Unsterbliche Bande
Weiß gekleidet – ein lockeres weißes Hemd in der Länge einer Tunika, weiße Lederhose, weiße Stiefel. Sein langes Haar war offen und von der Farbe eines neuen Pennys. Es glänzte hell in der Wintersonne, als bestünde es tatsächlich aus Metall und nicht aus Kollagen. Um den Hals trug er eine Kette mit einem Anhänger, der aussah wie ein riesiger blauer Saphir. Seine schlanke Hand hob sich anmutig, um den Stein zu berühren. Er murmelte einige Worte.
Dinalaran verstummte und erstarrte. Langsam wanderte seine Hand zu seinem Stiefel. Er zog ein Messer heraus, schloss die Augen und setzte die Spitze der Klinge auf eines seiner Augenlider. Er änderte leicht den Winkel und stieß sie sich ins Gehirn.
Sein Körper fiel über den Alycithins.
»Armer Dinalaran. Er hat so gut er konnte gebüßt«, sagte Benessarai mit dem Kupferhaar.
»Tja, nun«, sagte Friar. »Bei uns gibt es ein Sprichwort: Ende gut, alles gut.«
»Zeit, aufzuräumen.« Benessarai trat zur Seite und gab ein Zeichen. Vier Elfen strömten aus der Tür. Sie trugen Lederhosen in verschiedenen Farben, doch ihre Hemden waren genauso wie seins: weiß und lang und fließend. Auf dem Rücken trugen sie große Scheiden mit langen Messern.
Einer der vier sagte etwas. Ihre schönen Gesichter waren gleichmütig, ungerührt von dem, was aussah wie ein Mord mit anschließendem Selbstmord. Doch als sie bei den Toten waren, gingen sie mit großer Behutsamkeit vor. Dinalaran wurde von Alycithin heruntergezogen. Beide wurden hochgehoben und einige Meter weitergebracht, um dann wieder abgelegt zu werden. Die Elfen begannen, ihre Kleidung und ihre Glieder mit äußerster Genauigkeit zu arrangieren.
Benessarai sagte etwas in scharfem Tonfall. Die Elfen hielten inne und wichen zurück.
Friar sah ihn an und zog träge eine Augenbraue hoch. »Sie wollen nicht, dass die Toten in Stasis versetzt werden?«
»Ich muss mich zuerst selbst vergewissern, dass sie tot ist.«
»Ah. Sie trauen Ihren Leuten nicht zu, dass sie die Toten von den Lebenden unterscheiden können.«
Die Beleidigung prallte an der dicken Rüstung von Benessarais Arroganz ab. Er antwortete mit dem vollendeten Gleichmut desjenigen, der weiß, wie wenig er von den geringeren Wesen um ihn herum erwarten kann. »Das können Sie natürlich nicht verstehen. Sie war eine Missgeburt, aber zur Hälfte Rekklat. Bei einer Rekklat muss man immer auf Nummer sicher gehen.« Er wandte sich den Toten zu.
Robert Friar näherte sich Lily. Hinter ihm schwebte eine weiße diffuse Wolke.
Drummond war zurück. Es war lächerlich, wie erleichtert sie war.
Friar blieb vor ihr stehen. »Es hat sich viel verändert, seit wir das letzte Mal miteinander gesprochen haben.«
»Ja, das letzte Mal, als ich dich gesehen habe, warst du zu beschäftigt für ein Pläuschchen.«
»Seltsam. Ich meine mich zu erinnern, dass du diejenige gewesen bist, die es eilig hatte. Du und deine wölfischen Freunde.« Er strich ihr mit dem Finger über die Wange und senkte die Stimme. »Dieses Mal wirst du mir nicht weglaufen.«
Lilys Mund wurde trocken. Er klang entspannt. Er sah ruhig und gelassen aus, doch seine Augen glänzten fiebrig und erregt. Und mit dieser einzigen beiläufigen Berührung seines Fingers ließ er sie wissen, wie viel Macht er hatte. So viel, dass er sie kaum halten konnte, Macht, wie sie sie noch nie zuvor berührt hatte.
Sie wollte diesen Mann nicht fürchten, doch sie tat es. »Benessarai hat Dinalaran dazu gebracht, Alycithin zu töten. Mit einem Zwangzauber vielleicht.«
»Sehr gut«, sagte er, als sei sie eine Schülerin, die auf sein Lob hoffte. »Er ist ein sehr talentierter
seurthurin.
Das ist jemand, der die Künste des Geistes praktiziert. Benessarai würde sagen, das, was heute passiert ist, war Alycithins eigene Schuld. Sie hat es versäumt, sich zu vergewissern, dass ihre Leute angemessene Vorsichtsmaßnahmen getroffen hatten.«
»Dem Opfer die Schuld zuschieben? Wie überaus menschlich von ihm.«
»Das solltest du lieber nicht sagen, wenn Benessarai dabei ist. Ich fürchte, er hält von unserer Spezies nicht besonders viel.«
Der Elf mit den Kupferhaaren hatte sich neben Alycithins Leiche gekniet und malte Symbole in die Luft über ihren offenen, ins Leere starrenden Augen. Er sagte ein paar Silben, machte eine Pause, nickte dann zufrieden, stand auf und redete mit seinen Leuten in seiner eigenen Sprache.
»Wirklich ganz und gar tot«, murmelte Friar.
Lily hätte die Bestätigung nicht gebraucht.
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