Unsterbliche Bande
Fluchtgefahr verweigert worden war. Aber sein Stellvertreter an der Westküste war immer noch auf freiem Fuß und aktiv.
»Friar muss daran beteiligt sein«, sagte Cullen. »Wieso sollte Machek ihn sonst erwähnt haben? Die offizielle Version lautet, dass Robert Friar im September zu Tode kam, als der Berg einbrach.«
Lily blickte auf. »Aber Machek hat Friars Namen nicht genannt, oder? Ich war es. Er sagte nur, dass wir sicher den suchten, der für die Anschläge verantwortlich sei. Ich habe ihm dann die Vorlage geliefert.«
Verblüfft sah Cullen sie über die Schulter hinweg an. »Heilige Scheiße. Du hast recht. Hat er das absichtlich getan?«
»Ich weiß es nicht.«
»Wie bist du überhaupt darauf gekommen, dass er von seinem Partner sprach?«
»Stimmt ja, du hast seine Akte gar nicht gesehen.«
Rule dagegen kannte sie so gut wie auswendig. »Arjenie hat recht viel über Adam King gefunden«, sagte er. »Er tauchte in einer ihrer Datenbanken auf, weil er und Jasper gemeinsam vor drei Jahren das Haus gekauft haben. King ist ein Architekt, der vor einigen Jahren wegen Kürzungen des Staatsbudgets entlassen wurde. Er hat sich selbstständig gemacht und einigen Erfolg, aber er arbeitet von zu Hause aus. Heute war er nicht da. Es gibt viele Gründe, warum er das Haus verlassen haben könnte, aber auf dem Tisch stand nur ein Essen von einem Bringdienst. Und nur ein Kaffeebecher.«
Lily nickte, weiter auf ihren Laptop eintippend. »Dazu kommt noch Macheks Einstellung. Dass er festgenommen werden könnte, hat ihn gar nicht beunruhigt. Er hat so getan, aber eigentlich war es ihm egal. Was sonst könnte einen dazu bringen, sich so zu verhalten? Da ist es wahrscheinlicher, dass er Angst um eine Person, nicht um einen Gegenstand hatte.«
»Okay«, sagte Cullen, »das verstehe ich. Woran arbeitest du da überhaupt?«
»An einem Antrag zur Anzapfung eines Telefons.«
Rules Kopf fuhr hoch. »Bei Jasper? Aber wenn er die Entführung nicht meldet, dann –«
Sie bedachte ihn mit einem Blick, den er nicht deuten konnte. »Ich werde deinem Bruder bestimmt keinen Verstoß gegen die Meldepflicht vorwerfen. Das heißt aber nicht, dass ich so tun werde, als hätte Adam King sich tatsächlich zusammen mit seinem Handy eine Auszeit gegönnt. Als Erstes werden Jaspers Telefone angezapft – in seinem Laden, seinem Haus und sein Handy. Möglicherweise hat er ein Wegwerfgerät, das ihm sein Auftraggeber nur zur Kontaktaufnahme gegeben hat, da kommen wir dann nicht dran.«
Cullen grinste. »Du bist schlau. Das würde Isen gefallen. Wo fahren wir eigentlich hin?«
Manchmal war Cullen enervierend aufmerksam. Und manchmal bemerkte er eine Blaskapelle nicht, wenn sie direkt vor seiner Nase vorbeimarschierte. »Zum Hotel«, sagte Rule. »Vorausgesetzt, Lily will sich nicht doch erst im Büro der Zweigstelle melden.« Sie schüttelte den Kopf, und Rule fuhr fort: »Tony Romano ist im Hotel.«
»Was? Schon?«
»Auf Isens Anweisung ist er nicht zum Clangut gefahren. Ich soll seine Unterwerfung im Namen der Nokolai annehmen.«
»Hm. Und was steht dann an?«
Lily zog die Brauen hoch. »Hast du noch etwas anderes vor?«
»Ich könnte einen Findezauber für den Prototyp wirken. Cynna ist fast die ganze Nacht aufgeblieben, um ein detaillierteres Muster zu erarbeiten, und hat mir eine Kopie mitgegeben. So ein Muster in einen Zauber zu integrieren dauert länger, als wenn sie es auf ihre Weise macht«, ergänzte er, »und ich muss dafür allein sein.«
»Oh. Richtig. Im Hotel könntest du sicher an deinem Zauber arbeiten. Was für Rule und mich als Nächstes ansteht, hängt davon ab, was Romano uns sagt. Und davon, ob wir von Machek hören oder ob Arjenie mehr über diesen Hugo in Erfahrung gebracht hat, von dem du mir erzählt hast. Wenn sie … Mist, ich habe vergessen, den Ton an meinem Handy wieder anzustellen.« Mit einem Blick auf Rule griff sie in ihre Handtasche. »Hast du jemanden, der die Stadt gut kennt, oder soll ich jemanden besorgen? Falls wir einen Austausch inszenieren, könnte das wichtig sein.«
»Murray, aber den würde ich nur ungern von Beth abziehen.« Rule überlegte kurz. »Tony Romano kennt sich in San Francisco aus. Er lebt hier seit … was ist?«
Stirnrunzelnd sah sie auf ihr Handy. »Beth hat noch zweimal angerufen und eine SMS geschickt. Ich soll zurückrufen. Dringend, hat sie in Großbuchstaben geschrieben. Wahrscheinlich ist es das nicht, aber ich rufe sie lieber an.«
Rule wusste, was sie meinte.
Weitere Kostenlose Bücher