
billigen Anzug.
    Auf der Richterbank saßen drei Berufsrichter, die beiden „Zivilisten“
saßen jeweils Außen, der Mann kam mir vor wie ein Lehrer, die Frau, die neben
der Protokollführerin saß, sah aus wie die Schwester meiner Zahnärztin, sie
hatte das gleiche Pferdegebiss. Der Vorsitzende

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