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Unsterbliche Bande

Unsterbliche Bande

Titel: Unsterbliche Bande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Wilks
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viel Isen Turner über die Jahre bezahlt hatte. Oder als er sein Coming-out hatte. Wütend war er damals gewesen, stinksauer auf alles und jeden, da war ihm sein Halbbruder gerade recht gekommen, der Überhetero, der sicher von ihm angeekelt wäre. Wenn er heute angeekelt war, hatte er es sich zumindest nicht anmerken lassen. Aber er hatte sich ohnehin nichts anmerken lassen, wenn er es recht bedachte. Jasper hatte eine gewisse Anspannung an ihm bemerkt, aber er hatte keine Ahnung, was der Grund dafür sein mochte. Vielleicht war Rule doch nicht der rücksichtslose Schürzenjäger, für den alle ihn hielten. Vielleicht war er es einmal gewesen, hatte sich aber geändert. So etwas kam vor.
    Die Ähnlichkeit zwischen ihnen hatte Jasper verblüfft. Auf Fotos und im Fernsehen war es ihm nie so aufgefallen, aber als er nun in die Augen seines Bruders geblickt hatte … und warum sah Rule so verdammt jung aus? Er war sechs Jahre älter als Jasper, sah aber fünfzehn Jahre jünger aus. Junge Haut konnte einem selbst der beste Chirurg der Welt nicht zurückgeben. Lag es daran, dass er ein Lupus war? Vielleicht waren sie nicht nur stark und sexy, sondern alterten auch nicht.
    Das war ein beunruhigender Gedanke. Aber was war an diesem Tag nicht beunruhigend, entsetzlich, erschreckend –
    Sein Handy summte. Sein Herz machte einen Satz, und Abscheu und Sehnsucht paarten sich wild mit Angst, Scham und mehr – eine wahre Orgie der Gefühle, die bewirkte, dass er hastig nach dem Telefon griff. Dann zögerte er. Die Nummer kannte er nicht, aber Adams Entführer hatte noch nie zweimal von derselben Nummer angerufen. »Ja?«
    »Das hast du gut gemacht, Jasper.« Es war eine warme Stimme, freundlich, mit genau dem richtigen Maß an Mitgefühl, eine Stimme, die einem mürrischen Kind ein Lächeln entlocken konnte.
    Frischer Durchfall war auch warm. Und genauso willkommen. Das war nicht die Stimme, nach der Jasper sich sehnte. »Ich will jetzt mit Adam reden.«
    »Ach, willst du das?« Leichte Belustigung war zu hören, nicht ohne einen Anflug von Verständnis.
    »So lautet unser Abkommen. Du willst doch, dass ich weiter darauf vertraue, dass du deinen Teil einhältst, oder? Du willst, dass ich daran glaube, dass Adam noch am Leben ist und dass ich ihn zurückbekomme.«
    »Ich verhandle gern mit intelligenten Menschen«, sagte seine Nemesis in anerkennendem Ton. »Doch ich vermute, dass Hoffnung genauso wirkungsvoll ist wie Gewissheit. Vielleicht sogar wirkungsvoller. Möglicherweise würde es hilfreich für mich sein, das herauszufinden.«
    Furcht zückte ihre Rasierklingen und zog sie durch Jaspers Inneres. »Ich bin kein sehr optimistischer Mensch. Ich brauche Gewissheit, um motiviert zu bleiben. Ich werde jetzt mit Adam sprechen, oder ich wende mich an Lily Yu.«
    »Der Arbeiter ist seines Lohnes wert, nehme ich an. Die Bibel hat in vielem unrecht«, fügte er hinzu, »aber unter all dem Blödsinn finden sich auch einige Lebensweisheiten. Du hast getan, was man dir gesagt hat, und du wirst deinen vereinbarten Lohn erhalten … da Adam tatsächlich wohlauf ist, wenn auch im Moment nicht besonders glücklich. Doch zuerst habe ich einige Anweisungen für heute Abend.«
    »Warte, ich hole einen Stift.« Das tat er, zusammen mit seinem Notizbuch, und lauschte dann, die wichtigsten Fakten in seiner selbst erfundenen Kurzschrift notierend. Schon vor langer Zeit hatte Jasper es sich angewöhnt, seine Notizen zu einem Auftrag in einer Form zu verfassen, die niemand vor Gericht gegen ihn verwenden konnte.
    »Ich bin überrascht, dass du dich so besorgt zeigst«, sagte die warme Stimme, als Jasper einen Punkt monierte. »Hast du deine Meinung über Rule Turner geändert, jetzt, da du ihn getroffen hast? Du hast mir gesagt, du wüsstest nicht viel über ihn, aber das, was du wüsstest, gefiele dir nicht.«
    »Oh«, sagte er leise, »aber dich mag ich noch viel weniger.«
    »Findest du es nicht unhöflich, so etwas zu sagen?«
    »Mit wem kann man denn sonst ganz ehrlich sein, wenn nicht mit seinen Feinden?«
    Ein leises, höchst belustigtes Lachen. »Oh Jasper, mach dir nichts vor. Ich habe dich gekauft und bezahlt. Du wirst tun, was ich dir sage. Tut das ein Feind? Wohl kaum.«

20
    Rule lief die Treppe vor dem Haus hinunter, so verwirrt von dem, was er empfand, dass er das verkapselte Gefühl ganz oben auf den vielen anderen Gefühlen gar nicht bemerkte. Er wusste nur zu gut, dass er der Situation dort drinnen nicht gewachsen gewesen war,

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